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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms
Autoren: George R. R. Martin
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letzten Augenblick davor zurück. Immer wieder tauchte Canada vor seinen Augen auf, ihre rotierenden Beine. Und er mußte an Hades I denken.
    Aber die Sehnsucht nach Melissa war schließlich doch stärker als die Angst, und er drückte den Knopf. Langsam kam der Finsterling näher. Warum sollte er sich auch beeilen? Schließlich hatte er es nicht mit einem lichtschnellen Blinkerschwarm zu tun, sondern nur mit totem Metall, das träge durch den Raum kroch.
    Erleichtert fing Brand ihn ein. Aber als er den Raumanzug anlegte, überkam ihn wieder die Angst.
    Er kämpfte mit aller Macht dagegen an. Eine Stunde lang stand er zitternd in der Luftschleuse und versuchte vergeblich, den Helm überzustülpen. Er konnte die Hände nicht ruhig halten und mußte sich zweimal übergeben. Schließlich war ihm endgültig klar, daß er nie den Mut aufbringen würde zu fusionieren.
    Er schleppte seinen Fang zum Changling Jungle, um die Prämie zu kassieren. Die Station bot ihm den Standardpreis, aber es meldete sich noch ein anderer Interessent, ein Mann im mittleren Alter, der auf eigene Faust mit einem alten Frachtschiff angereist war. Wie er versuchten jährlich Dutzende von Gleichgesinnten, die Behörden auf diese Weise zu umgehen. Brand verkaufte ihm den Finsterling und sah, wie der hoffnungsvolle, aber unvorbereitete Träumer zu Tode kam.
    Wieder wurde ein herrenloses Schiff zum Jungle überführt, wo es zusammen mit all den anderen Wracks, den Trümmern von Träumen um die Station kreiste.
    Brand verkaufte denselben Finsterling zum zweiten Mal, und zwar an die Changling Station. Als Melissa einen Monat später erneut zu Besuch kam, erzählte er ihr von der Geschichte. Er hatte einen Wutausbruch, Streit und Tränen erwartet. Aber sie sah ihn nur sonderbar gleichgültig an. Dann bat er sie, für immer bei ihm zu bleiben.
    »Wir sollten zur Erde zurückkehren«, sagte er. »Du könntest dich auf einer Erdumlaufbahn aufhalten.
    Vielleicht gelingt es sogar ein paar Wissenschaftlern, die Fusion rückgängig zu machen. Man wird sich über die Gelegenheit, dich zu untersuchen, bestimmt freuen.
    Vielleicht kannst du ihnen dabei helfen, #Oberlicht-Schiffe zu bauen. Auf jeden Fall wären wir zusammen.«
    Seine Worte klangen wie das erregte Gestammel eines Kindes.
    »Nein«, sagte Melissa, ohne lange zu überlegen. »Du verstehst mich nicht. Lieber würde ich sterben.«
    »Du sagst, du liebst mich. Dann bleib auch bei mir.«
    »Oh, Brand. Ich habe dich geliebt. Aber die Sterne gebe ich nicht auf. Ihnen gehört jetzt meine Liebe, mein Leben, alles. Ich bin eine Unzertrennliche, Brand; du bist bloß ein Mensch. Die Dinge haben sich geändert. Wenn du nicht fusionieren willst, geh zurück zur Erde. Das ist der Ort für Menschen, für dich. Aber ich bin zwischen den Sternen zu Hause.«
    »Nein!« schrie er, um nicht weinen zu müssen. »Dann bleibe ich auch hier draußen und gehe weiter auf Jagd.
    Ich liebe dich. Melissa. Du kannst mich nicht wegschicken.«
    Für einen Moment sah sie traurig aus. »Wenn du willst, besuche ich dich wieder, sobald ich Zeit habe.«
    Sie hielt ihr Versprechen. Aber mit den Jahren wurden ihre Besuche immer seltener. Brand erkannte sie oft nicht wieder. Sie hatte zwar noch die Figur einer Zwanzigjährigen, aber ihr goldbrauner Körper war bleich geworden. Ihr einst rotblondes Haar schillerte silbrigweiß, und ihre Augen wurden immer ausdrucks-loser. Wenn sie mit ihm in der Nähe von Changling Station zusammentraf, waren ihre Gedanken meist woanders. Sie sprach von Dingen, die er nicht verstand, von anderen Unzertrennlichen, die er nicht kannte, von Wünschen, die seine Vorstellungen überstiegen. Und er langweilte sie mit Neuigkeiten von der Erde und den Menschen.
    Zu guter Letzt waren nichts als Erinnerungen übriggeblieben, denn Melissa kam nicht mehr.

    Robi rief ihn per Bordfunk, und Brand zog sich schnell an. »Wie ist es?« fragte der Engel. »Kann ich jetzt mitkommen?«
    »Ja«, sagte er und setzt wieder sein freundlichstes Lächeln auf. »Ich werde dir jetzt die Unzertrennlichen zeigen. Und dann nehm ich dich mit zu den Sternen.«
    Sie flog hinter ihm her, durch die Tür, den Korridor entlang zur Kommandobrücke.
    Als sie eintraten, blickte Robi auf. Sie sah mürrisch aus. »Du hast mir offensichtlich nicht zugehört. Ich will dein Schoßtierchen nicht auf der Brücke sehen. Kannst du mit deinen Perversionen nicht in der Kabine bleiben?«
    Robis Ärger ließ den Engel erzittern. »Sie mag mich nicht, Brand«,
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