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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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kann man nicht. Soll ich dich nach Hause bringen?«
    »Du kriegst einen Eintrag.«
    »So what? Irgendjemand muss schließlich soziale Verantwortung übernehmen und aufpassen, dass du unterwegs nicht noch mehr Leute ins Elend stürzt.«
    Mitten in meiner Verzweiflung muss ich grinsen. Ich schiebe das Rad auf dem Gehweg, Sven folgt mir.
    »Ich dachte … du würdest mich nicht mehr angucken, wenn du davon erfährst. Silja ist stinksauer auf mich.«
    Sven nickt. »Nachvollziehbar. Wie ich schon sagte, das ist echt blöd. Aber eigentlich hast nicht du Mist gebaut. Silja und Emil sind ein bewusstes Risiko eingegangen, als sie miteinander ins Bett gehüpft sind.«
    Er muss lachen.
    »Na ja, so bewusst wahrscheinlich nicht«, sagt er. »Zumindest nicht, was Emil betrifft. Sigge meinte, er habe ziemlich was intus gehabt. Wofür auch er und sonst niemand verantwortlich ist. Ich habe jedenfalls nicht gesehen, dass irgendjemand auf dem Fest gezwungen wurde, was zu trinken. Auch wenn man das bei dir hätte glauben können!«
    »Hör schon auf!«, sage ich. »Mehr, als ich mich jetzt schon schäme, geht nicht.«
    »Ich fand dich angeduselt total süß«, sagt Sven. »Nicht unbedingt, als du das Kotzen angefangen hast, aber kurz vorher.«
    »Na, dann hoffe ich für dich, dass du genau hingeguckt hast, weil das garantiert das letzte Mal war, dass ich was getrunken habe!«, sage ich und Sven lacht wieder.
    »Sure«, sagt er. »Das sage ich auch jedes Mal!«
    Ich kichere, obwohl meine Wangen immer noch nass von den Tränen sind. Ich kann es nicht fassen, dass er hier neben mir geht. Wahrscheinlich hat er das wahre Ausmaß der Ereignisse noch nicht erfasst. Wenn Silja mitkriegt, dass er sich noch mit mir abgibt, ist sie bestimmt auch sauer auf ihn, und das kann er doch nicht wollen?
    »Du musst mich nicht begleiten«, sage ich. »Ich verspreche auch, unterwegs kein Chaos zu verursachen.«
    Sven sieht mich an. »Okay … lass mich die Frage anders formulieren: Möchtest du lieber alleine sein oder soll ich dich begleiten?«
    »Begleiten.«
    »Na also. Warum dann das Gezackere?«
    Er lächelt mich an und ich lächele schwach zurück. Wahrscheinlich muss ich einfach akzeptieren, dass das Leben nicht mehr leicht verständlich, sondern plötzlich total unbegreiflich ist. Ich weiß nicht mehr, wann ich verzweifelt und wann ich glücklich sein soll. Bin ich das eine, zeigt sich im nächsten Augenblick, dass ich das andere sein sollte, um dann gleich wieder umzuschwenken.
    Bald werde ich über meine Dummheit weinen. Bald werde ich um Silja und Emil und alles Elend trauern, aber vorher will ich noch ein bisschen neben Sven hergehen. Nehme mir noch diese kleine Auszeit von der Wirklichkeit, um Atem zu holen und Kraft zu tanken für das, was vor mir liegt. Sehe ihm in die Augen und bekomme ein Lächeln von ihm, das mein Herz schneller schlagen lässt.
    Als wir vor unserem Haus stehen, berührt er mich leicht an der Schulter. »Geht’s dir wieder besser?«
    Ich nicke. »Danke.«
    Er wirft die Haare aus den Augen.
    »Gut«, sagt er. »Dann bis morgen.«
    Das ist so elend weit weg, dieses Morgen, von dem er redet, so weit, dass bestimmt noch einmal alles ganz anders sein wird und er nichts mehr von mir wissen will.
    »Du?«, rufe ich darum verzweifelt, als er sich in Bewegung setzt.
    Er dreht sich sofort um. »Ja?«
    Mein Mund ist trocken und ich kriege kaum ein Wort heraus.
    »Ich dachte … bis zum Ende der Stunde schaffst du es eh nicht zurück in die Schule … Magst du vielleicht … ähm … eine Tasse Tee oder so?«
    Er zögert und sein Blick ist plötzlich ganz ernst.
    »Ja«, sagt er. »Eigentlich schon. Wenn das okay für Nils ist? Wenn wir nur einen Tee trinken?«
    Mein Zwerchfell zieht sich zusammen, als er das sagt. Offenbar gehen seine Gedanken in die gleiche Richtung, dann fühlt er also auch was, oder zumindest denkt er, dass es so interpretiert werden könnte.
    Ich nicke. Mein Sprachzentrum hat jetzt ganz den Geist aufgegeben. Meine Hände zittern, als ich den Schlüssel ins Schloss vom Fahrradkeller stecke, und ich stelle mich so, dass er das Zittern nicht sieht.
    »Ist es okay, wenn ich laufe?«, fragt er, als ich den Fahrstuhlknopf drücke. »Ich mag keine Fahrstühle.«
    »Ich kann auch laufen«, schlage ich vor, erleichtert, so etwas Neutrales sagen zu können. Außerdem ist es einfacher, hinter ihm die Treppe raufzugehen, als ihm im Fahrstuhl gegenüberzustehen.
    In der Wohnung ist es still. Ich lasse Wasser in den
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