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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin
Autoren: Karla Weigand
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einmal so viel Wert auf Maries Frisur und ihre guten Manieren?
    Marie beschloss aufzustehen und sich herzurichten; an Schlaf war bei der im Schloss herrschenden Geschäftigkeit ohnehin nicht mehr zu denken.
     
    Was die junge Dame nicht wusste, war, dass ihr Esprit und ihr Aussehen Gegenstand weitreichender Bewunderung waren. Zusammen mit der Schilderung ihrer übrigen Tugenden war der Ruf davon bis nach Paris, ja selbst bis an den dortigen Königshof vorgedrungen. Schon ihre edle Herkunft aus einer der reichsten und ältesten Familien des Landes Lothringen sprach für ihre Qualitäten …

    Die Lobeshymnen hatten schließlich sogar den meist übellaunigen Ludwig XIII. aufhorchen lassen. Dieses zauberhafte Geschöpf mussten sich seine Vertrauten einmal genauer ansehen. Sollte die junge Dame seinen Erwartungen entsprechen, hatte er eine ganz besondere Verwendung für sie.
     
    Inzwischen waren die Abgesandten seiner Allerkatholischsten Majestät eingetroffen bei Maries Vater, dem Duc de Montbazon.
    Als man Marie in den Salon rufen ließ, in dem ihr Vater und die Herren aus dem Louvre sich seit geraumer Zeit unterhielten, ermahnte Madame Gabrielle ihre Stieftochter noch einmal, sich ja »ordentlich« und »gesittet« zu benehmen. »Sei bloß nicht so vorlaut, liebes Kind!«, rief die Hausherrin ihr hinterher. Marie musste unwillkürlich lachen.
    »Welch ein Aufstand wegen dieser paar Höflinge!«, dachte sie bei sich. »Sicher sind sie nur gekommen, weil der König etwas von meinem Vater will. Vielleicht ein neuer Kriegszug gegen die Hugenotten, diese lästigen Protestanten? Wahrscheinlich möchte Ludwig, dass der Herzog sich ihm mit eigenen Truppen anschließt, oder er braucht einfach Geld. Dass das Ganze etwas mit mir zu tun haben soll, kann ich mir nicht vorstellen.«
    In ihrem neuen hellblauen Seidenkleid mit den Puffärmeln und der Spitzenhalskrause und den hochgesteckten Haaren, die sie älter als ihre fünfzehn Jahre erscheinen ließen, kam sie sich recht ansehnlich vor. Bemüht um ein »damenhaftes« Benehmen schritt sie langsam in den großen Saal - bereit, sich den Herren vom Hof von ihrer besten Seite zu präsentieren. Aber ein Blick auf die Gäste aus Paris genügte, um ihre gute Laune zu dämpfen.
    »Herr im Himmel! Wie sehen die denn aus?«, schoss es
ihr durch den Kopf. »Gegen diese gelackten Herrchen sehen mein Herr Papa und meine älteren Brüder aus wie Bauern!«
    Es mochte ja vielleicht unhöflich sein, aber Marie konnte einfach nicht den Blick abwenden von den Gästen mit ihren gepuderten Perücken, die glänzende rosa und lila Kniehosen, mit Silberfäden bestickte Wämser und mit üppigen Spitzenkrägen und Manschetten verzierte Hemden trugen.
    Es schien ihr übertrieben, am helllichten Tage derart pompös aufzutreten. »Was ziehen die Burschen denn am Abend an, etwa zu einem Ball?«, fragte sich Marie im Stillen. »Sie werden mich in meinem Aufzug für eine Landpomeranze halten.«
    Aber die Herren verzogen bei ihrem Anblick keine Miene und erwiesen sich als überaus freundlich. Geschickt verwickelten sie die junge Dame in ein Gespräch über französische Literatur und Historie, und das war Marie ganz recht. Darüber wusste sie gut Bescheid, ebenso über Pferde und das Reiten.
    Hin und wieder warf Marie ihrem Vater einen verstohlenen Blick zu, ob sie nicht etwa zu keck sei in ihren Antworten. Den Besuchern - zwei Grafen und einem Marquis - schien ihre Wesensart zwar zu gefallen; die Herren lachten mehrmals laut auf über ihre Schlagfertigkeit. Aber sie kannte den Vorwurf, den ihr der Herzog des Öfteren machte, nur zu gut: »Sei nicht so frech und naseweis, mein liebes Kind!«
    Nach etwa einer halben Stunde schien man das Interesse an ihr allerdings verloren zu haben, denn Marie hörte Monsieur Hercule sagen: »Du darfst dich nun wieder zurückziehen, mein Kind.«
    Wie sie im Stillen aufatmend wahrgenommen hatte, klang die Stimme ihres Vaters ganz zufrieden. Offenbar hatte sie ihn und ihre Stiefmutter, welcher seit dreizehn Jahren - seit dem Tod ihrer leiblichen Mutter - ihre Erziehung oblag, nicht blamiert. Kaum hatte Marie den Salon verlassen,
sprang sie wie ein junges Füllen übermütig die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Für eine Weile hatte sie genug vom »Vornehme-Dame-Spielen«.
     
    Was sich unten im Erdgeschoss des elterlichen Schlosses zusammenbraute, davon hatte Marie freilich keine Ahnung.
    Bereits nach dieser ersten flüchtigen Begegnung hatten die Herren Herzog Hercule ausgesprochen
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