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Im Bann der Leidenschaften

Im Bann der Leidenschaften

Titel: Im Bann der Leidenschaften
Autoren: Natalie Nimou
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links. Lässig lehnt Jerôme an der Fensterbank. Draußen, hinter ihm, wirbeln bräunliche Blätter durch die dunkelgraue Luft. Der Herbststurm ist stärker geworden.
    Jerôme hat den ganzen Tag bei mir verbracht.
    „Was macht dein Fuß?“ Jerôme legt sein Smart Phone auf die Fensterbank und sieht mich freundlich an.
    „Ich spüre nichts“, murmele ich. „Außer dass ich dringend pinkeln muss. Wie spät ist es?“
    „Gleich Abend. Du hast lange geschlafen. Sie haben dir ein Beruhigungsmittel gespritzt, weil du während der OP pausenlos geschwatzt hast. Wenn du mal musst, sollst du klingeln.“
    Ich verdrehe die Augen. So etwas mag ich gar nicht, drücke aber trotzdem auf die Klingel mit dem Schwesternsymbol. Erst jetzt entdecke ich, dass ich einen dieser Baumwollkittel trage, die nur mit einer Schleife im Nacken verschlossen werden.
    „Ach? Dass ich herumgeschwatzt habe, hat Bernard dir erzählt?“, brumme ich leicht ärgerlich. „Hätte dein Freund meine Frage beantwortet, hätten sie sich die K.O.-Tropfen sparen können. Warum sind Bernard und Philippe nicht mehr miteinander befreundet?“
    Zwischen Jerômes Augenbrauen entsteht eine steile Falte. „Bernard sagte mir, dass du ihn gefragt hättest, was er gegen Philippe hat.“
    „Verdammt, Jerôme, schwatz nicht, sondern sag mir die Wahrheit!“
    In dem Moment betritt eine Schwester das Zimmer. „Sie haben geklingelt?“
    „Sie muss mal“, grinst Jerôme und verlässt den Raum.
    Nachdem ich mich in der Pfanne erleichtert habe und die Schwester verschwunden ist, betritt Jerôme wieder das Zimmer. In seinem Schlepptau befindet sich Mel, die sich besorgt auf mich stürzt.
    „Oh Annie, was machst du für Sachen?“ Sie umarmt mich herzlich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
    „Alles halb so wild“, knurre ich. „Sag deinem guten Freund, er soll mir verraten, warum Bernard und Philippe nicht mehr miteinander befreundet sind.“
    „Wer ist Bernard?“ Fragend blickt Mel zwischen Jerôme und mir hin und her.
    „Ein guter Freund von mir.“
    „Und warum ist er kein guter Freund mehr von Philippe?“
    „Verdammt, Annie“, brummt Jerôme unwillig. „Das willst du gar nicht wissen. Lass es gut sein. Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Hause.“ Er reicht mir die Hand.
    Ein Kribbeln durchströmt meinen rechten Arm. „Hat Philippe was mit Bernards Frau gehabt?“
    Jerômes Blick ist undurchdringlich. Mit einer Umarmung verabschiedet er sich von Mel, dann wendet er sich um und verlässt ohne ein weiteres Wort den Raum.
    „Was für einen Typen hast du eigentlich geheiratet?“ Mels große, grüne Augen sind weit aufgerissen.
    „Das mit Bernards Frau war vor meiner Zeit“, stelle ich fest. „Es ist mir egal. Aber ich kann Bernard verstehen. Nur zu gut.“
    „Annie, was ist in den Flitterwochen vorgefallen?“ Mel zieht sich einen Besucherstuhl an mein Bett.
    „Es war heiß, wir hatten sehr viel Sex. Einmal habe ich gedacht, Philippe betrügt mich mit einer anderen Urlauberin.“
    „Wie bitte? Da war doch nichts dran, oder? Du hast dir alles nur eingebildet?“
    Vor meinem inneren Auge erscheinen die SMS, die Isabel meinem Mann geschickt hat. Ich erzähle Mel davon. Davon und von dem nächtlichen Ausflug zum Kanuverleih. Und von dem in knisterndes Seidenpapier eingepackten Kleid.
    „Das klingt ja haarsträubend! Hast du das Kleid, dass diese Isabel für dich genäht hat, gesehen?“ Auf Mels empfindliche, helle Haut treten rote Flecken. Das ist das typische Zeichen, dass Mel höchst alarmiert ist.
    Ich schüttele den Kopf. Und dann weiß ich, was ich zu tun habe.
    „Mel, bestell uns bitte ein Taxi. Ich muss nach Hause.“
    Mel redet mit Engelszungen auf mich ein, im Bett zu bleiben, doch sie kann mich nicht davon abhalten, nach Hause zu fahren, damit ich mich davon überzeugen kann, ob dieses Kleid überhaupt existiert.
    Damit wir uns nicht wie zwei Diebe aus dem Klinikgebäude schleichen müssen, unterschreibe ich bei der Nachtschwester einen Schein, dass ich die Klinik auf eigenes Risiko verlase. Das ist es mir wert. Außerdem ist die kleine OP, die ich hatte, kaum der Rede wert. So etwas wird normalerweise ambulant erledigt. Den Krankenhausaufenthalt und das hochgelagerte Bein halte ich für übertrieben. Wäre Jerôme nicht mit Bernard befreundet, wäre ich schon eine Stande nach der OP wieder in meinen eigenen vier Wänden auf mich selbst gestellt gewesen.
    Die Schwester weiß, dass ich eine Bekannte von Bernard bin. Gegen eine
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