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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin
Autoren: Karla Weigand
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widerwärtige Angelegenheit und suchen sich ihm zu entziehen, wo es nur möglich ist. Am klügsten ist es wohl für eine Ehegattin, sich ihren Abscheu vor dem Gemahl nicht anmerken zu lassen - wenn sie einigermaßen in Frieden mit ihm leben will.«
    Die Herzogin zögerte auch nicht, der Stieftochter die Konsequenzen einer weiterhin starren Opposition vor Augen zu führen.
    »Dein Vater, mein Kind, wird dich im Falle deiner Weigerung, Monsieur de Luynes zu heiraten, in ein Kloster stecken - und nicht etwa zur Vervollkommnung deiner Erziehung und zum zeitweiligen Aufenthalt, bis du anderen Sinnes bist, sondern für dein ganzes restliches Leben - als Nonne.«
    Diese schreckliche Aussicht - sie dünkte Marie noch schlimmer als ein seinem eigenen Geschlecht zugetaner Ehegatte - brachte das schöne lebenslustige Mädchen schlagartig zur Besinnung. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass ihr Vater mit seiner Drohung Ernst machen würde, falls sie
ihn vor dem König als ungehorsame Tochter bloßzustellen gedachte.
    Ja, sie würde sich dem Wunsch des Königs sowie dem Willen ihres Vaters unterwerfen und diesem entsetzlichen Charles de Luynes ihr Jawort geben! Unter einer einzigen Bedingung allerdings …
    Als sie diese erfahren hatte, sagte die erleichterte Herzogin der Erfüllung von Maries Wunsch ihre volle Unterstützung zu, bezeugte dieses Verlangen doch den gutmütigen und liebenswürdigen Charakter ihrer Stieftochter.
    Von da ab konnten die umfangreichen und mannigfachen Hochzeitsvorbereitungen zügig voranschreiten - ohne dass Marie sich sträubte und den nötigen Arbeiten Steine in den Weg legte. Mit Céleste aber besprach sie sich vorerst nicht mehr.
     
    Verzweifelt hatte das Kind sich im hintersten Winkel unter der Küchentreppe verkrochen. Mittlerweile war es Anfang Dezember und für diese Jahreszeit noch ungewöhnlich mild; doch so früh am Morgen war es in dem düsteren Verschlag im ungeheizten Treppenhaus eisig.
    Céleste hockte dort bereits seit Stunden. Nachdem sie lange und bitterlich geweint hatte, war das kleine Mädchen schließlich gegen fünf Uhr früh am Boden kauernd eingeschlafen.
    Als die Zehnjährige erwachte, zitterte sie; sie fror erbärmlich und ihr Magen knurrte nachdrücklich. Ihre letzte Mahlzeit hatte sie am vergangenen Mittag zusammen mit den Dienstboten in der Schlossküche eingenommen. Abends hatte sie vor Aufregung keinen Bissen hinuntergebracht: An diesem Morgen sollte Marie ihre Heimat und damit auch sie, Céleste, verlassen.
    Die Kleine vermochte die Hektik im Palast zu spüren. Die
Knechte verluden Maries Gepäck, das die Dienerinnen seit Wochen sorgfältig zusammengestellt und verstaut hatten: Garderobe für wirklich alle Gelegenheiten, wozu natürlich auch Bälle und Jagdausflüge zählten, Bettwäsche vom Feinsten, reich bestickte Damasttischdecken, glänzendes Tafelsilber, wertvolles Geschirr aus hauchdünnem Porzellan, Trinkgläser aus funkelndem Kristall und exquisiter Schmuck.
    Zur Mitgift gehörten außerdem Möbel aus überseeischen Hölzern und - als Höhepunkt - zwei Pferde aus edelster Zucht, samt einer höchst eleganten Kutsche, sowie schließlich, nicht zu vergessen, eine anständige Summe an Bargeld. Die Pferde waren Maries besonderer Wunsch gewesen und der Herzog, froh darüber, dass sie ihren Widerstand gegen die Heirat aufgegeben hatte, willigte sofort ein.
    Eine Tochter aus dem Hause de Rohan-Montbazon war eine großartige »Partie«; als Dreingabe waren noch ihre Schönheit sowie ihre, für ein Mädchen, erstaunlich breit gefächerte Bildung - sogar Latein beherrschte sie - zu verbuchen. Dazu war Marie eine ebenso leidenschaftliche wie ausgezeichnete Reiterin.
    Hercule de Rohan - ein auffallend großer und schwerer Mann, der seinem Namensvetter »Herkules« alle Ehre machte, von dunklem Teint und mit einer gewaltigen schwarzgrauen Haarmähne - hatte bei der Erziehung seiner Kinder zum Glück keinen Unterschied zwischen Knaben und Mädchen gemacht: Je nach Begabung durfte jedes lernen, wonach ihm der Sinn stand.
    Marie gehörte zu den wissbegierigsten und intelligentesten seiner vielen Sprösslinge. Außer der französischen und der englischen Literatur galt ihr besonderes Interesse der Geographie und der Tier- und Pflanzenkunde. Die meisten seiner Standesgenossen hatten diese liberale Haltung des Herzogs
als Marotte belächelt, aber das hatte ihn nicht gestört - galt er doch seit langem als ein wenig exzentrisch. »Wenn Marie nur endlich fort wäre«, dachte
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