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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein
Autoren: Andrea Vanoni
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ist ehrgeizig. Als Frau zur Eins Kap zu gehen bedeutet: Ich verzichte auf Kinder. Schwanger werden darf man da nicht und andere private Verpflichtungen haben auch nicht. Sonst ist man weg vom Fenster.«
    »Und was will sie nun von dir?«
    »Sie will, dass ich komme.«
    »Ach nee! Und warum, bitte schön?«
    »Sie ist beunruhigt über den Fall.«
    »Ihre erste Leiche, und nun sollst du Händchen halten?«
    »Ich denke, die Leiche lässt sie kalt. Ich glaube nicht mal, dass sie bei einer Obduktion mit der Wimper zuckt.«
    »Was dann?«
    »Sie traut Justus nichts zu.«
    »Justus! Um Justus geht es bestimmt nicht.«
    War er eifersüchtig? Das musste es sein. In den letzten Monaten hatte er nichts dagegen gehabt, wenn sie Überstunden machte oder weg musste und keine Zeit hatte. Aber ihm passte es nicht, dass sie eine Freundin hatte, die nicht in einer festen Beziehung lebte, das wusste sie. Sie nahm den Koffer aus dem Schrank und begann, ihre Sachen hineinzuwerfen.
    Ralf moserte. »Wie oft haben wir uns mit diesem Urlaub getröstet, wenn du wieder mal ein Wochenende durchgearbeitet hast. Schon vergessen?«
    »Nein. Aber ich habe auch nicht vergessen, dass du dafür sorgen wolltest, dass kein Anruf durchgestellt wird. Warum ist das überhaupt passiert? Mein Handy war jedenfalls aus!«
    »Ich erwarte einen Anruf von meinem Zürcher Galeristen«, gab Ralf zu.
    »Aha. Aber nun war es nicht dein Galerist.« Sie lief hin und her und sammelte alles ein. »Ich würde auch lieber tagsüber mit dir im Strandkorb sitzen und abends schön auf der Seebrücke.«
    »Sieht aber gar nicht danach aus.« Ralf schlug auf das Kissen, sagte dann aber sanft: »Nur noch drei Tage, dann bist du sowieso in Berlin.«
    Paula verstand ihn, und es war ja auch liebevoll, dass er so für ihre gemeinsame Zeit kämpfte. Sie hatten es gerade in diesem Urlaub sehr schön gehabt. Es war wie ein zweiter Honeymoon gewesen, das machte ihr die Abreise schwer. Sie wollte es gar nicht an sich heranlassen. Wenn sie jetzt auf ihn einginge, würde es ihr noch schwerer fallen zu fahren. Aber nachdem ihre Freundin das Gespräch so abrupt abgebrochen hatte mit den Worten »Justus hat ein Problem …«, konnte sie nicht mehr bleiben. Sie musste Ralf abwehren und bei ihrer Entscheidung bleiben, da führte kein Weg dran vorbei.
    Sie nahm ihre Wäsche aus der untersten Schublade. »Das ist ein spektakulärer Fall, den schafft Justus nicht - da hat Chris recht. Und wenn er Fehler macht, geht’s später auf mein Konto. Wenn ich hierbleibe, habe ich nachher unnötigen Stress und viel mehr Arbeit. Davon wärst du dann auch betroffen.«
    »Ich bin jetzt betroffen. Mich interessiert, was jetzt ist«, beharrte er. »Wer weiß schon, was später ist.«
    Sie sah ihn im Bett sitzen - wie Struwwelpeter: kerzengerade, mit beiden Fäusten auf der Bettdecke - und musste lachen.
    »Ich zähle wohl gar nicht mehr«, sagte er resigniert.
    Mit diesem Ton kriegte er sie sonst immer. Sie ging schnell ins Bad, um ihre Toilettensachen einzusammeln.
    »Du machst einen großen Fehler!«, rief er.
    »Wenn ich in meinem Job einen großen Fehler mache, bin ich tot«, rief sie zurück.

3
    Chris konzentrierte sich darauf, ein neutrales
    Gesicht zu machen, um in ihrer neuen Position gelassen zu wirken. Sie ärgerte sich, dass sie wegen dieses Idioten das Gespräch hatte abbrechen müssen. Er war über das Band gesprungen und hatte mit ein paar Schritten vor ihr gestanden. Es war so schnell gegangen, dass sie gar nicht wusste, wie ihr geschah. Noch während sie telefonierte, war er so aufdringlich geworden, dass sie ihn gepackt hatten, um ihn wegzubringen, aber er hatte sich gewehrt und ihr seine Karte so dreist vor die Nase gehalten, dass sie sie nehmen musste, und dabei war ihr das Handy heruntergefallen. Groß, ein sportlicher Typ, mit Strickmütze tief in die Stirn gezogen; und er hatte behauptet, er habe Informationen zu dem Fall. Die zwei Beamten beförderten ihn aus dem Sperrbezirk, und er verschwand zwischen den Schaulustigen. Sie überlegte, ja, er hatte gesagt, er müsse ihr etwas Wichtiges sagen.
    Justus und die zwei Beamten hatten das nicht gehört. Sicher war sie sich auch nicht, sie hatte ja versucht, Paula zu verstehen. Es war sowieso ein solcher Trubel, denn auch Journalisten, Fotografen und Kameraleute hatten sich bis zum Absperrband gedrängelt und sie fotografiert. Morgen würden die Medien sicher berichten: »Jogger attackiert Staatsanwältin«. Sie spürte immer noch seinen
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