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Im Bann der Ringe (German Edition)

Im Bann der Ringe (German Edition)

Titel: Im Bann der Ringe (German Edition)
Autoren: Andrea Bielfeldt
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Zeichenblock samt Stift vom Schreibtisch, als ihr auffiel, was nach dem Aufwachen so laut geknallt hatte: Es war das Foto, das sie zusammen mit ihrer Mom und ihrer Granny in der überdimensionalen Hängematte zeigte, die immer noch im Garten hing. Ein Bild aus vergangenen, glücklichen Tagen. Behutsam hob sie den selbst gegossenen Rahmen auf, der glücklicherweise nicht einen Kratzer davongetragen hatte, und stellte ihn wieder auf ihren Schreibtisch. Nach einem letzten liebevollen Blick auf ihre Familie setzte sie sich in das ausgeblichene karierte Polster, kuschelte sich in die Decke und zog die Knie an. Sie klappte ihren Block auf, nahm den Bleistift in die Hand und begann zu zeichnen.
     

Augenblick
    Kein Schüler weit und breit. Das große Gebäude der Eastport High School lag noch ziemlich verlassen da. Ric suchte das Schulbüro auf, fand es allerdings verschlossen vor.
    „Ist ja wohl nicht wahr!“, grollte er mit einem Blick auf die große Uhr über der Tür. Acht Uhr. Montagmorgen. Erster Schultag nach den Ferien.
    „Na super!“ Ärgerlich verzog er das Gesicht, als sein Blick auf das Schild mit den Öffnungszeiten fiel:
    Montag – Freitag 08.30 am – 04.00 pm
    „Erst in einer halbe Stunde?“, motzte er weiter. „Na, das fängt ja prima an, an meiner neuen Schule.“ Resigniert schlug er den Weg nach draußen ein, um sich ein wenig umzusehen, statt noch über eine halbe Stunde vor dem Sekretariat zu warten.
    Ric hatte für das letzte Schuljahr die Schule wechseln müssen, weil sein Vater der Meinung war, ein Tapetenwechsel würde ihnen beiden gut tun. Super Idee.
    Seine Freunde und den Job als Boxtrainer musste er aufgeben. Auf die neuen Tapeten war er daher kein bisschen gespannt! Zudem konnte er sich absolut nicht vorstellen, jemals wieder glücklich zu werden. Egal wo.
    Im letzten Frühjahr war seine Mom verstorben. Krebs. Einfach so. Keiner von ihnen war darauf vorbereitet gewesen. Als die Diagnose kam, hieß es: Krebs im Endstadium. Sie hatten nur noch fünf Wochen zusammen. Der einzige Trost für Vater und Sohn war, dass sie nicht lange gelitten hatte.
    Nach einem Jahr der Trauer, der Wut und der sinnlosen Frage nach dem Warum beschloss sein Vater, ein neues Leben anzufangen. Den Anfang bildete der Umzug von Chicago nach Eastport im Bundesstaat Maine. Mitten in die Einöde. Zumindest im direkten Vergleich.
    Hier war es so anders! Kein pulsierendes Leben der Großstadt, welches es ihm leichter gemacht hatte, den Verlust zu verdrängen. Hier gab es nur die einsame Stille, die ihm immer wieder vor Augen hielt, was er verloren hatte. Er musste sich wieder und wieder mit seinem Schmerz auseinandersetzen. Und das war etwas, was er nicht besonders gut konnte.
    Auf die, wie Ric fand, verständliche Frage: Warum ausgerechnet Eastport?, hatte ihm sein Vater eine völlig unverständliche Erklärung gegeben. Eastport ist so gut, wie jeder andere Ort.
    Wenn es so wäre, hätten sie dann nicht einfach in Chicago bleiben können? Er verstand es nicht, und daher hasste er Eastport! Gefangen in seiner Antipathie gegen diese fremde Stadt, die für das nächste Jahr sein neues Zuhause sein würde, stand er nun hier vor der Schule. Und er fühlte sich vollkommen allein.
    „Nicht unterkriegen lassen, Ric! Ich liebe dich!“ Das waren die letzten Worte, die seine Mom an ihn gerichtet hatte, bevor sie für immer die Augen schloss.
    „Ich liebe dich auch, Mom!“ Ric straffte seine Schultern, schluckte den aufsteigenden Kloß in seinem Hals wieder herunter, und war nur widerwillig dazu bereit, sich einen Teil seines neuen Lebens anzusehen. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, den Blick gleichgültig geradeaus gerichtet.
    Die langweilige Architektur des Gebäudes enttäuschte ihn und war in seinen Augen ein Minuspunkt. Aber als er aus der Tür trat und um den grauen Betonklotz herum ging, entdeckte er ein sehr großes, schön angelegtes Gelände, was den ersten Eindruck wieder wettmachte.
    In der Mitte des Gartens, welcher ihn an den kleinen Park um die Ecke erinnerte, durch den er in Chicago immer gejoggt war, wenn er zum Training wollte, lag ein kleiner Teich, um den herum Kiefern wuchsen. In deren Schatten standen mehrere große Tische und Bänke. Hier konnte man wahrscheinlich bei schönem Wetter seine Mittagspause verbringen. Das wiederum war ein Pluspunkt, der ihm doch tatsächlich ein kleines Lächeln entlockte.
    Entlang der weißen, halbhohen Mauer aus Backsteinen schlenderte er langsam weiter, als
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