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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse
Autoren: Kristin Hannah
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Drücken Sie nur den Knopf, wenn Sie das Gefühl haben, es wäre der Richtige. Alles andere mache ich.«
    Ein einzelner roter Knopf erschien auf der glatten schwarzen Armlehne des Sessels, er leuchtete hell auf dem dunklen Material. »Es ist ein Traum, nicht wahr?«, sagte Tess zu der Stimme. »Ich bin in Narkose und werde operiert. Habe ich Recht?«
    »Pst. Sehen Sie doch.«
    Die Sternenwelten vor Tess verschmolzen langsam zu einem riesigen, von tiefschwarzer Leere umgebenen Rechteck. Zu einem Bildschirm.
    Sie beugte sich vor. Obwohl sie wusste, dass es ein Traum war, wurde sie unwillkürlich von Spannung erfasst und umklammerte nervös die gepolsterte Armlehne.
    Exakt in der Mitte des weißen Bildschirms erschien vibrierend ein Farbfleck, klein zunächst, nicht größer als eine kleine Münze. Im nächsten Moment explodierte er zum farbigen Bild eines Mannes in grauem Flanellanzug, der ein Taxi heranwinkt.
    Ein attraktiver Mann. Jung. Sichtlich betucht.
    Tess rutschte tiefer in den Sessel. Ihr Finger bewegte sich auf den Knopf zu, drückte ihn aber nicht. Stattdessen studierte sie den Mann mit dem kritischen, auf Einzelheiten ausgerichteten Blick einer Frau, die gewohnt ist, ihre Eindrücke vor allem über das Sehvermögen zu beziehen.
    Der Mann hielt einen italienischen Aktenkoffer aus Leder so eng an sich gedrückt, als enthielte er die Pläne für eine Atombombe. Oder, was viel wahrscheinlicher war, für ein Sommerhaus in den Hamptons. Sein Haar war exakt gekämmt, vielleicht sogar gegellt . Um seine Augen waren keine Lachfältchen zu sehen. Kein Ohrring störte den konservativen Eindruck, den seine blau gestreifte Krawatte und das schlichte weiße Hemd vermittelten.
    Ihr Finger ließ den Knopf los.
    Die Szenerie wechselte und zeigte verschneite Hügel. Ein Mann in ausgebleichten Jeans und knielangem Arbeitskittel warf Heu in eine längliche Futterkiste. Weiße Atemwolken standen vor seinem Mund. Hinter ihm sah man ein uraltes, getünchtes Farmhaus mit Veranda.
    Tess ließ den Cowboy Cowboy sein. Uber die Weiden zu reiten, überließ sie gern einer anderen.
    Als Nächster kam ein Mann, der an einem Strand Volleyball spielte. Sein muskelbepackter Körper prangte im idealen Sonnenbank-Braun. Hellblondes Haar hing ihm ins schweißnasse Gesicht, als er den Siegtreffer landete. Den Frauen, die ihn von den Seitenlinien aus laut angefeuert hatten, schenkte er ein Playboy-Zwinkern, das jeder Einzelnen zu gelten schien.
    Tess zuckte zusammen. Brrr!
    Dem Muskelprotz folgte ein Ritter in schimmernder Rüstung. Buchstäblich. Er schritt mit steifen und klirrenden Schritten über den Steinboden. Seine gemurmelten Worte kamen in einer Sprache, die Tess nicht verstand. Die Szene schien aus einer Aufführung von Macbeth zu stammen, die sie in einem Theater für Gehörlose in Boston gesehen hatte.
    Tess' Finger kam nicht einmal in die Nähe des Knopfes. Ein selbstverliebter Schauspieler war nichts für sie. Sie verspürte keine Sehnsucht, den Wind unter seinen Flügeln zu spielen.
    Männer und Leben flössen ineinander, wurden zu einem hypnotisch wirkenden Zusammenfluss von Farben und Fragen und Möglichkeiten. Noch immer saß Tess da, den Finger am roten Knopf, der ihr angeblich ein zweites Leben bescheren sollte. Natürlich glaubte sie kein Wort, aber irgendwie konnte sie den Knopf nicht drücken, nicht einmal, um mitzuspielen.
    Schon gar nicht mit jener Art von Männern, die gezeigt wurden. (Im Moment sah sie einen Mann im Raumanzug vor sich.)
    Der Raumfahrer verschwamm. Langsam nahm der Bildschirm eine weiche Tönung an. Ein Mann erschien, allein im Dunkeln. Er stand an einem alten Kinderbett und blickte auf das in Wolldecken gewickelte Baby hinunter. Seine breiten Schultern waren gebeugt, als er fest den Rand des Bettchens umfasste. Seine leisen Atemzüge drangen an ihr Ohr und erfüllten ihre Sinne wie lang ersehnte Musik.
    Tess drückte seine stille Verzweiflung fast das Herz ab.
    Er trat vor, das Dunkel wich von ihm und enthüllte ein einst gut aussehendes und nun abgezehrtes Gesicht, von schwarzem Haar umrahmt, das dringend geschnitten werden musste. Er starrte auf das Kind hinunter. Finger für Finger, als wäre jede Bewegung mit Gefahr befrachtet, hob er die Hand und näherte sie der Wange des Babys. Auf halbem Weg hielt er inne. Seine Finger zitterten. In den Augenwinkeln blitzten Tränen. Mit einem Ruck zog er die Hand zurück.
    Ob Gott, wie er das Kind liebt.
    Dann war er verschwunden.
    Tess schlug mit der
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