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Im Keller

Im Keller

Titel: Im Keller
Autoren: Inge Lempke
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sich allein, was er völlig gerechtfertigt fand. Links vom Schreibtisch stand ein weißer Schrank voller Aktenordner. Auf eine der Türen hatte er ein kleines Plakat von Michael Flatley geklebt, in einer seiner berühmten martialisch-heroischen Posen.
    Arthur arbeitete immer noch darauf hin, so tanzen zu können wie dieser Mann. Aber vermutlich war er schon vor 20 Jahren zu alt dafür gewesen.
    Gerade meldete sich Benno am Telefon, und Arthur erfuhr, dass im Haus ausreichend Haare der versto rbenen Carmen Elisabeth Kirchfeld gefunden worden waren, um einen DNA-Abgleich mit dem Toten vorzunehmen, der vermutlich ihr Sohn war. Außerdem hatten Benno und Brigitte unter Androhung eines Generalstreiks Verstärkung für die Durchsuchung der Müllhalden angefordert.
    „Gut, weiter so, ich halte zu euch“ , versprach Arthur. „Wenn ihr warme Getränke oder Decken braucht, meldet euch.“
    „Also verarschen kann ich mich auch alleine“ , brummte Benno und legte auf.
    Anschließend rief Arthur die Gerichtsmediziner an, die sich über die Todesursache des Ma nnes noch nicht wirklich einig waren. An seinem verletzten Bein oder dem Schlag auf den Kopf war er nicht gestorben, vergiftet worden war er auch nicht, alles sah eher nach Multi-Organ-Versagen aus. Andererseits hatten Menschen im Alter von 32 Jahren selten Multi-Organ-Versagen ohne schwerwiegende Gründe. Nach denen suchte man noch.
    Die dritte Neuigkeit war die, dass ein Kollege von Arthur eine weitere Verwandte der toten Tante aufgespürt hatte: Ex-Schwiegertochter Uschi, die sich vor fast 20 Jahren von dem ve rschwundenen Sohn hatte scheiden lassen und einen Willi Gerber geheiratet hatte.
    Und so machte sich Arthur am späten Vormittag auf den Weg zu Uschi Gerber, die in einem Zweifamilienhaus am westlichen Stadtrand lebte. Kaum 15 Minuten zu Fuß vom Messie-Haus entfernt. Es handelte sich um einen schlichten, grau verputzten Kasten mit zwei genau gleichen Wohnungen übereinander. Unter dem Dach gab es anscheinend keinen Wohnraum mehr.
    Das Haus lag, ein paar Meter nach hinten versetzt, direkt an einer viel befahrenen Straße. Der ,Vorgarten‘ bestand aus Steinplatten, zwischen denen Moos und Unkraut wucherte. Zur Haustür führte eine gelblich gekachelte, kurze Treppe, darüber ein Vordach aus gelblichem Glas.
    Arthur klingelte. Mehrmals. Aber anscheinend war Frau Gerber nicht anwesend. Also warf er ihr seine Karte in den Briefkasten mit der Bitte um Rückruf.
    In der Nähe fand er ein China-Restaurant, in dem er eine Kleinigkeit zu Mittag aß. Als er fertig war, schrieb er sich ein paar Fragen für Uschi Gerber auf, und gerade als er ins Auto steigen und ins Präsidium zurückfahren wollte, klingelte sein Handy.
    „Kommissar Schüller!“ , meldete er sich.
    „Ja ... ähm ... hier ist Frau Gerber. Ich sollte Sie ... äh ... anrufen.“ Ihre Stimme klang schwächlich, irgendwie brüchig.
    „Keine Angst, es ist nichts Schlimmes passiert. Wir haben nur im Haus Ihrer verstorbenen Ex-Schwiegermutter möglicherweise Ihren ebenfalls verstorbenen Ex-Mann gefunden. Vielleicht können Sie ihn identifizieren.“
    In der Leitung herrschte sekundenlang eine derartige Stille, dass Arthur schon dachte, die Frau hätte aufgelegt oder wäre in Ohnmacht gefallen. Er fragte nach. „Hallo, Frau Gerber, sind Sie noch dran?“
    „Ja ... das ist ja ... das ist ja furchtbar“, stammelte sie, und Arthur kam sich plötzlich sehr unsensibel vor.
    „Soll ich einen Notarzt für Sie rufen?“
    „Nein, nein ... geht schon wieder.“
    „Ich bin grad in der Nähe, Sie sind doch jetzt zu Hause, kann ich mal eben bei Ihnen vorbe ikommen? Ich hätte da ein paar Fragen.“
    Wieder ein langes Schweigen. Was ging im Kopf der Frau vor? Auf einmal nuschelte sie: „Ich muss ... ich muss jetzt mal dringend ... äh ... auf Toilette. Können Sie in einer halben Stunde kommen?“
    Das passte ihm zwar nicht, aber er willigte trotzdem ein, fuhr zu einem CD-Laden, den er auf der Hinfahrt entdeckt hatte, und stöberte ein bisschen herum. Schließlich kaufte er eine alte CD der ,Dubliners‘, die noch in seiner Sammlung fehlte.
    Gegen 13.30 Uhr stand er zum zweiten Mal vor der Tür des  Zweifamilienhauses und drückte auf die Klingel von Frau Gerber. Diesmal wurde er hereingelassen und stieg durch ein u nspektakulär weiß gestrichenes und so gut wie undekoriertes Treppenhaus in den ersten Stock, wo er kurz darauf von Uschi Gerber, einer pummeligen Person Mitte 40 in Jeans und weitem, dunkelblauem
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