Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
als zuzusehen und abzuwarten. Wenn er getroffen würde, war es eben aus mit ihm. Doch sie sausten an ihm vorbei, wickelten sich einen Augenblick um
    einen Mast, rissen ihn um und verschwanden dann hinter dem Bergsattel.
    Bond begann seinen Körper abzutasten. Die aufgeschürften Ellbogen kannte er schon, aber seine Stirn schmerzte jetzt höllisch. Er rieb sie mit einer Handvoll Schnee ab. Das Blut glänzte schwarz im Mondschein. Doch es schien nichts gebrochen zu sein. Er beugte sich über den Schlitten. Beide Kufen waren verbogen, und die Streben klapperten, da sich die Bolzen gelockert hatten. Aber es mußte einfach gehen. Er hatte keine andere Möglichkeit, den Berg hinunterzukommen. Seine Pistole? Natürlich - ebenfalls zum Teufel. Mühsam kletterte Bond die Steilwand hinab. Auf der vereisten Bahn warf er sich auf den Schlitten und fuhr weiter. Die verbogenen Kufen erwiesen sich als ein Segen, da sie erheblich bremsten. Es waren zwar noch einige Kurven, aber bei einem Tempo von kaum fünfzehn Stundenkilometern waren sie ein Kinderspiel. Bald hatte er die »Paradies-Allee« erreicht, die letzte Gerade, auf der er allmählich zum Halten kam. Er ließ den Bob stehen und kletterte die niedrige Eiswand hinauf. Hier war der Schnee von den Zuschauern hartgetreten, und er stapfte langsam weiter. Was würde ihn im Tal bei der Seilbahnstation erwarten? Blofeld? Das würde für Bond den sicheren Tod bedeuten. Doch die Station war in Dunkel gehüllt, die zerrissenen Kabel schleiften auf dem Boden. Ein teurer Spaß! Und was war aus Marc-Ange und seinen Leuten und dem Hubschrauber geworden?
    Da hörte er über sich in den Bergen das Rattern des Motors, der plumpe, schwarze Rumpf tauchte auf und verschwand im Tal.
    Und nun gellte auf der altvertrauten Straße von Samaden die Sirene der Feuerwehr. An den roten Blinklichtern erkannte er, daß sie noch etwa zwei Kilometer entfernt war. Inzwischen war er bei der dunklen Seilbahnstation angelangt und hatte sich eine Geschichte zurechtgelegt. Er stieg auf die Böschung hinter dem Gebäude und schaute sich um. Kein Mensch! Nichts außer den Reifenspuren eines Autos vor dem Eingang. Blofeld hatte wohl vor seiner Flucht vom Piz Gloria seinen Mann hier unten angerufen und war in dessen Wagen geflüchtet. Wohin? Die Reifenspuren bogen nach links ab. Er dürfte also jetzt schon am Bernina-Paß, auf dem Weg nach Italien sein.
    Das rote Feuerwehrauto hielt vor der Seilbahnstation. Einige Männer eilten ins Gebäude, andere sahen zum Piz Gloria hinauf, wo noch immer ein roter Feuerschein loderte. Einer, anscheinend der Hauptmann, kam auf Bond zu, salutierte und überschüttete ihn mit einem schweizerdeutschen Wortschwall. Bond schüttelte den Kopf. Der Mann versuchte es auf französisch. Bond verneinte abermals. Ein anderer, der gebrochen Englisch sprach, wurde geholt. »Was ist eigentlich passiert?« fragte er.
    »Keine Ahnung. Ich habe einen Tagesausflug von Zürich gemacht und in Pontresina meinen Bus verpaßt. Da wollte ich zu Fuß nach Samaden und dort den Zug nehmen. Unterwegs habe ich die Explosionen oben auf dem Berg gehört«, er deutete vage in die Richtung, »und bin hinter der Station auf die Böschung geklettert, um besser sehen zu können. Und dann weiß ich nur noch, daß ich einen Schlag auf den Kopf bekam und hinuntergestürzt bin.« Er wies auf seine blutende Stirn und die aufgeschlagenen Ellbogen. »Vermutlich hat mich das gerissene Kabel getroffen und umgeworfen. Haben Sie Verbandzeug bei sich?«
    »Ja, natürlich.« Der Mann rief einen Kollegen mit der Rot-Kreuz-Binde Herbei, der einen schwarzen Kasten aus dem Wagen holte und Bond zur Toilette der Station führte. Dort wusch er im Schein einer Taschenlampe die Wunden aus, pinselte viel Jod drauf und verklebte sie mit breiten Leukoplaststreifen. Als Bond sich im Spiegel betrachtete, mußte er lachen. Eine schöne Figur würde er auf dem Standesamt machen! Der Sanitäter grinste mitfühlend, nahm eine kleine Flasche Cognac aus dem Kasten und reichte sie Bond, der dankbar einen großen Schluck trank. Der Dolmetscher erschien und erklärte: »Im Moment können wir nichts tun. Wir brauchen einen Hubschrauber von der Bergwacht. Wir müssen nach Samaden zurück und Meldung erstatten. Wollen Sie mitfahren?«
    »Und ob«, antwortete Bond freudig. Niemand fragte ihn, warum er mitten in der Nacht auf der Straße herumlief, statt ein Taxi zu mieten. Am Bahnhof in Samaden verabschiedete er sich.
    Nach einer Fahrt im ratternden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher