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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Autoren: Gail Martin
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Soterius sie hören konnten. »Ich wünschte, Großmutter wäre hier! Sie würde ihn wie einen Floh zerquetschen!«, zischte sie und unterstrich ihre Worte mit einem leichten Aufstampfen.
    »Großmutter ist tot«, entgegnete Tris tonlos und dachte an seinen erfolglosen Versuch früher am Abend, Verbindung zu Bava K’aas Geist aufzunehmen. Er setzte an, Kait von dem Vorgefallenen zu erzählen, und hielt sich dann, aus langer Gewohnheit, zurück: Bava K’aa hatte seine Ausbildung immer so sorgfältig geheim gehalten, dass er nicht einmal jetzt gewillt war, etwas davon verlauten zu lassen.
    »Ich wünschte, dein Vater hätte schneller gehandelt und sich einen eigenen Magier nach Shekerishet geholt! Selbst eine alte Heckenhexe wäre besser als das hier!«, sagte Soterius ebenso leise und mit unverhohlenem Abscheu.
    Foor Arontala schob sich durch die verstummte Menge, als ob er ihre Existenz nicht wahrnähme; mit unnatürlicher Gewandtheit glitt er durch die Festbesucher und verließ die Halle auf der anderen Seite wieder. Es dauerte jedoch mehrere Minuten, bis das Lärmen der Feiernden wieder einsetzte, und noch länger, bis es wieder aus ganzem Herzen zu kommen schien.
    »Möge die Vettel ihn holen!«, fluchte Tris leise.
    »Er sieht aus, als hätte Sie das bereits!«, kicherte Kait.
    Soterius bemühte sich, ihrer aller Stimmung aufzuheitern. »Muss ich euch beide daran erinnern, dass ein Fest im Gange ist?«, rügte er sie mit gespielter Strenge. »Da drüben ist Carroway schon fast einen ganzen Kerzenabschnitt lang beim Geschichtenerzählen, und ihr habt es verpasst!«
    »Ist er immer noch da?«, fragte Kait mit plötzlichem Interesse. »Ist noch Platz?«
    »Lass es uns herausfinden!«, forderte Tris sie auf und hoffte, die Zerstreuung könnte seine düstere Stimmung vertreiben.
    Carroway, Margolans Meisterbarde, saß inmitten einer andächtigen Zuhörerschaft. Bei dem Gedränge der Festbesucher um ihn herum war es offensichtlich, dass der Geschichtenerzähler soeben auf den Höhepunkt seiner Erzählung zusteuerte.
    Carroway hockte vorgebeugt da und berichtete in allen Einzelheiten von einem Abenteuer aus der Regierungszeit von Tris’ Ururgroßvater; seine gedämpfte Stimme zwang sein Publikum dazu, dicht aufzurücken. »Die Räuber aus Ostmark drängten weiter nach vorn und hieben und stachen sich ihren Weg zum Schloss frei. Tapfere Männer versuchten vergeblich, sie zurückzuschlagen, doch immer noch stürmten die Banditen an. Die Schlosstore waren in Sicht! Das Blut überspülte knöcheltief die Steine und alles ringsum, und das Stöhnen der Sterbenden schrie nach Gerechtigkeit.« Während Carroway sprach, beugte er sich beiläufig zur Seite und entzündete zwei graue Kerzen.
    »König Hotten kämpfte mit all seiner Stärke, ebenso wie alle um ihn herum; Schwerter prallten klirrend aufeinander, die Schlacht tobte. Zwei Mal umzingelten die Mörder ihn. Zwei Mal fanden geworfene Dolche beinahe ihr Ziel.« Mit träger Eleganz schnellte Carroways Arm nach oben und, ffft, ffft , erschienen zwei Dolche aus dem Nichts und schlugen dumpf in das Balkenwerk hinter dem hintersten Zuhörer ein. Die Kinder schrien auf und kicherten dann ob Carroways Taschenspielerkunststück.
    »Doch die erschöpften Verteidiger hatten keine Reservetruppen mehr, um sie in den Kampf zu werfen«, fuhr Carroway in seiner Erzählung fort. »Es war aber der Abend des Festes der Verstorbenen – Spuken, wie wir es nennen –, da unter uns kühn die Geister wandeln. Man sagt, dass an Spuken die Geister, wenn sie sich dazu entschließen, feste Gestalt annehmen und derart lebensechte Illusionen schaffen können, dass Sterbliche die Täuschung weder sehen noch spüren können, bis –«, er hielt inne, und mit einem leisen puff erschien wie von Zauberhand eine kleine Rauchwolke, »alles, was in der Nacht noch so fest gewesen, mit dem Morgen verschwindet. Dies wusste König Hotten und bat seinen Magier, alles zu tun, was die Invasoren aufhielte. Der Magier war selbst fast am Ende seiner Kräfte, und es war ihm klar, dass das Wirken eines größeren Zaubers wahrscheinlich sein Tod wäre, doch sammelte er alle Macht, die er besaß, und rief den Geist des Landes selbst an, die Rachegöttin, und die Seelen der Toten. Und mit seinem letzten Atemzug begann die Dunkelheit sich zu verändern.
    Von den blutgetränkten Steinen stieg ein feiner Nebel auf. Anfangs schwebte er dicht über der Straße und wirbelte um die Beine der Räuber herum, doch dann wurde er
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