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Im Bann der Wasserfee

Im Bann der Wasserfee

Titel: Im Bann der Wasserfee
Autoren: Sharon Morgan
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würde, über diese Dinge in der Öffentlichkeit zu reden. Andererseits brachten diese Gerüchte sie nicht weiter. Sie musste endlich die Wahrheit wissen.
    Gradlon starrte sie enerviert an. »Ich dulde kein übles Gerede unter meinen Sklaven und Dienern! Wer war es?«
    »Du hast meine Fragen noch nicht beantwortet.«
    »Wer auch immer diese bösartigen Gerüchte in die Welt setzt, ich werde ihn seiner gerechten Strafe zuführen!«
    »Bin ich Eure leibliche Tochter?«
    »Hätte ich dich sonst aufgezogen, dir eine hervorragende Bildung verschafft und dich mit Juwelen und Kleidern überhäuft?«
    Vielleicht tat er dies aufgrund eines schlechten Gewissens, immerhin war er zum Christentum konvertiert und verbrachte viel Zeit mit dem Bußetun. Dafür musste es einen Grund geben.
    »Woran ist meine Mutter gestorben?«
    »Sie hat bei deiner Geburt zu viel Blut verloren.« Gradlon trat auf sie zu. Seine Miene war wie aus Stein. »Du sagst mir jetzt, wer diese Gerüchte verbreitet!«
    »Das werde ich nicht.«
    »Ich werde es herausfinden. Ich will seinen Kopf!«
    Würde er dies in die Tat umsetzen, wäre die halbe Stadt kopflos. »Ist das vereinbar mit deinem Glauben?« Seit Sanctus Corentinus vor ein paar Jahren nach Ys gekommen war, wurde Gradlon zu einem strengen Christen.
    »Es gibt Leute, die wirkliche Probleme haben. Hinaus mit dir!«
    Gradlon schien heute nicht allzu gut gelaunt zu sein. Dahut schlich mit gesenktem Kopf davon. Sie hätte es wissen müssen. Gradlon wich ihr stets aus, wenn sie Fragen über ihre seit Langem verstorbene Mutter stellte. Als würde er sich dafür schämen. Wer war Malgven wirklich gewesen? Womöglich würde sie es niemals erfahren.
     
    Dahut fühlte sich elend, als sie den Empfangsraum verließ. Gefolgt von Ewen kehrte sie zu ihren Gemächern zurück. Diese befanden sich unweit von Gradlons.
    Ewen sah sie besorgt an, sagte jedoch nichts. Er hielt ihr die Tür zu ihren Räumen auf. Sie trat hindurch und schob von innen den Bolzen vor. Hier fühlte sie sich sicher. Ewen und ein weiterer Wächter wechselten sich ab. Immer stand jemand vor ihrer Tür. Weitere Wachen patrouillierten durch die Gänge und würden zur Stelle sein, sollte etwas passieren.
    Dahut schritt durch den Vorraum in ihr Schlafgemach, das im römischen Stil gehalten war. Sie lief an ihrem Tisch, den drei lehnenlosen Frauen-Stühlen und ihrem hohen römischen Bett, vor dem ein Schemel stand, vorbei und betrat den Balkon.
    Der Wind fuhr über ihr Gesicht. Sie löste ihr Haar, das lang, goldblond und seidig bis zu ihren Hüften fiel. Am liebsten trug sie es offen und wild, was ihr Vater jedoch gar nicht schätzte. Sie war es leid, immer nur seine Erwartungen erfüllen zu müssen.
    Wie so oft überkam sie die Sehnsucht nach der Ferne und nach der Weite des Meeres. Sie wollte am Strand entlanglaufen und der Brandung lauschen. Sie wollte hinaus zu den tosenden Wellen. Sie wollte sie selbst sein.
    Ihr Vater verstand sie nicht. Niemand verstand sie. Er sagte, der Ozean würde ihr eines Tages den Tod bringen. Sehnte sie sich also nach dem Tod, da das Meer sie mit flüsternden Wellen zu sich hinauslocken versuchte? Warum verbot Gradlon ihr den Kontakt mit dem Ozean?
    Dahut kam sich wie eine Gefangene in dieser Stadt vor. Dabei hatte sie es besser als all die anderen. Sie wusste vom südlichen Viertel, wo sich Unzufriedenheit über die hohen Steuern regte. Nur die Angst vor Gradlon hielt die Menschen von einem Aufstand ab. Niemand wollte der erste sein, den seine Strafe traf. Wenn sie wüssten, wie alt und müde ihr Vater geworden war …
    Als sie den Blick vom Meer gen Stadt richtete, sah sie zwei Fremde durchs Südtor einreiten. Häufig kamen Matrosen oder Händler hierher, da Ys für sie günstig lag. Doch diese beiden Männer waren allem Anschein nach keines von beidem. Weder wirkten sie von Aussehen und Kleidung her wie Seeleute noch hatten sie mit Waren bepackte Lasttiere bei sich. Es musste sich also um andere Reisende handeln. Beide trugen langes Haar, wie es unüblich war in Aremorica. Dahuts Neugierde war geweckt.
    Besonders der Größere von beiden zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Er stieg gerade mit kraftvoller Eleganz von seinem Ross. Dieses Tier war so tiefschwarz, wie Morvarc’h, das geheimnisvolle Pferd ihres Vaters, weiß war. Es passte zu seinem Reiter.
    Der Mann überragte seinen Begleiter, obwohl dieser ebenfalls hochgewachsen war, um beinahe einen Kopf. Er war einer der größten Männer, die sie je erblickt
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