Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder
Autoren: Brigitte Aubert
Vom Netzwerk:
gefährlicher, als sich als Yssart verkleidet in der Stadt aufzuhalten. Wenn man Monat für Monat eingesperrt ist, ohne die Hoffnung, eines Tages wieder freizukommen und gezwungen wird, Medikamente zu schlucken, die einen zerstören, ganz zu schweigen von der Zwangsjacke, der Elektro-Schockbehandlung und Hunderten von Therapiestunden, die man wegen eines Verbrechens absitzt, das jemand anderes begangen hat, wird der Begriff Gefahr zu etwas sehr Relativem.«
    Hüsteln. Man könnte meinen, wir wären in einem Sanatorium für Lungenkranke.
    »Ich verstehe noch immer nicht, warum sie Elise zum Flughafen bringen wollte.«
    »Meine Tarnung war aufgeflogen. Man hielt mich für den Täter, das war gut, aber ich war ihr auf der Spur, und das war schlecht. Sie mußte verschwinden. Ich glaube, sie hatte beschlossen, sich aller Belastungszeugen zu entledigen – vor allem mußte sie Paul loswerden – und anschließend woanders ein neues Leben anzufangen, wie sie es ja schon einmal gemacht hatte. Meiner Ansicht nach handelte sie nicht mehr nach einem für sie logischen Plan, sondern wurde nur von einem übermächtigen Wunsch nach Zerstörung gelenkt.«
    Das Knistern eines Streichholzes.
    »Haben Sie den Unfall beobachtet?«
    »Unglücklicherweise nicht. Am Nachmittag bin ich bei Elise vorbeigefahren. Das Haus war verschlossen. Ich fuhr zu den Fanstens, auch hier sah das Haus verwaist aus, und das Auto war nicht da. Also bin ich planlos durch die Straßen gefahren, in der Hoffnung, ihnen irgendwo zu begegnen. Und bei der Kurve hinter Veligny entdeckte ich das Auto. Es war die Böschung hinuntergerollt und gegen einen Baum geprallt. Es war leer.«
    »Leer?« ruft Gassin ungläubig.
    »Leer. Auf dem Rücksitz entdeckte ich Blut, und im Gras Radspuren: Ich dachte sofort an Elises Rollstuhl. Ich folgte den Spuren und kam zu der Forsthütte. Durch das Fenster sah ich Elise. Sie schien panische Angst zu haben und fuhr mit dem Rollstuhl kreuz und quer durch die Hütte. Hélène stand in der Türöffnung und beobachtete sie mit einem Lächeln … daß es mir kalt den Rücken hinunterlief. Dann ging sie auf Elise zu und gab ihr ein Glas Wasser zu trinken. Elise trank und schlief ein. Ich sah, daß ihr Brustkorb sich hob und senkte, ich wußte also, daß sie nicht tot war. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Hineingehen? Aber was hätte das genützt?«
    »Sie hätten möglicherweise Mademoiselle Andrioli das Leben retten können«, kritisiert Gassin ihn scharf.
    »Ja, aber damit hätte ich Hélène nicht aufgehalten. Sie mußte ihre Taten gestehen, vor Zeugen, denn mir hätte doch niemand geglaubt. Plötzlich fiel mir Virginie ein. Es war 16.45 Uhr. Ich sagte mir, wenn Hélène sich die Mühe gemacht hatte, Ihnen, Elise, ein Schlafmittel zu verabreichen, dann hatte sie wohl nicht vor, Sie auf der Stelle umzubringen.«
    Diese Einschätzung der Lage hätte böse ausgehen können, nicht wahr, Tony?
    »Ich raste zur Schule und fing Virginie ab. Ich erzählte ihr, ich wäre ein Arbeitskollege von Paul und ihre Eltern hätten mich angerufen, weil sie mit dem Wagen eine Panne gehabt hatten. Doch sie wollten noch heute zur Großmutter fahren, und deshalb sollte ich sie jetzt abholen. Die Lehrerin wußte über die Reise zur Großmutter Bescheid und vertraute mir, weil ich so gut informiert war. Virginie stieg in mein Auto. Ich wollte nicht, daß sie etwas von den kommenden Ereignissen mitbekam. Ich habe immer eine Spritze und etwas Hexobarbital bei mir. Als ich aus der Klinik floh, habe ich mehrere Schachteln mit Ampullen mitgehen lassen, für den Fall, daß es mir mal wieder schlecht gehen sollte … Kurz und gut, ich verabreichte Virginie überraschend eine Spritze, fesselte sie und versteckte sie im Kofferraum. Ich fuhr zur Forsthütte zurück, wo ich Hélène und Elise vorfand. Ich weiß nicht, was Hélène ausgeheckt hatte, vielleicht hatte sie sich ein paar nette Spielchen für Elise überlegt.«
    »Aber wo waren Paul und Yvette?«
    »Ich nehme an, schon in Benoîts Wohnung.«
    »Das ist alles völlig verworren.«
    Ich muß schlucken: Hélène hat mich in der Forsthütte betäubt, um mit meinem Rollstuhl Paul und Yvette in Benoîts Wohnung schaffen zu können. Nein, man hätte sie gesehen … Allerdings, die Kurve hinter Veligny ist keine dreihundert Meter von Benoîts Wohnung entfernt … Ja! Man muß nur den Waldweg entlanggehen, der am Golfplatz vorbeiführt. Aber trotzdem erscheint es mir unmöglich, diese Strecke zweimal hintereinander
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher