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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms
Autoren: George R. R. Martin
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machen. Mit einem zusätzlichen Darlehen möbelte er eins der im Jungle abgestellten Wracks auf und wurde Fallensteller.
    Sein Plan stand fest. Wenn ihm die Regierung keine neue Chance bot, so mußte er sie selbst ergreifen. Er wollte einen Finsterling jagen, einfangen und dann nach draußen gehen, um zu fusionieren. So würde er schließlich doch noch mit Melissa zusammenkommen.
    Brand, der Unzertrennliche. Ja, er würde zu den Sternen gelangen.
    Ein guter Fallensteller konnte sich mit vier Fängen im Jahr ein Leben im großen Stil erlauben. Sechs Fänge machten ihn reich. Aber Brand war kein guter Fallensteller, und oft suchte er monatelang vergeblich nach Beute. Das Dunkel des Alls wurde nur von einzelnen fernen Lichtern und Blinkerschwärmen durchbrochen, und die Einsamkeit ließ sich nur durch die feste Hoffnung auf Melissa und die Erfüllung seines Traumes erdulden.
    Im Anfang besuchte sie ihn manchmal, wenn sie nicht gerade einen Auftrag zu erledigen hatte. Beim ersten Mal war er während einem der endlosen Streifzüge durch das plötzliche Aufglimmen des Radars auf sie aufmerksam gemacht worden. Sie schwebte draußen vor dem Schiff und lächelte ihm über den Sichtschirm zu. Daraufhin hatte er die Luftschleuse geöffnet und sie hereingelassen.
    Aber keiner ihrer Besuche war für Brand wirklich befriedigend. Sie konnte mit ihm weder essen noch trinken. Schließlich war sie eine Unzertrennliche und ernährte sich von Staub, Blinkern und Abfällen, die sie wie die Finsterlinge in Energie umwandelte.
    Sie konnte zwar den atmosphärischen Druck im Schiff aushalten, aber nur mit Mühe und Überwindung. In der Enge der Kabine fiel es ihr schwer, die Aura unter Kontrolle zu halten und die Luftmoleküle, die sie von allen Seiten bedrängten, unbeeinflußt zu lassen.
    Bei ihrem ersten Besuch hatte Brand versucht, sie zu küssen und ihren geschmeidigen Körper an sich zu drücken. Sie ließ ihn gewähren, aber ihre Haut war kalt und ihre Zunge wie aus Eis. Später versuchte er hartnäckig, mit ihr zu schlafen, doch es klappte nicht.
    Bald gab er es auf. Wenn sie während seiner Reisen zu ihm aufs Schiff kam, hielt er bloß ihre glatte Hand und redete mit ihr.
    »Mach dir nichts draus, Brand«, hatte sie ihm damals in den ersten Tagen seiner Fallenstellerkarriere gesagt. »Ich wollte mit dir schlafen, ja, dir zu Gefallen. Aber ich bin jetzt eine andere. Das mußt du verstehen. Mit dem Sex ist es so wie mit dem Essen, weißt du? Beides sind menschliche Bedürfnisse. Aber ich habe weder auf das eine noch das andere Hunger. Wenn du deine Fusion hinter dir hast, wirst du es einsehen. Mach dir keine Sorgen. Da draußen triffst du auf Dinge, die ein paar kleine Opfer wert sind. Die Sterne, Liebster. Du solltest die Sterne sehen. Ich fliege zwischen ihnen herum und…
    oh, Brand, es ist einfach herrlich! Beschreiben kann man es nicht. Du mußt es selber fühlen. Wenn ich in andere Räume vorstoße, ist das All nicht mehr schwarz. Dann tauche ich in ein Meer von Farben. Es umspült mich von allen Seiten. Und das Gefühl dabei! Es ist… wie ein Orgasmus, Brand, einer, der ewig andauert und nicht nur einen Teil von dir, sondern den ganzen Körper durchbraust. Das ist ein Leben! Und dir begegnen Dinge, von denen nur die Unzertrennlichen wissen. Den Menschen erzählen wir nur einen Bruchteil von dem, was wir sehen, nämlich das, was sie verstehen können. Aber darüber hinaus gibt es noch viel, viel mehr. Du glaubst Musik zu hören, Brand, und Rufe von weit her, von Sternen in der Mitte der Galaxis. Ich glaube, je länger man im All ist, desto stärker werden die Rufe. Sie kommen aus der Richtung, in die der erste Unzertrennliche geflogen ist. Wenn ich mich recht erinnere, war Adams sein menschlicher Name. Dorthin verschwinden auch manchmal die älteren Unzertrennlichen, die es leid sind, für Menschen den Botschafter zu spielen. Sie fliegen in die Galaxismitte. Oh, Brand, ich wünschte, du könntest mit mir kommen. Es wäre die Erfüllung unserer Träume. Beeil dich, Liebster, tu mir den Gefallen und fang einen Finsterling.«
    Und obwohl ihm eiskalte Schauer über den Rücken liefen, nickte Brand und versprach ihr, einen Finsterling zu fangen.
    Was er dann auch tat.
    Aber zum zweiten Mal packte ihn die Angst. Brand blickte auf den Radarschirm, als ein schriller Alarm die Nähe eines Finsterlings ankündigte. Fünfmal nahm er Anlauf, um den Knopf zu drücken, der die Schutzschirme außer Betrieb setzte. Fünfmal schreckte er im
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