Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse
Autoren: CLAIRE THORNTON
Vom Netzwerk:
quälte, seit er Paris verlassen hatte.
    „Keine Versprechen“, murmelte sie und kuschelte sich dichter an ihn. „Du musst frei sein, damit du zurückfliegen kannst, wenn du es willst.“ Ihre Stimme klang jetzt so schläfrig, dass er sich fragte, ob er sie richtig verstanden hatte.
    „Wie bitte?“
    „Wie mein Kanarienvogel.“ Ihr Atem ging tief und gleichmäßig, und Pierce wusste, dass sie eingeschlafen war. Er starrte an die Zimmerdecke, streichelte Mélusines Haar und fragte sich, wovon um Himmels willen sie bloß geredet haben mochte.

17. KAPITEL
    Pierce erwachte am frühen Nachmittag. Er stand leise auf, um Mélusine nicht zu wecken, und ging in den angrenzenden, zu ihrem Zimmer gehörenden Salon. Dort fand er Daniel still am Fenster sitzend vor.
    „Sie scheinen unverwüstlich zu sein“, rief er überrascht aus.
    „Wohl kaum, aber ich habe gelernt, jederzeit und überall schlafen zu können“, erwiderte Daniel. „Außerdem ist es etwas ganz anderes … wenn man frei ist“, fügte er leise hinzu.
    Pierce nahm Daniel gegenüber in einem Sessel Platz. „Hatte Fournier eine Art Druckmittel gegen Sie in der Hand?“, fragte er neugierig.
    „Nein. Jedenfalls keins, dessen er sich bewusst gewesen wäre.“
    „Aber warum sind Sie geblieben?“
    „Alte Gewohnheit. Zuerst hat man Gründe für alles, was man tut. Dann vergisst man die Gründe und tut die Dinge weiter wie gewohnt, auch wenn es die Gründe selbst gar nicht mehr gibt. Der Marquis hat mit Sir Henrys Kontaktmann gesprochen“, wechselte er das Thema, als wäre es ihm unangenehm, überhaupt so viel von sich preisgegeben zu haben. „Der Mann hat vorübergehend ein Appartement für Sie am Queen Square gemietet, wo auch Jean-Baptiste Unterkunft bezogen hat. Der Marquis und ich konnten noch einen Blick in das Gästebuch in der Wandelhalle dieser Residenz werfen und haben dabei festgestellt, dass Jean-Baptiste sich mit einem falschen Namen und einer falschen Adresse eingetragen hat. Der Marquis hat bereits die Wohnung in der Residenz am Queen Square als Ihr Gast bezogen. Robson, der vor Jean-Baptistes Unterkunft postiert ist, sagte, dieser hätte das Haus seit seiner Ankunft dort nicht mehr verlassen. Man kann es ganz gut beobachten, ohne gleich von den Fenstern aus entdeckt zu werden, daher hat der Marquis angeboten, Robson abzulösen, sobald er etwas gegessen hätte. Das war alles, was ich Ihnen berichten kann.“
    „Ich danke Ihnen.“ Da Pierce offensichtlich als Einziger länger als alle anderen geschlafen hatte, wollte er nun so schnell wie möglich nach Bath reiten. Die Gefahr war zwar nicht groß, dass Jean-Baptiste plötzlich verschwinden würde, aber nachdem er den Erpresser so lange gejagt hatte, wollte er kein unnötiges Risiko eingehen. „Mélusine schläft noch“, sagte er. Es war zwecklos, zu verheimlichen, dass sie sich das Zimmer geteilt hatten. Daniel hatte gehört, wie er dem Wirt zu verstehen gab, sie wäre seine Frau. „Ich werde ihr sagen, dass Sie hier sind, damit sie nicht erschrickt, wenn sie aufwacht und ich bin nicht mehr da.“
    Daniel nickte. „Werden Sie sie heiraten?“
    „Wenn sie mich lässt …“Vorübergehend ließ Pierce seiner Erbitterung freien Lauf. „Im Moment scheint sie mich mit einem Kanarienvogel zu vergleichen und will, dass ich irgendwo hinfliege.“
    „Tatsächlich?“ Eine Weile schien er nachzudenken, doch dann musste Pierce irritiert feststellen, wie sich ein sonst so seltenes Schmunzeln auf den Zügen des anderen Mannes ausbreitete. „Ich erinnere mich an den Kanarienvogel. Sagen Sie Ihr, ich bin bereit, wenn sie aufbrechen will – und danach reiten Sie nach Bath.“
    Pierce unterdrückte eine scharfe Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und verließ stattdessen den Salon, um Mélusine zu wecken.
    Mélusine und Daniel reisten später am Abend nach Bath.
    „Es ist fast wieder wie damals, als Sie mich zum Konvent brachten oder von dort abholten“, sagte sie. „Wissen Sie, mir ist erst auf der Fahrt nach Boulogne aufgefallen, dass Sie jünger sind als Bertier.“
    „Nur drei Jahre“, antwortete er so umgehend, dass sie wusste, er hatte über diesen Umstand auch schon nachgedacht. „Sie hätten ihn nicht heiraten sollen. Ich hätte es verhindern müssen.“
    „Es war Vaters Entscheidung.“ Sie war erstaunt über die Selbstvorwürfe, die sie aus seiner Stimme heraushörte.
    „Es war eine schlechte Entscheidung – aber ich dachte, sein Alter und der Rang hätten es dem Comte eher
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher