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Im Bann der Leidenschaften

Im Bann der Leidenschaften

Titel: Im Bann der Leidenschaften
Autoren: Natalie Nimou
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Fuß?“
    „Wir machen einen Ultraschall.“ Bernard richtet seinen Rücken auf und nickt knapp der Schwester zu, die sofort das Gerät, das auf einem fahrbaren Rack hinter der Behandlungsliege steht, vorbereitet.
    „Jetzt tut es wahrscheinlich gleich fürchterlich weh.“ Bernard bedenkt mich mit einem zuversichtlichen Blick, der im Gegensatz zu seiner Ankündigung steht.
    Bernard hat nicht zu viel versprochen. Als er meine Fußsohle mit einem hellen Kunststoffstab, der aussieht wie ein Vibrator, berührt, entfährt mir ein spitzer Schrei und Tränen schießen mir in die Augen.
    „Ich habe die Narbe noch gar nicht berührt.“ Bernard zieht den Stab sofort zurück. „Örtliche Betäubung“, weist er die Schwester an.
    Im Vergleich zu den Schmerzen in meinem Fuß, ist die Betäubungsspritze kaum schlimmer als ein Mückenstich. Wenige Sekunden später liegt mein Fuß schwer und taub auf der Liege, als gehöre er gar nicht zu mir. Die Schmerzen sind verschwunden. Erst jetzt bemerke ich, dass ich seit Tagen keine schmerzfreie Sekunde mehr hatte. Weder körperlich, noch seelisch.
    Nach einer kurzen Untersuchung erhebt sich Bernard. Aufmunternd sieht er mich an, so dass ich sofort weiß, dass jetzt nichts Schönes kommt. Ich muss runter von der Liege, komme wieder in den Rollstuhl und werde in einen kleinen OP gefahren.
    „Du wartest draußen“, weist Bernard Jerôme an. „Hol dir an der Rezeption einen Kaffee. Sag Schwester Sybille, dass Bernie dich schickt, dann gibt sie dir einen anständigen Kaffee.“
    „Bernie?“, grinst Jerôme, bevor der Arzt ihm die Tür des kleinen Operationssaals vor der Nase zuschlägt.
    Als Bernard einige Minuten später zu mir an den OP-Tisch tritt, trägt er einen grünen Kittel, eine Haube auf dem Kopf und einen Mundschutz. Die Schwester von vorhin assistiert ihm.
    „Unter der Narbe hat sich Eiter gebildet. Die Wunde wurde entweder vor dem Nähen nicht sorgfältig gereinigt oder es ist später Schmutz hineingelangt. Wir öffnen die Narbe, reinigen den Fuß und vernähen ihn wieder. Während der OP wirst du nichts spüren. Bist du bereit, Annie?“
    Ich nicke. „Sand, da ist bestimmt Sand in meinem Fuß.“
    „Heißt es nicht Sand unter meinen Füßen?“, scherzt Bernard.
    Es tut gut zu lachen. Und es tut gut, umsorgt zu werden. Ich habe es Jerôme zu verdanken, dass mein Fuß nun wieder in Ordnung kommt.
    Die Schwester errichtet eine kleine Sichtschutzwand aus grünem Stoff über meinem Knie, so dass ich nicht sehe, was Bernard mit meinem Fuß anstellt.
    „Du magst Philippe nicht“, sage ich, ohne mir Gedanken darüber zu machen, dass die Schwester für mich eine Fremde ist. Im Grunde ist auch Bernard ein Fremder, doch bei ihm fühlt es sich nicht so an.
    Der Arzt sieht mir durch den schmalen Spalt zwischen Mundschutz und Haube in die Augen. Ohne mir zu antworten, wendet er sich wieder meinem Fuß zu.
    Ich spüre wirklich nichts.
    „Bitte“, fordere ich Bernard auf. „Bitte rede offen mit mir.“
    „Es geht mich nichts an, was Philippe tut oder unterlässt“, knurrt Bernard abwesend. Seine Konzentration ist auf meinen Fuß gerichtet.
    „Wie lange kennst du Philippe?“ Ich muss diese Gelegenheit nutzen, Dinge über Philippe zu erfahren. Auch wenn mir diese Dinge vielleicht nicht gefallen werden.
    „Wir kennen uns aus dem Dorf. Wir sind zusammen aufgewachsen.“
    Bitte? Sind eigentlich alle Männer aus Philippes Dunstkreis auf dem Dorf aufgewachsen? „Dann kennt ihr euch aus Kindertagen.“
    „Ja, wir waren Freunde.“
    „Ihr wart Freunde.“
    Bernard nickt.
    „Und jetzt seid ihr keine Freunde mehr?“
    „Jerôme und ich sind befreundet.“
    „Aber mit Philippe bist du nicht mehr befreundet?“
    „Entspann dich, Annie. Du wirst gerade operiert.“
    „Warum weichst du mir aus?“
    „Ich weiche dir nicht aus, ich muss mich konzentrieren. Da hat sich eine Menge Eiter unter und rund um die Naht angesammelt. Bitte schließe deine Augen und entspanne dich, Annie, bitte.“
    Bernard oder die Schwester müssen mir ein Beruhigungsmittel gespritzt haben, denn das nächste, was ich sehe, sind zartgelb gestrichene Wände und ein Kreuz mit einem Jesus daran, beleuchtet von einem schwachen Licht. Ich liege in einem Krankenzimmer, in einem Krankenbett. Mein Fuß hängt in einer Schlinge, die an einer Art Galgen befestigt ist, der wiederum am Fußende des Bettes verankert ist.
    „Bernard hat dir ein, zwei Tage Erholung verschrieben.“
    „ Jerôme!“ Mein Kopf saust nach
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