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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein
Autoren: Andrea Vanoni
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Anrufe wollten.
    »Zeisberg.«
    »Guten Morgen, Paula. Chris hier. Entschuldige, dass ich störe.«
    »Chris! Das ist ja eine Überraschung.« Sie sprach so leise wie möglich und sah zu Ralf hinüber, der aber noch schlief. »Was ist? Willst du uns besuchen kommen? Es ist schön hier.«
    »Gute Idee, geht aber leider nicht. Meine Versetzung hat überraschend schnell geklappt.«
    »Du bist jetzt in Eins Kap ?«
    »Seit heute - und ich stehe schon vor einer Leiche. Ich musste für einen Kollegen einspringen.«
    Ralf drehte sich knurrend auf die andere Seite.
    »Aber deswegen rufe ich dich nicht an. Ich rufe an, weil ich dich um etwas bitten möchte.«
    »Und das wäre?«
    »Es ist ein merkwürdiger Fall. Die Tote sitzt auf der Bank, als ob sie noch leben würde. Die linke Hand hat sie im Schoß mit einem Sandwich, den rechten Arm hält sie ausgestreckt, als ob sie Tauben füttert. Und Tauben sind auch da. Die sehen aus, als ob sie picken, sind aber auch tot. Eine Szene wie im Wachsfigurenkabinett.«
    »So sitzt die Tote vor dir?« Paula versuchte, sich das vorzustellen.
    »Ja, ganz seltsam. Sie ist aber hier nicht umgebracht worden - sie wurde in dieser Haltung hierhergebracht.«
    »Mit der ausgestreckten Hand?«
    »Ja.«
    »Und was ist deine Bitte?«
    »Die Bank, auf der sie sitzt, ist an der Spree zwischen Bundeskanzleramt und Schloss Bellevue. Die Medien werden sich auf den Fall stürzen.«
    Paula schaute aufs Meer. Was Chris erzählte, war weit weg.
    »Du müsstest sie sehen! Sie sieht aus, als ob sie noch atmet. Sie ist frisiert und trägt Lippenstift. Ganz natürlich, aber tot. Mitten in der Bewegung erstarrt. Und das im Regierungsviertel.«
    »Du hast immer noch nicht gesagt -«
    »Dein Team hat den Fall, Paula. Alle sind hier. Nur du nicht.«
    »Montag bin ich zurück und übernehme. Dann arbeiten wir das erste Mal zusammen. Du als meine Chefin.« Paula konnte sich diesen Hinweis nicht verkneifen.
    »Heute ist erst Mittwoch. Gerade am Anfang können entscheidende Fehler gemacht werden. Dein Vertreter ist diesem Fall nicht gewachsen, Paula.«
    Ralf war aufgewacht und gab Paula Zeichen, mit dem Telefonieren aufzuhören.
    »Justus hat Erfahrung. Er hatte sich damals auch auf meine Stelle beworben.«
    »Du hast sie aber bekommen, nicht er. Routine reicht hier nicht. Alle Fehler, die jetzt gemacht werden, gehen nachher auf dein Konto. Alles, was jetzt passiert - oder eben nicht passiert. Ich informiere dich als deine Freundin, Paula.«
    »Hast du ein Problem?«
    »Nein. Aber wenn dieser brisante Fall falsch angefangen wird -«
    Paula sah Ralf gestikulieren, hatte am Hörer die drängende Chris und fragte genervt: »Gibt es denn irgendwelche Anhaltspunkte dafür?«
    »Wofür?«
    »Dass etwas falsch läuft.«
    »Nein, nein. Ich meine nur -« Und dann hörte Paula sie hektisch sagen: »Ich kann jetzt nicht weiterreden.«
    Sie hörte ein Rascheln, Stimmen im Hintergrund und die Aufforderung, den Typen wegzuschaffen.
    »Hallo, Chris, hallo … Hörst du mich noch?«
    »Ich muss Schluss machen.«
    »Was ist denn da los?«, fragte Paula alarmiert.
    »Justus hat ein Problem«, sagte Chris, dann brach das Gespräch ab.
    Ralf saß jetzt aufrecht im Bett. »Das glaub ich nicht.« Seine Stimme vibrierte. »Nicht in diesem Urlaub. Honeymoon zum Zehnjährigen. Erinnerst du dich? Deswegen fünf Sterne. - Wer war das überhaupt?«
    »Chris. Vom Tatort. Mein Team hat den Fall, und sie ist die ermittelnde Staatsanwältin.«
    »Sie ist doch gar nicht in deiner Abteilung.«
    »Ist auch ganz neu.«
    »Und die will, dass du jetzt kommst?«
    Sie verstand, dass er sauer war, wenn sie jetzt abfahren würde. Aber er wusste seit zehn Jahren, dass sie diesen Beruf hatte und dass sie keine Beamtenseele war. Außerdem hatte sie noch nichts von Abfahren gesagt.
    »Ich arbeite jetzt mit ihr zusammen.«
    »Herzlichen Glückwunsch. Hast du sie dazu überredet?«
    »Im Gegenteil, ich habe das nicht gewollt.«
    »Das hast du ihr aber nicht gesagt, oder?«
    »O doch. Aber ich kann es ihr nicht verbieten.« Sie ärgerte sich über Chris’ Entscheidung, und nun nahm Ralf sie deswegen auch noch unter Beschuss.
    »Warum hat sie das gemacht? Ist sie geil auf Leichen?« Sein Ton war böse.
    Paula blieb ruhig. »Die Eins Kap ist für Staatsanwälte die Möglichkeit, Karriere zu machen. Das heißt, sich gegen 300 Staatsanwälte durchzusetzen. Berlin ist die größte Staatsanwaltschaft in Europa.«
    »Und was will sie? An die Spitze?«
    »Wahrscheinlich. Sie
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