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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen
Autoren: Ellis Peters
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Kutte, das Hemd und die Hosen aus und gossen das heilige Wasser über ihn. Sofort richtete er sich auf, hob die Hände im Gebet und dankte für die Genesung seines Geistes. Danach fragte er die beiden Brüder verwundert, wie er hierhergekommen und was ihm widerfahren wäre. Bestürzt beziehungsweise beglückt erfuhr er von seinem Anfall und der wunderbaren Heilung, und er war seiner Schutzheiligen, die ihn gerettet hatte, über alle Maßen dankbar.
    »Die Leute sagten uns, daß die Heilige tatsächlich in Gwytherin begraben ist, ehrwürdiger Vater. Dort lebte sie als Priorin und vollbrachte viele Wunder. Jetzt wird das Grab vernachlässigt, man beachtet es kaum noch, und es ist durchaus möglich, daß sie nach Anerkennung strebt und lieber an einem Ort wäre, der von Pilgern aufgesucht wird, wo man sie so verehrt, wie sie es verdient und wo genügend Platz vorhanden wäre, so daß ihre Gnade und ihr Segen vielen Menschen zugute käme.«
    »Deine Worte verraten mir, daß du von jener heiligen Quelle inspiriert wurdest«, sagte Prior Robert, hoch aufgerichtet und im Vollgefühl der Bestätigung, die sein unbeirrbarer Glaube erfahren hatte. »Und du sprichst aus, was ich fühlte, als ich dir zuhörte. Ganz gewiß wünscht die heilige Winifred, daß wir sie retten, so wie sie Bruder Columbanus gerettet hat. Viele würden ihrer Gnade bedürfen und wissen nichts von ihr. Bei uns würde sie so geschätzt werden, wie es ihr zusteht. Ich bete darum, daß wir die Aufgabe bewältigen können, die sie uns stellt. Vater Abt, erlaube mir, ein Gesuch an die Kirche zu richten und diese gebenedeite Frau hierherzubringen, damit sie hier ihre ewige Ruhe findet, zu unserem Ruhme. Denn ich glaube, dies ist ihr Wille.«
    »Im Namen Gottes«, erwiderte Abt Heribert andächtig. »Ich billige dein Vorhaben. Möge dich der Segen des Himmels begleiten.«
    »Er hat alles schon vorher geplant«, sagte Bruder John, über das Minzebeet gebeugt, halb neidisch, halb verächtlich. »Dieses Erstaunen war nur gespielt. Und die Frage, wer die heilige Winifred wäre und wo man sie finden könnte, war ein Täuschungsmanöver. Das alles wußte er schon längst. Er suchte aus der Schar der walisischen Heiligen eine heraus, die, wie er festgestellt hatte, vernachlässigt wurde. Und er entschied, daß sie am ehesten verfügbar wäre und ihm am besten zu Ruhm und Ehre verhelfen könnte. Doch das mußte auf wunderbare Weise ans Tageslicht gelangen. Es werden sich noch weitere Phänomene ereignen, wann immer er sie braucht, um seinen Weg zu ebnen - bis er das Mädchen hierher und in Sicherheit gebracht hat. Dies ist ein großes Unternehmen, und es wird ihn auf der Karriereleiter weiter emporsteigen lassen. Es fängt mit einer Vision an, dann erfolgt eine wunderbare Heilung, und von da an werden alle seine Schritte von göttlicher Gnade gelenkt. Das ist so offensichtlich wie diese platte Nase in deinem Gesicht.«
    »Und du glaubst«, fragte Bruder Cadfael mit sanfter Stimme, »daß Bruder Columbanus und Bruder Jerome an diesem Komplott beteiligt sind? Daß auch dieser epileptische Anfall gespielt war? Ich müßte meines himmlischen Lohns sehr sicher sein, um mich zu einer solchen Tortur durchringen zu können und mit der Stirn gegen einen Steinboden zu schlagen. Ich glaube, das würde ich nicht einmal tun, um Prior Robert zu einem Wunder zu verhelfen.«
    Bruder John dachte eine Weile nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Wir alle wissen, daß unser armes Lamm von Schreckensvisionen geplagt wird, wenn es eine Buße versäumt hat, und an Fastentagen oder bei Vigilien in Ekstase gerät. Und ein eiskalter Wasserguß in Holywell war sicher genau die richtige Behandlung, um den Burschen wieder zur Vernunft zu bringen. Genausogut hätten wir ihn hier in den Fischteich werfen können. Aber er glaubt, was man ihm einredet, und schreibt seine Genesung der Heiligen zu. So eine Chance läßt er sich natürlich nicht entgehen. Nein, ich möchte nicht behaupten, daß er in eine Verschwörung verwickelt war - zumindest hat er nicht wissentlich mitgemacht. Aber er hat ihnen eine Gelegenheit verschafft, uns allen ein Wunder vorzugaukeln. Du weißt doch, daß Jerome in jener Nacht an Columbanus' Krankenlager Wache gehalten hat. Das war genau der richtige Mann. Kein anderer hätte diese Vision gehabt..« Traurig rollte er ein paar junge Kohlblätter zwischen den Fingern. »Und es werden genau die richtigen Männer sein, die Prior Robert nach Wales
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