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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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Personenzug bis Chur und dann mit dem Schnellzug nach Zürich traf Bond um ein Uhr morgens vor der Haustür des Leiters von Station Z in der Bahnhofstraße ein. Obwohl er im Zug ein bißchen geschlafen hatte, konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten. Müde drückte er auf die Klingel unter dem Namen »Muir«, bis ein zerzauster Mann im Pyjama die Tür einen Spalt breit öffnete. »Verdammt noch mal, was ist denn los?« fragte er wütend mit englischem Akzent. Bond antwortete: »Ich bin’s. Tut mir leid, es ist wieder 007.«
    »Großer Gott! Kommen Sie rein!« Muir blickte vorsichtig nach rechts und links auf die Straße. »Ist jemand hinter Ihnen her?«
    »Ich glaube nicht.« Bond trat in die warme Diele. Muir betrachtete ihn von oben bis unten. »Was ist denn mit Ihnen passiert? Sie sehen ja aus, als ob Sie durch die Mangel gedreht wurden. Trinken Sie erst mal was.«
    Er führte ihn in ein gemütliches Wohnzimmer und wies auf die Anrichte. »Bedienen Sie sich. Ich sage rasch Phyllis Bescheid, damit sie sich nicht ängstigt. Oder soll sie Sie schnell verarzten?«
    »Nein, danke. Ein Drink wird mich schon wieder auf die Beine bringen. Herrlich warm ist’s hier. In meinem ganzen Leben will ich nie wieder einen Fetzen Schnee sehen.«
    Muir kam bald wieder zurück. »Phyllis macht Ihnen das Bett im Gastzimmer zurecht. Und jetzt«, er goß sich wenig Whisky und viel Soda ein und setzte sich ihm gegenüber, »erzählen Sie . . . was Sie können.«
    »Die gleiche Sache wie neulich, nur das nächste Kapitel. Es ist besser, wenn Sie nichts darüber wissen. Ich wäre überhaupt nicht zu Ihnen gekommen, wenn ich nicht unbedingt M eine chiffrierte Nachricht per Fernschreiber schicken müßte. Würden Sie so freundlich sein?«
    »Natürlich.« Muir schaute auf seine Uhr. »Halb drei. Eine scheußliche Zeit, den alten Mann zu wecken. Aber das ist Ihre Sorge.« Er ging voran ins Nebenzimmer und nahm ein paar Bücher aus dem Regal. Dahinter war ein Fernschreiber verborgen. Er schaltete ihn ein und sagte: »Ich bin soweit. Schießen Sie los!«
    Bond hatte sich auf der Bahnfahrt einen Text zurechtgelegt, den M verstand, Muir aber nicht. Er diktierte: »Bau fertiggemacht Stop Einzelheiten FEHLEN DA IM ALLEINGANG HINTER BESITZER HER STOP DIESER INZWISCHEN vermutlich in Italien Stop sende von Station M aus vollen Bericht Stop
    NEHME DANKBAR ZEHN TAGE URLAUB UNTERSCHRIFT 007«.
    Muir chiffrierte den Text und gab ihn durch.
    Bond sah ihm zu. Wie stickig es in dem Zimmer war! Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, murmelte etwas Unverständliches über »diesen verfluchten Berg« und stürzte zu Boden.

25
    Tracy starrte ihn entgeistert an, als sie ihn am Münchener Flughafen abholte, hielt aber die Tränen zurück, bis sie in dem kleinen Lancia saßen. »Was haben sie mit dir gemacht?« schluchzte sie. »Was haben die denn jetzt wieder mit dir gemacht?«
    Er nahm sie in die Arme. »Keine Sorge, Liebling, es ist nichts weiter. Die paar Kratzer sind nicht der Rede wert. Sei kein Frosch, das kann jedem passieren.« Er streichelte ihr Haar, zog sein Taschentuch heraus und wischte ihr die Tränen ab.
    Sie schob seine Hand beiseite und lachte. »Jetzt hast du mir meine Wimperntusche verschmiert, und ich hatte sie extra für dich so schön aufgetragen. Als du mir gesagt hast, du müßtest noch für ein paar Tage fort, um etwas in Ordnung zu bringen, wußte ich ja gleich, daß du wieder in einen Schlamassel geraten würdest. Vorhin rief mich Papa an und hat gefragt, ob ich dich schon gesehen hätte. Er tat höchst geheimnisvoll und schien sehr besorgt zu sein. Und jetzt die Geschichte über den Piz Gloria in den Zeitungen. Und dein Anruf aus Zürich heute morgen klang auch so mysteriös. Da war mir klar, daß du in die Sache verwickelt bist.« Sie ließ den Motor an. »Schon gut, ich werde dich nichts fragen. Entschuldige, daß ich geweint habe.« Wütend fügte sie hinzu: »Du bist so ein Idiot! Du Egoist denkst nicht mal dran, daß sich jemand deinetwegen Sorgen machen könnte!«
    Bond drückte ihre Hand. Er haßte Szenen, aber sie hatte recht. Er hatte nicht an sie gedacht, nur an seine Arbeit. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, daß jemand sich wirklich um ihn sorgen könnte. Aber bald, in drei Tagen, würde alles anders. Künftig würden nicht nur May und Mary Goodnight jammern, wenn er von einem Auftrag als krankenhausreifer Fall zurückkehrte. Wenn ihm jetzt etwas zustieße, stürbe ein
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