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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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richtig laut geworden ist. Ich gehe langsamer.
    »Es tut mir so leid«, sage ich. »Das ist alles meine Schuld.«
    Nils wird auch langsamer. Schließlich bleibt er stehen. »Es tut dir leid? Ich will wissen, was los ist! Ist es … wegen jemand anderem?«
    Ich antworte nicht.
    »Es ist Sven, oder? Ich hab schon mitbekommen, wie du ihn ansiehst.«
    Antworten und nicht antworten ist beides gleich schrecklich. Nils sieht mich lange finster an, dann dreht er sich um und geht die Treppe wieder runter, den Hauptflur entlang.
    Meine Augen brennen, und mein Magen grummelt, als ich Tonja und Lukas einhole. Lukas wirft einen fragenden Blick über meine Schulter.
    »Er … ist gegangen«, sage ich.
    »Verdammt«, stöhnt Lukas. »Blöde Kuh!«
    Er lässt Tonjas Hand los und läuft hinter Nils her.
    Bravo! Noch eine Fehlstunde, die auf mein Konto geht. Schreibt sie alle bei Vendela Ek auf, Strafe muss sein.
    Tonja drückt meinen Arm.
    »Er kommt drüber weg«, sagt sie tröstend.
    Ich nicke. Natürlich hat sie wieder einmal recht, aber deswegen ist es nicht weniger traurig. Warum muss so was so schwer sein? Warum ist immer jemand traurig, egal was man tut?
    Die Klassentür steht offen und wir gehen hinein. Die meisten sitzen schon auf ihren Plätzen. Helena will gerade die Tür schließen, als die letzten Nachzügler angeschlappt kommen, unter ihnen Silja, Sven und Leo. Silja setzt sich neben Line, und Sven wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe er sich mit Leo zu ihren Plätzen begibt. Er sieht etwas blass und hohläugig aus unter der Sonnenbräune, als hätte er in der letzten Nacht auch nicht viel Schlaf bekommen. Ich sehe seinen ernsten Blick, der durch den Klassenraum schweift und an Lukas’ und Nils’ leeren Stühlen hängen bleibt, bevor er sich wieder auf mich richtet. Ich erwidere seinen Blick und weiß genau, dass es nie funktioniert hätte, ich könnte niemals mit Nils zusammen sein, solange es Sven gibt, auch wenn Sven mich gar nicht wollte.
    Tonja stupst mich amüsiert von der Seite an und flüstert, dass man blinzeln muss, wenn die Augen nicht austrocknen sollen. Ich drehe mich verwirrt wieder nach vorn und versuche, Helenas Ausführungen zu folgen. Aber ich kann nicht Helena ansehen, ohne gleichzeitig Silja im Blick zu haben, und ich nehme mir vor, mit ihr zu reden, mich zumindest bei ihr zu entschuldigen. Ich habe vollstes Verständnis, wenn sie die Entschuldigung nicht annehmen will, aber ich muss ihr wenigstens sagen, dass es mir leidtut und dass mir bewusst ist, was ich getan habe.
    Nach einer Viertelstunde schickt Helena uns in die Bibliothek und in den Computerraum, um mehr Informationen zu unseren jeweiligen Energiethemen zu sammeln. Silja biegt vor uns in die Bibliothek ein und ich hole sie ein.
    »Hallo«, sage ich.
    Sie bleibt stehen, sagt aber nichts.
    »Ich möchte mich entschuldigen. Ich kann gut verstehen, wenn du stocksauer auf mich bist.«
    Silja zuckt mit den Schultern und seufzt.
    »Ich war einfach schön blöd, dir zu vertrauen«, sagt sie. »Genauso blöd wie du, Tonja zu vertrauen. Und Tonja ist sowieso blöd, also konnte das ja nur schiefgehen.«
    »Weißt du schon, wie es für ihn gelaufen ist?«
    »Er ist bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert. Ich habe dem Rektor zwar gesagt, dass es von mir ausgegangen ist, aber ob das was nützt – keine Ahnung. Ein bisschen vielleicht.«
    Ich nicke. »Hoffentlich. Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Ich hab ihn gestern Abend angerufen, aber er hat einfach aufgelegt.«
    »Echt erwachsen.«
    Ein leises Lächeln huscht über Siljas Gesicht. »Ja, oder?«
    Ich gucke auf den Papierstapel in ihrer Hand. »Welches Thema hast du?«
    »Naturgas.«
    »Mit Line?«
    Sie nickt. »Hat sich so ergeben. Und du?«
    »Windkraft. Mit Tonja.«
    Silja streckt sich und sieht sich zwischen den Regalen um, entdeckt Line an einem Holztisch weiter hinten und setzt sich in Bewegung. Ich atme tief ein. Immerhin, sie hat mit mir gesprochen. Das ist mehr, als ich zu hoffen gewagt habe.
    Als könnte sie meine unausgesprochenen Gedanken lesen, bleibt sie stehen und dreht sich um.
    »Du hast übrigens ziemliches Glück gehabt«, sagt sie. »Hätte er mich nicht vorher in die Wüste geschickt, hätte ich dir das nie verziehen, ist dir das klar?«
    Ich nicke. Das ist mir klar. Ziemliches Glück.

Nachmittags laufe ich planlos in der Stadt herum. Nach allem, was passiert ist, komme ich mir vor wie in einem Vakuum. Ich weiß nicht genau, an welcher Strippe ich ziehen muss, damit es
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