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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Autoren: Gail Martin
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die Bettvorhänge flatterten, als der Windstoß Schriftrollen vom Schreibtisch riss und einen Stuhl umwarf. Tris biss die Zähne zusammen und gab sich alle Mühe, seine Abwehr an Ort und Stelle zu halten, aber er spürte, wie Gänsehaut seine Arme überzog, als die Kälte sogar den Kreis durchdrang. Wie die schwache Ahnung von etwas, was da und dann wieder fort war, formten sich Eindrücke in seinem Geist: Etwas Böses, etwas Altes und Starkes, vergessen, auf der Jagd, gefährlich.
    Und dann, so schnell wie er gekommen war, war der Wind verschwunden und mit ihm Tris’ Gefühl böser Vorahnungen. Als er sich sicher war, dass sich nichts mehr im Zimmer bewegte, hob Tris seine bebende Hand, um stumm den Vier Gesichtern der Göttin zu danken, und löste anschließend den Kreis auf, zitternd, während das magische Licht in seinem Geist verblasste. Er sah sich im Raum um: Nur die auf dem Boden liegenden Pergamente, die zerbrochenen Figurinen und der umgestürzte Stuhl bezeugten, dass etwas nicht stimmte. Aufgewühlter als zuvor wandte Tris sich zum Gehen.
    Auf dem Gang schrie eine Frau. Er sprang zur Tür, das Schwert schon in der Hand. In den Schatten des Korridors konnte er ein kämpfendes Paar ausmachen: die dunkle Silhouette eines Mannes, die drohend vor einer der Kammerzofen aufragte, die sich verzweifelt bemühte zu entkommen.
    »Lass sie los!« Tris hob herausfordernd das Schwert. Die Gunst des Augenblicks nutzend, grub die zu Tode verängstigte Frau die Zähne in den Arm ihres Gegenübers, entwand sich seinem Griff und rannte um ihr Leben den Gang hinunter. Tris spürte, wie sich ihm die Kehle zusammenschnürte, als der Angreifer sich aufrichtete und umdrehte. Er erkannte die Gestalt, noch bevor das dünne Golddiadem auf der Stirn des Mannes im Fackellicht aufglitzerte.
    »Wieder einmal hast du mir den Spaß verdorben, Bruder«, funkelte Jared Drayke ihn an, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. König Bricens ältester Sohn kam auf Tris zu, dem der Gang seines Bruders verriet, dass dieser ziemlich angetrunken war an diesem Festabend. Tris wich nicht von der Stelle, obwohl ihm das Herz bis zum Halse schlug. Bier war weder Jareds Schwinger noch seiner Fechtkunst jemals abträglich gewesen, und Tris hatte genug blaue Flecken von der Hand seines Bruders empfangen, um zu wissen, in welcher Stimmung Jared augenblicklich gerade war.
    »Du bist betrunken!«, stellte Tris fest.
    »Nüchtern genug, um es locker mit dir aufzunehmen!«, gab Jared zurück und fing bereits an, die Ärmel seines Waffenrocks hochzukrempeln.
    »Du kannst es ja versuchen.«
    »Du wagst es, gegen mich blankzuziehen?«, brüllte Jared. »Dafür könnte ich dich hängen lassen! Niemand droht dem zukünftigen König von Margolan!«
    »Solange Vater regiert, bezweifle ich, dass ich hängen werde«, erwiderte Tris und spürte sein Herz hämmern. »Warum holst du dir nicht die Töchter der Adligen ins Bett, statt die Dienstmädchen zu vergewaltigen? Oder ist es zu teuer, ihre Familien auszuzahlen, wenn sie verschwinden?«
    »Ich werde dich Respekt lehren!«, knurrte Jared, der Tris jetzt so nahe war, dass dieser das ranzige Gebräu in seinem Atem riechen konnte. Und mit einer Bewegung, die fast zu schnell war um sie wahrzunehmen, zog Jared sein Schwert und stürmte vor.
    Tris brauchte beide Hände, um den Hieb zu parieren, von dem er nicht bezweifelte, dass er hatte treffen sollen. Er wich vor Jareds Ansturm einen Schritt zurück, kaum in der Lage, die erbitterten Attacken seines Bruders abzuwehren. Jared setzte nach, und die Wut, die in seinen Augen brannte, war jenseits jeder Vernunft. Tris kämpfte um sein Leben und war sich darüber im Klaren, dass er Jareds Druck nicht viel länger würde standhalten können, während dieser ihn zurück in den Schein des Fackelhalters trieb.
    Von Weitem hallten Stiefeltritte auf dem Stein. »Prinz Jared?« Es war Zachar, der Seneschall, der rief. »Mein Prinz, seid Ihr da? Euer Vater wünscht Eure Anwesenheit.«
    Mit einem Fluch löste Jared sein Schwert von Tris’ Parade und trat mehrere Schritte zurück.
    »Prinz Jared?«, rief Zachar noch einmal, näher diesmal und eindringlicher.
    »Ich habe Euch gehört!«, rief Jared zurück, ohne Tris aus den Augen zu lassen. Vorsichtig ließ Tris das Schwert sinken, steckte es jedoch nicht in die Scheide, ehe Jared seine eigene Waffe weggesteckt hatte.
    »Glaube nicht, dass die Sache damit beigelegt ist, Bruder!«, stieß Jared hervor. »Du wirst bezahlen!
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