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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder
Autoren: Brigitte Aubert
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ausgegeben, weil ich Beweise gegen Paul sammeln wollte. Ich war beinahe sicher, daß er es war – bis ein neuer Verdächtiger auftauchte: Jean Guillaume. Ich hatte Erkundigungen eingezogen und herausgefunden, daß er eine Familie in La Ciotat hatte und dort jedes Jahr, zusammen mit seiner Frau, Urlaub machte. 1988 war er zum Zeitpunkt des Mordes in Marseille … Dieser Zufall machte mich stutzig. Ich hatte einen weiteren Verdächtigen.«
    »Und dann?«
    »Ich hielt Elise über meine Nachforschungen immer auf dem laufenden …«
    Vielen Dank auch.
    »Ich sagte mir, daß ich mich möglicherweise zu sehr auf Paul konzentriert hatte und beschloß, systematisch jeden unter die Lupe zu nehmen. Und Stéphane, das muß ich gestehen, war als Verdächtiger sozusagen prädestiniert. Doch etwas störte mich: Warum hatte er Elise in den Teich gestoßen? Aus welchem Grund sollte der gute Paul, Stéphane, Guillaume oder sonst irgendein Verdächtiger, Ihnen etwas antun wollen? Wer könnte es auf Sie abgesehen haben? Oder hatte man es eigentlich auf Stéphane abgesehen, und Sie waren nur indirekt das Opfer eines Überfalls, der ihm gegolten hatte? Ich tappte völlig im dunkeln. Ich hatte sogar überlegt, daß Guillaume das Ganze inszeniert hatte, um sich als Retter hervortun zu können … Und dann gab es natürlich auch noch die gar nicht so abwegige Hypothese, daß es womöglich Hélène war. Hélène, die eifersüchtig war auf Sie und Benoît. Hélène, die Sie bestimmt gehaßt hat … Aber daß Hélène Sie haßte und Ihnen sogar nach dem Leben trachtete bedeutete doch nicht, daß sie die Kinder umgebracht hatte. Sprechen wir es ruhig offen aus, ich wollte diese Möglichkeit nicht wahrhaben, die mir immer wieder durch den Kopf schoß, und die ich als abwegig und dumm abtat.«
    »Ich will Sie ja nicht drängen, aber könnten Sie das Ganze etwas schneller erzählen? Nur in groben Zügen?« schlug Gassin in einem nicht sehr freundlichen Ton vor.
    »Entschuldigen Sie, ich verliere mich in Einzelheiten. Es ist schon verrückt, wie sehr man sich für sein eigenes Leben interessieren kann …«
    »Wann kam Ihnen der Gedanke, daß Hélène die Täterin war?«
    »Als Elise mit dem Messer attackiert wurde. Ich kam zufällig vorbei, sie war blutüberströmt und hatte panische Angst. Das Messer lag am Boden, ein Laguiole-Messer mit gelbem Schildpattgriff. Im ersten Augenblick dachte ich nur daran, einen Krankenwagen zu rufen. Sobald die Sanitäter da waren, paßte ich einen günstigen Moment ab und verschwand unauffällig. Es nieselte und ich ging im Regen spazieren, bis ich auf einmal am Teich stand. Das Messer ließ mir keine Ruhe. Die Form der Klinge, ihre Größe, all das stimmte mit den Ergebnissen der einzelnen Autopsien überein. Das bedeutete, daß die Person, die Elise angegriffen hatte, identisch sein mußte mit dem Kindermörder. In beiden Fällen handelte es sich um ein- und dieselbe Person. Und somit konnte es nur Hélène gewesen sein.«
    Gassin seufzt. Er scheint sich zu sagen, daß er auf die gleichen Schlußfolgerungen hätte kommen können.
    »Es war, als hätte man mir plötzlich einen Eimer mit eiskaltem Wasser ins Gesicht geschüttet«, fährt Tony fort, »als wäre ich nach einem zwanzigjährigen Vollrausch mit einem Schlag nüchtern geworden. Mir fiel Max wieder ein, sein Foto, das Hélène stets bei sich trug, Max, nach dessen Tod sie fast verrückt geworden wäre. Mir fiel ihr leerer Blick wieder ein, mit dem sie Virginie und mich manchmal betrachtet hatte, ihren ›Nachtblick‹, wie ich es nannte, weil ihre Augen alles nur schwarz zu sehen schienen. All das fiel mir wieder ein, und damals kam mir zum erstenmal in den Sinn, daß tatsächlich sie die Mörderin gewesen sein könnte.
    Ein entsetzlicher Verdacht, denn wenn er sich bewahrheiten sollte, würde das bedeuten, daß sie mich wissentlich in Marseille beschuldigt hatte, und daß sie möglicherweise nicht nur eine Mörderin, sondern auch ein perverses und machthungriges Wesen war. Um endgültig Gewißheit zu erlangen, brauchte ich Beweise.«
    »Ich verstehe Sie nicht«, wundert sich Gassin. »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist ihre Ex-Frau eine Mörderin und Sie alarmieren nicht die Polizei? Sie halten sich im Hintergrund und warten darauf, daß sie noch mehr Kinder umbringt?«
    »Und was hätte ich Ihrer Meinung nach tun sollen? Wenn ich zur Polizei gegangen wäre, hätte man mich doch auf der Stelle wieder in die psychiatrische Klinik
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