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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne
Autoren: Elfie Ligensa
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ihre Kosten kamen. Schlechter Wein floss dort in
Strömen, doch auf den Geschmack kam es den Matrosen selten an, nur auf den
Rausch, mit dem sie sich einige sorgenfreie Augenblicke erkauften und sich
fühlen konnten wie große Herren.
    Ben schritt schneller die Planke hinauf, lief
schon fast. Seine Sorge galt allein den Pflanzen im Bauch der Parisienne, die nun sacht im Hafen dümpelte. Die
Brigantine zählte zu den schnellsten Schiffen der französischen Handelsmarine.
Als Ben angeheuert hatte, war ihm dies besonders wichtig gewesen. Für die
Ladung, die er von Europa nach Afrika zu bringen gedachte, zählte jeder Tag.
Wenn die Rebstöcke, die er in Frankreich und in Italien erwerben wollte,
eingehen sollten, wäre er mittellos. Um sie bezahlen zu können, hatte er zwei
Jahre lang als Matrose auf dem Zweimaster geschuftet und alles für seine letzte
große Reise gespart.
    Ein Winzer als Seefahrer – er wusste selbst, dass
das eigentlich widersinnig war. Aber sollten sie ruhig über ihn lachen, er hatte
nichts mehr zu verlieren. Was war ihm auch anderes übriggeblieben? Daheim hatte
er nicht bleiben können. Es hätte ihn seinen Lebensmut und seinen ganzen Willen
gekostet. Damals zumindest. Heute, nach zwei harten Jahren auf See, die ihn an
den äußersten Rand seiner Kräfte getrieben hatten und in denen er Einsamkeit und
Schwermut ertragen, in denen er der Hitze und der Kälte getrotzt hatte, aber
auch neue Länder und Menschen kennengelernt hatte, war die unglückliche Liebe,
die ihn aus der Heimat fortgetrieben hatte, kaum mehr als eine flüchtige
Erinnerung.
    Â»He, Ben! Fass mal mit an! Die Stoffballen müssen
noch von Bord.« Die heisere Stimme des Ersten Offiziers ließ Ben zusammenfahren.
Er folgte der Aufforderung sofort, denn mit diesem Mann, das wusste er, war
nicht gut Kirschen essen. Die Stoffe wurden auf ein Pferdefuhrwerk verladen, das
sich deutlich von den anderen unterschied: Die Tiere waren gut genährt, ihr Fell
glänzte in der Sonne, der Wagen war massiv gebaut und sogar mit einer festen
Abdeckung versehen.
    Die Stoffe müssen noch wertvoller sein, als ich
zuerst vermutet habe, schoss es Ben durch den Kopf, sonst würde man deswegen
nicht so ein Aufhebens machen. Bei dieser besonderen Fracht schienen der Kapitän
und der Erste Offizier gemeinsame Sache zu machen. Ben rieb einem der Pferde
über die Blesse, und es schnappte leicht nach seiner Hand, so als erwarte es
einen Leckerbissen. Nur aus dem Augenwinkel nahm der junge Deutsche wahr, wie
der Kapitän etwas in seinen Lederbeutel steckte und diesen zurück unter sein
Hemd schob. Na, ihm konnte es egal sein!
    Â»Und jetzt deine Reben«, befahl der Kapitän, als
das Pferdefuhrwerk sich mit der Ware in Bewegung setzte, und deutete mit einem
Rucken des Kopfes zum Schiff hinüber.
    Ben schüttelte den Kopf. »Ich bitte Euch, gebt
mir noch etwas Zeit. Ich muss erst die Gegend erkunden und nach dem Platz
suchen, wo ich sie anpflanzen kann.« Er senkte den Blick. Er wusste, dass der
Kapitän nun über sein Schicksal entschied.
    Der Kapitän verzog keine Miene. »Gut, ein Tag sei
dir gewährt.«
    Â»Habt ein Einsehen, ich bitte Euch. Es könnte
sein, dass ich länger brauche, um diesen Platz ausfindig zu machen.« Ben mühte
sich, damit seine Stimme keinen allzu flehentlichen Klang annahm, er wollte
trotz aller Dringlichkeit seines Anliegens seinen Stolz nicht verlieren.
    Der Kapitän spuckte ein wenig Kautabak ins
Hafenbecken und fuhr sich mit der Hand über seinen schmalen Bart. Dann wandte er
sich zum Gehen. »Nicht mehr als zwei Tage. Auf die Stunde genau. Wenn ich bis
dahin keine Nachricht von dir habe, landet alles im Hafenbecken.
Verstanden?«
    ***

 
    Als er raschen Schrittes das Hafengebiet hinter
sich ließ und zwischen den ärmlichen Häusern durch die Hauptstraße in ein
kleines Städtchen kam, schien die afrikanische Erde zu schwanken. So ging es
allen Seeleuten, wenn sie nach Wochen an Land kamen. Ben war froh, wieder festen
Boden unter den Füßen zu haben. Ich bin eben doch eine Landratte, dachte er und
musste schmunzeln. Er genoss die sanfte Hitze des Morgens, den Anblick der
vielen fremden Gesichter, das lebhafte Stimmengewirr, der Geruch nach
Gedünstetem und Gebratenem, was bedeutete, dass es bereits auf Mittag zuging,
und die Schreie der Händler, die ihre Waren anpriesen.
    Aus einer der
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