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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms
Autoren: George R. R. Martin
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in sicherer Entfernung. Außerdem waren die Schutzschirme aktiviert.
    Robi blickte zu Brand hinüber. »Sieh nur«, sagte sie.
    »Er besteht praktisch darauf, daß wir ihn fangen. Laß uns die Schirme einholen. Was kann schon passieren?«
    Brands Gesicht wurde schreckensblaß. »Er weiß Bescheid«, sagte er, ohne sich über die eigenen Worte im klaren zu sein. »Hinter den Blinkern war er nicht her. Er ahnt etwas von unseren Absichten. Ich sage dir, er ahnt etwas.«
    Robi sah ihren Kollegen verwundert an. »Was ist los mit dir?« fragte sie. »Es ist doch bloß ein Finsterling.
    Komm. Fangen wir ihn.«
    Brand versuchte, seine Furcht zurückzudrängen, die Hadesfurcht, die Berufskrankheit der Finsterlingjäger.
    Als Energiewesen fraßen sie Materie. Wie die Blinker fegten sie Staub und Gas von den Rändern des Sonnensystems. Sie fuhren wie Sicheln durch Blinkerschwärme und hinterließen schwarze Gräben in dem lebendigen Lichtermeer. Und trafen sie auf vereinzelte Metallteile, so war auch dies Nahrung für sie.
    Mit einem geräuschlosen, grellen Blitz wurde Materie in Energie verwandelt. Ein weißglühendes Fressen.
    Ungezählte Male, jedesmal wenn Brand vor dem Computer saß und die Entladung der Schutzschirme vorbereitete, hatte ihn die Furcht gepackt. Ohne den Schirm war der Fallensteller auf Gedeih und Verderb dem Finsterling ausgeliefert. Kam er langsam und bedächtig auf seine träge Metallmahlzeit zu, hatte der Fallensteller gewonnen. War der Finsterling erst einmal in erreichbarer Nähe, lud sich der Schutzschirm wieder auf und umhüllte das Schiff wie eine zweite Haut. Weiter draußen bildete sich im selben Moment eine kugelförmige Schirmfalle und hielt den Finsterling gefangen.
    Aber ein Finsterling war schnell…
    Blinker erreichten Lichtgeschwindigkeit. Finsterlinge ernährten sich von Blinkern. Sie flogen schneller.
    Kam ein Finsterling zu schnell auf ein Schiff zugeschossen, so war es für Menschen oder Computer unmöglich, rechtzeitig den Schutzschirm aufzuspannen.
    Viele Fallensteller hatten auf diese Weise das Leben verloren. Das ungeschützte Schiff der ersten Hades-Expedition war an mehreren Stellen durchlöchert worden.
    »Laß mich den Finsterling fangen«, bettelte Robi von neuem. Brand sah sie schweigend an. Sie war Fallensteller, genau wie er. Sie hatte so oft wie er die Furcht überwinden müssen und Glück gehabt. Trotzdem, vielleicht würde sie diesmal das Glück verlassen.
    Er schnallte den Gurt los, stand auf und blickte auf sie hinab. »Nein«, sagte er. »Das Risiko ist zu groß. Wir sind kurz vorm Ziel. Laß ihn in Frieden. Und geh keine Handbreit vom Kurs ab, hörst du? Ich kümmere mich jetzt um den Engel.«
    »Brand!« rief Robi. »Verdammt. Bring das Ding bloß nicht hierher, verstehst du? Und…« Aber er war schon verschwunden.
    Frustriert wandte sie sich dem Sichtschirm zu und beobachtete den Finsterling.

    Ob er schlief oder wachte, immer wieder tauchte die gleiche Vision vor seinen Augen auf, als Traum oder Erinnerung.
    Zu viert waren sie in der Changling-Station, diesem Kreisel der Wiedergeburt. Die Station sah aus wie ein riesiger Reifen, hell erleuchtet, abgeschirmt. Um sie herum lagen Schiffe – Fallenstellerschiffe mit Beute; Köderschiffe, herbeigeschleppt von ängstlichen Fallenstellern; Frachtschiffe von Triton; Kurierschiffe von der Erde, Luna oder dem Mars – mit Bewerbern für die Fusion zum Unzertrennlichen. Und herrenlose Schiffe. Hunderte von schlecht ausgerüsteten, durchlöcherten, abgestellten und ausgeschlachteten Maschinen füllten den Jungle wie eine Müllhalde.
    Zwischen den Schiffen bewegten sich die Unzertrennlichen.
    Die Luftschleuse, in der die vier ihre Raumanzüge anlegten, war mit einem Fenster versehen. Von hier aus konnte man alles gut überschauen und sich die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Brand, Melissa und ein pummeliges, blondes Mädchen namens Canada Cooper standen gemeinsam in der Luftschleuse und schauten hinaus auf den Jungle und die Unzertrennlichen. Canada lachte. »Ich hab sie mir anders vorgestellt«, sagte sie. »Sie sehen ja aus wie Menschen, nackte Menschen draußen im All.«
    So war es. Einige von ihnen standen auf den Rümpfen verlassener Schiffe, doch die meisten glitten verspielt im Vakuum umher, bleich im Sternenlicht. Melissa zählte vierzehn insgesamt.
    »Beeilt euch«, hatte ein Regierungsbeamter gesagt.
    Brand konnte sich kaum mehr an das Aussehen des Mannes erinnern, aber die Stimme war ihm noch
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