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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder
Autoren: Brigitte Aubert
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hilflos war. Und schrecklich eifersüchtig.«
    Ich sehe seine hochgewachsene, traurige Gestalt vor mir, wie er Virginie beobachtet, wie sie mit dem Mann lacht, den sie für ihren Vater hält. Ein Mann auf der Flucht, der nicht weiß, wohin und sich von den Brosamen des Glücks anderer nährt …
    »Und dann habe ich erfahren, daß Renaud, Pauls Sohn, ermordet worden war! Stellen Sie sich meine Bestürzung vor! Und das war noch nicht alles: Noch mehr Kinder aus dieser Gegend waren erwürgt worden und alle seit ich Freigang bekam! Ich hatte das Gefühl, erneut einen wohlbekannten Alptraum zu durchleben. Aber diese Morde, da war ich mir sicher, die hatte ich nicht begangen! Es sei denn, ich war wirklich und wahrhaftig verrückt. Diese Morde mußte ich klären, ich mußte die Wahrheit herausfinden, um endlich diese ganzen offenen Fragen beantworten zu können.«
    Ein Wagen wird leise klirrend vorbeigeschoben, gestreßte Stimmen, das Geräusch der Fahrstuhltüren. Tony fährt fort:
    »Ich habe sehr schnell herausgefunden, daß Hélène eine Affäre mit Benoît Delmare, dem Lebensgefährten der Besitzerin des Trianon, hatte.«
    Diese nüchternen, klaren Worte treffen mich wie ein heimtückischer Schlag.
    »Inspektor Gassin«, sagt eine weibliche Stimme, »Sie werden verlangt.«
    »Ich bin gleich wieder zurück«, entschuldigt sich Gassin und steht auf.
    Stimmengewirr am Ende des Korridors. Der Wachposten, der die ganze Zeit steht, räuspert sich.
    »Sie haben mich übrigens oft im Trianon gesehen, Elise«, flüstert Tony mir zu. »Ich liebe es, ins Kino zu gehen, und außerdem, irgendwie mußte ich ja die Zeit totschlagen. Sie sind mir aufgefallen, weil ich Sie sehr anziehend fand.«
    Ob man’s glaubt oder nicht, ich werde doch tatsächlich rot. Man steht eine entsetzliche Geschichte durch, und ich werde rot, weil mir ein aus dem Irrenhaus Entflohener sagt, daß ich sein Typ bin. Ich war sein Typ, das ist der feine Unterschied.
    »Ich weiß nicht, warum sie ein Auge auf Benoît geworfen hatte. Sie hat ihn bei einer Veranstaltung des Lions Club getroffen.«
    An jenem Abend? Benoît wollte unbedingt, daß ich mitgehe; er mußte hin, aber ich hatte keine Lust, ich wollte mir lieber einen Film im Fernsehen ansehen. Und deshalb sind sie sich begegnet!
    »Kommen wir zu unseren Ermittlungen zurück, lieber Kollege«, witzelt Gassin, als er sich wieder zu uns setzt. »Sie sprachen gerade von Paul und Hélène.«
    »Ja, ich hatte beschlossen herauszubekommen, wie sie lebten, wollte sie sozusagen ausspionieren. Ich war wie besessen davon. Hélène war da, direkt vor meiner Nase, ich wußte, daß sie mit Paul lebte, daß sie mein Kind großzogen, in ihrem hübschen kleinen Häuschen … und ich, ich war wegen Mordes verurteilt worden. Ich fing an, Paul zu hassen … Im Grunde genommen wußte ich rein gar nichts über ihn. Er war stets freundlich, zuvorkommend, aalglatt … Ihn konnte ich mir gut als Kindermörder vorstellen. Und nicht nur hier in der Gegend … ich war in Marseille vielleicht das Opfer eines abgekarteten Spiels gewesen, das der wahre Mörder inszeniert hatte! Wer konnte mir besser die Schuld zuschieben als jemand, der sich problemlos Zutritt zu meiner Wohnung verschaffen konnte? Jemand, der mich haßte. Wenn man bedenkt, daß ich keine Sekunde lang dachte, Hélène zu verdächtigen! Ich konnte diese Verbrechen nicht mit einer Frau in Zusammenhang bringen.«
    »Frauen morden selten, aber wenn sie morden, dann töten sie häufig Kinder«, erläutert Gassin professionell. »Und Virginie, was geschah mit Virginie?«
    »Sie schien gut zu essen zu bekommen, wurde ordentlich behandelt, aber sie wirkte immer merkwürdig abwesend. Ein höfliches, ordentlich gekämmtes, immer lächelndes Püppchen … Mir kam die Idee, daß, falls Paul etwas mit der Sache zu tun haben sollte, sie möglicherweise etwas über diese Morde wußte. Und dann wurde der kleine Michael ermordet. Ich kannte ihn vom Sehen. Ich wußte, daß Virginie und er Freunde waren. Und außerdem wußte ich, daß Virginie Elise kennengelernt hatte, der sie womöglich Interessantes anvertrauen würde. Ich mußte einen Weg finden, ihr Fragen stellen zu können, damit ich meine eigene Untersuchung durchführen konnte.«
    »Und da beschlossen Sie, sich als Yssart auszugeben?«
    »Ja. Das war am praktischsten, und außerdem wußte ich ja, daß Elise die Täuschung nicht bemerken würde.«
    Ach ja, die arme Puppe in ihrem Rollstuhl.
    »Ich habe mich also als Yssart
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