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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne
Autoren: Elfie Ligensa
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wegen der er
den Rheingau überhaupt erst verlassen hatte …
    Oliviers spöttisches Lachen riss ihn aus seinen
Gedanken. »Dummkopf, das ist nicht Kapstadt, sondern False Bay!«, rief er grob.
»Man sagt, hier liegen die Schiffe sicherer. Als ich jung war, sind wir noch am
Castle of Good Hope gelandet. Mit Ruderbooten mussten wir alles an Land bringen,
so flach war das Hafenbecken.« Olivier lachte wieder. »Nichts für Schwächlinge,
sag ich dir.« Er legte Ben die riesige Pranke auf die Schulter. » Eh, copain , gibst gleich eine Abschiedsrunde, nicht
wahr?« Sein gieriger Blick, in der Erwartung eines Schlucks Branntwein, berührte
Ben unangenehm.
    Â»Mal sehen.« Er hatte nicht die Absicht, die
Schiffsbesatzung mit Schnaps zu versorgen, doch das würde er dem Trunkenbold
nicht verraten. Sollte der doch an Land gehen und seine sauer verdiente Heuer in
der Gosse mit den Huren vertrinken. Ben hatte Besseres im Sinn mit seinen
Talern. Er wand sich aus Oliviers Griff und blickte erneut hinüber zum weit
ausladenden Tafelberg, der sich über der Stadt erhob, die seit Jahren sein Ziel
war. Sanfte weiße Wolken hingen über dem Gipfel wie eine weiche Decke, der Berg
schimmerte blaugrün, unwirklich, so als ob er einem Traum entsprungen wäre. An
seinem Fuße breitete sich die Stadt aus, die für Ben eines Tages mit ein wenig
Glück zu einer zweiten Heimat werden sollte …
    Plötzlich schallte die Stimme des Kapitäns übers
Deck.
    Â»Alles antreten! Keiner geht von Bord, bis die
Ladung komplett gelöscht ist. Lasst euch bloß nicht einfallen, einfach
abzuhauen, ihr Halunken! Jeden, den ich dabei erwische, wie er sich aus dem
Staub macht, werde ich eigenhändig kielholen, bis der Teufel ihn sich
schnappt!«
    Â»Leuteschinder«, knurrte Olivier und fuhr sich
durch das struppige schwarze Haar. Er schob die Ärmel seines zerschlissenen
Hemdes hoch. »Dann will ich mal, bevor der alte Knauser noch die Heuer
einbehält.«
    Ben atmete auf. Er warf einen letzten Blick auf
den Küstenstreifen, der in der Hitze des Tages flirrte. Unwillkürlich tastete er
mit der Rechten nach den Briefen seines Großvaters, die er in seinem Wams immer
bei sich trug. Sie hatten ihm den Weg zum südlichsten Ende Afrikas gewiesen.
Inzwischen waren sie alt und drohten zu zerfallen, so oft hatte er sie
auseinandergefaltet und Wort für Wort gelesen. Sie schienen ihm wie ein
Talisman, der ihm Glück bringen sollte, und er achtete sorgsam darauf, sie nicht
zu verlieren.
    Vom Vorderschiff her klangen knappe Kommandos,
Flüche, hin und wieder auch ein heiseres Lachen zu ihm herüber. Er musste sich
beeilen, beim Anlegen und beim Löschen der Ladung zu helfen, sonst würde der
Kapitän der Parisienne ihn womöglich um das
Kostbarste bringen, was er besaß.
    Noch wenige hundert Meter, dann hatte das
Handelsschiff den Kai erreicht. In der Hafenanlage sammelten sich die ersten
Männer mit ihren Lastkarren. Fremd klingende Wortfetzen, Gelächter und Geschrei
hallten zwischen den Hafenmauern wider.
    Â» Dammit , Ben, fass
endlich mit an! Zum Kai rüberstarren kannst du später noch. Die Ladys laufen schon nicht weg!« Der Zweite Offizier der Parisienne , Henry Gardener, ein kleiner und
drahtiger Mann in einer blauen Uniformjacke mit rot gesäumtem Kragen und mit
Messingknöpfen, der schütteres aschblondes Haar hatte, winkte ihn zu sich heran.
Ben hätte es sich nicht erlauben können, Mr Gardeners Befehl nicht Folge zu
leisten. Und er wollte es auch nicht, denn er hatte ihm viel zu verdanken. Also
lief er mit bloßen Füßen eilig über die knarzenden Planken und mischte sich
unter die anderen Matrosen, die bereits die schweren Taue und den Anker
bereitmachten, damit das Schiff anlegen konnte. Vielen von ihnen lief von der
anstrengenden Arbeit schon der Schweiß herunter, einige hielten zwischendurch
inne, um die Augen mit der Hand gegen die Sonne zu schützen. Sie blickten zum
Hafen hinüber, um zu sehen, ob sich dort schon irgendwelche Dirnen versammelt
hatten, wie immer, wenn ein Schiff anlegte.
    Nicht einmal eine halbe Stunde später lag das
stolze Handelsschiff vor Anker, die Segel waren gerafft, alles war sicher
vertäut. Das Entladen konnte beginnen. Eile war geboten, denn allzu lange sollte
das Schiff nicht im Hafen bleiben. Zwei, höchstens drei Tage mussten genügen,
dass die Mannschaft sich in den
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