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Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Im Namen der Gerechtigkeit - Roman

Titel: Im Namen der Gerechtigkeit - Roman
Autoren: Nagel & Kimche AG
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schlug Doni auf die Schulter und fuhr fort: «Weißt du was? Ich finde es schade, dass du keinen Gott hast. Du sitzt ganz allein in all dem Dreck, und auch der blaue Himmel ist für dich nichts weiter als ein blauer Himmel.»
    Doni lachte.
    «Ich kann mich wunderbar am Himmel erfreuen, ohne auf Jesus zurückgreifen zu müssen. Oder auf die Madonnina.» Er zeigte auf die goldene Madonnenfigur auf der Spitze.
    «Vielleicht hast du sogar recht», räumte Colnaghi ein.
    Sie spazierten inmitten der Fialen wie durch einen erhöhten Garten aus Stein und Marmor, die jahrhundertealten Verzierungen wirkten wie schlanke, unsterbliche Pflanzen.
    Etwas später sagte Colnaghi: «Du weißt, dass ich gerade an dieser Terrorismussache arbeite, nicht wahr?»
    «Ja. Und ich beneide dich wirklich nicht.»
    Doch trotz des Risikos beneidete Doni ihn um die Karriere, die er gemacht hatte. Überhaupt war immer Colnaghi der Überflieger gewesen, der mit dem richtigen Riecher, die Nummer eins.
    «Hast du denn keine Angst?», fragte Doni.
    «Ganz ehrlich? Nein. Ich habe nur Angst davor, bei der Arbeit Mist zu bauen. Selbst einen Fehler zu machen. Du kennst ja meine Devise: Ausnahmen immer, Fehler nie. Wir können uns keine Fehler leisten, nicht in dieser Situation.» Er hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort: «Komm, wir treffen eine Abmachung. Wenn ich irgendeinen Murks verzapfe, hilfst du mir, das wieder in Ordnung zu bringen, und umgekehrt. Dir kann ich vertrauen.»
    «Ich werde mich wohl bestenfalls mit irgendwelchen Provinzmorden herumschlagen.»
    «Ist doch egal. Wir schließen einen richtigen Pakt. Und wenn du irgendeinen Murks verzapfst, helfe ich dir, das wieder in Ordnung zu bringen. Ehrenwort!»
    Er reichte ihm die Hand.
    «Mir kommt das ein bisschen vor wie albernes Tuntengehabe», sagte Doni und drückte sie.
    Colnaghi lachte laut auf.
    «Du bist dabei, deinen Humor zu verfeinern. Bravo.» Er befreite seine Hand aus dem Händedruck und legte sie seinem Freund auf die Schulter. «Also, abgemacht. Für jeden, den du verlierst, rette ich einen. Und für jeden, den ich verliere, rettest du einen.»
    «Und wenn dich einer kaltmacht?», fragte Doni lächelnd.
    «Dann rettest du eben noch einen zusätzlich.»

33
    DREI TAGE VOR dem Berufungsprozess sah er Elena Vicenzi wieder. Er rief sie an und sagte, er würde sich gern mit ihr verabreden und sie beruhigen, niemand werde ihr etwas tun.
    Sie trafen sich gegen Abend im Stadtzentrum. Elena kam mit dem Fahrrad, obwohl es nach Regen aussah. Dicke, bleigraue Wolken und ein ozonhaltiger Wind.
    Sie gingen in dieselbe Bar, in der Doni auch beim ersten Mal mit ihr gewesen war, doch der Barmann sagte, man werde gleich schließen. Sie fanden ganz in der Nähe, in Richtung der Universität, einen Pub, der ihm noch nie aufgefallen war. Elena bestellte ein Bier, Doni ein Glas Rotwein. Sie erzählte ihm von einer Frau in ihrer Buchhandlung, die nach dem Buch «Der Fänger» von dem Schriftsteller «Roggen» gefragt habe, und Doni musste lachen. Es war wie die Begegnung eines alten Lehrers mit seiner ehemaligen Schülerin, und erst nach einer Viertelstunde entschloss sie sich, zum Thema zu kommen.
    «Ich schaffe es nicht, Sie nicht darum zu bitten», begann sie.
    «Ich habe noch keine Entscheidung getroffen», unterbrach Doni sie.
    «Aber Sie haben sich doch ein Bild von dem Fall gemacht.»
    «Mehr als eines.»
    «Und glauben Sie immer noch, dass Ihre Berufung korrekt ist?»
    Doni antwortete nicht. Sie wartete, dann zuckte sie mit den Schultern. Das Schaufenster des Pubs überzog sich unversehens mit Regenflecken. Durchsichtige Sommersprossen, die den Blick auf die Straße verwehrten.
    «Sie wissen, wie es sich abgespielt hat, nicht wahr?»
    «Ich habe eine Rekonstruktion. Keine Fakten.»
    «Oh, bitte. Ich bitte Sie.»
    «Ich sage nur, wie die Dinge liegen. Wir haben keine Fakten. Es gibt ernstzunehmende Anhaltspunkte, die merkwürdig sind, doch keine gesicherten Fakten.»
    «Ihrer Ansicht nach wurde Mohamed also wegen eines merkwürdigen Anhaltspunktes ermordet?»
    «Das habe ich nicht gesagt.»
    Elena stieß einen tiefen Seufzer aus.
    «Hören Sie, wenn Sie nicht wollen, kann ich gar nichts tun, und im Grunde kann ich Ihnen das nicht mal verübeln. Sie haben mir gesagt, dass Sie viel riskieren, und ich glaube Ihnen, und natürlich haben Sie weitaus mehr zu verlieren als ich. Eigentlich kennen wir uns ja nicht einmal richtig und sind trotzdem zusammen in eine so große Sache hineingeraten.
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