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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman
Autoren: Limes
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gemacht …«
    Sie fuhr mit den Fingern über den blutgeröteten Kopf des Ibis. Nathan versuchte, sich aufzurichten. Seine Schulter brannte wie Feuer.
    »Ich bin sehr beunruhigt, Nathan. Ich muss dir etwas sagen … Hast du gesehen…«
    »Woods ist … tot. Er …«
    Erneut liefen Tränen über Rhodas Gesicht. »Wie… das ist nicht wahr …«
    »Sie haben ihn … gefoltert.«
    Mehr brachte Nathan nicht heraus.
    »Er hat dich also hergeführt?«
    »Ich … ich habe ihn gestern in Khartum wiedergesehen. Wir haben uns überlegt, wie wir vorgehen könnten. Aber später ist er weggegangen… und er ist nicht mehr zurückgekommen. Oh, mein Gott, nein! Nathan …«
    Eine Welle von Schluchzern schüttelte sie. Sie hielt sich an dem kalten Stein fest.
    »Die Killer haben ihn gleich bei seiner Ankunft entdeckt und dann den richtigen Augenblick abgepasst und ihn entführt. Sie wollten ihn zum Sprechen bringen, erfahren, was ich vorhatte.«
    »Ich hätte ihn gestern Abend davon abhalten sollen, allein wegzugehen. Alles, was passiert ist, ist meine Schuld.«
    »Du hättest dich selbst zum Tode verurteilt. Ashley war sich vollkommen bewusst, wie gefährlich es für ihn war, hierher zu
kommen, er wusste, zu welcher Barbarei diese Männer fähig waren… Hilf mir … hilf mir aufzustehen… Der Papyrus, der Blutkreis … «, sagte Nathan stöhnend. »Ich muss ihn finden …«
    Rhoda legte ihren Arm um Nathans Rücken und half ihm auf die Beine. Er beugte sich über Michaels Leichnam.
    Der Hüne lag auf der Seite, das Gesicht auf dem Boden, in einer Lache schwarzer Flüssigkeiten.
    Rhoda hockte sich neben Nathan, packte die Haare des Henkers und hob seinen Kopf hoch. Sein Gesicht war in einem Ausdruck tiefer Verblüffung erstarrt.
    »Das ist Morquos, das ist Abbas Morquos!«, rief sie.
    »In Person. Der große Wohltäter der Armen und Bedürftigen.«
    Nathan riss die Lanze aus dem noch warmen Hals und drehte den Mönch mit Rhodas Hilfe auf den Rücken; dann tauchte er seine Hände in die Falten seines Gewandes. Schon bald berührten seine Finger das Metall. Er zog die Rolle heraus.
    »Er hatte ihn an sich genommen, er hatte ihn bei sich…«
    Rhoda berührte mit einem Knie den Boden und näherte ihr Gesicht dem von Nathan. Er spürte ihren Atem auf seinem Nacken.
    »Öffne sie, öffne sie …«
    Nathan entfernte vorsichtig den Verschluss, zog das dünne, bräunliche, geriffelte und brüchige Blatt heraus und entrollte es langsam. Nach und nach erschienen die feuerfarben auf den scharlachroten Kreis geschriebenen Buchstaben.
    »Es wird behauptet, das sei das Blut eines heiligen Ibis …«, murmelte Nathan. »Und der Text ist in einer frühen Form des Koptischen verfasst … dem Bohairischen, der Sprache des Deltas, die direkt aus dem alten Ägypten stammt.«
    »Was sagt er? Kannst du ihn entziffern?«
    Nathan konzentrierte sich einen Augenblick und begann dann mit tiefer Stimme:

     
    »› O mein Vater, Herrgott, Großer und Heiliger Mächtiger König, der du im Licht wohnst, stärke die Macht deines Sohnes Zebaoth Jesus, der so oft das Schwert der Gerechtigkeit erhoben hat, um gegen alles Anstößige und all jene zu kämpfen, die Böses tun und sich vom Gesetz des Gottes Abrahams, des Gottes Isaaks, des Gottes Jakobs abwenden.
    Ich bin müde, und ich fühle, dass der Augenblick, zu Dir zurückzukehren, bereits nahe ist. Ich bin den Schritten von Judas, Sohn von Sariphäa, und von Matthias, Sohn von Margaloth, den Rebellen, gefolgt. Ich habe in deinem Herrlichen Namen den ungerechten Unterdrücker bestraft, denjenigen, der die Söhne Adams und die jungfräulichen Töchter Evas mit seinem Hass verfolgt hat.
    Verlass mich nicht, verlass sie nicht.
    O mein Vater, möge durch die Anrufung dieses Blutkreises durch deinen Zwang die Macht der Engel und des vergifteten Feuers herabsteigen und ihren Zorn gegen all deine Feinde wenden, möge durch Deinen Willen das geschmolzene Blei in ihren Mund gegossen werden, möge ihr Körper in ein Korsett aus Kupfer geschnürt werden und ihr abgeschlagener Kopf in den Staub rollen.
    Ich beschwöre dich bei deinem Ruhmreichen Thron, alles, worum ich dich bitte, anzuhören und zu erfüllen.‹«
     
    »Wer hat diese Worte geschrieben?«
    »Antonius aus Caesarea, einer der ersten Eremiten, derjenige, mit dem alles begonnen hat … Er hielt sich für einen Propheten, Inhaber einer göttlichen Botschaft, aber es war reine Blasphemie, Christus diese Worte in den Mund zu legen. Es ist ein
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