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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz
Autoren: Arne Piewitz
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Fisch im Blick, voller Haß auf die Nordsee.
    Ich nicke. Etwas zögernd, offensichtlich total zergrübelt, aber in die Enge getrieben und deshalb zur Aufgabe bereit: ich nicke. Es ist Schluß, die »Beziehung«, nein, eine »Beziehung«, ist zu Ende. Sie geht auf’s Klo. Sie kommt zurück, ich einfühlsam: »Wie fühlst du dich?« Sie: »Beschissen.«
    Und dann erklärt sie mir ausführlich, daß sie Durchfall hat, und daß das in dem Moment losging, wie ich gesagt habe, daß ich die »Beziehung« zu Sabine vielleicht wieder aufnehme, und daß sie seitdem eben Übelkeit und Bauchschmerzen hat.
    Linke Frau, 24, ein ganz normaler Mensch?

    folg den hühnern
    nicht.
    das gelbe dotter
    trügt.
    und auch der stall
    ruft dich nicht.

    Tage später. Ich muß mich nochmal stellen. Britta, eine sehr gute Frau aus meiner BI, hat gesagt, das sei unbedingt nötig. M. hat sich an sie gewandt, hat sozusagen um solidarischen Frauenbeistand ersucht. Ist ihr gutes Recht. Britta will bei dem Gespräch dabei sein. M. bringt auch noch ihren Wohnungsgenossen Jörn mit.
    M. geht gleich aggressiv auf mich los: »Mit jemandem ’ne Beziehung anfangen, um Distanz zu einer anderen zu kriegen, das ist menschen verachtend. Ich nenne das benutzen!« Britta und Jörn geben ihr recht. Also, ich habe M. »benutzt«. Es gibt eben keine sichere Methode des Ausstiegs... Auch die Nummer mit der noch nicht vollzogenen Abnabelung hat ihre Nachteile...
    Sie haben mich gut im Griff, Widerstand ist schwierig: »Ich sehe das nicht ganz so, also — irgendwie — also, benutzen würde ich das nicht nennen, aber ich muß da nochmal drüber nachdenken.«
    Sie reden auf mich ein, alle drei:
    Daß ich nicht immer alles für mich allein in meinem Kopf abmache, daß ich auch unfertige Gedanken rauslassen soll, und daß ich mit den Sachen eher rüberkommen muß.
    Ich sage nichts, höre mir das nur an.
    Plötzlich, M. im Diskant kreischend: »Du sitzt hier rum und sagst kein Wort, sagst nichtmal, daß du einsiehst, daß du ein Schwein bist, du Schwein, das wäre ja wohl das Mindeste gewesen, sieh endlich ein, daß du ’n Schwein bist, dazu ist das Gespräch doch da!«
    Ich sag’ nichts. Sie beruhigt sich wieder. Britta fragt: »Kannst du denn sagen, warum du erst in M. verknallt warst und dann plötzlich nicht mehr?«
    Ich antworte: »Nein. Nein, ich weiß nicht. Ich kann dazu nichts sagen.«
    Und weiter, daß mir das jetzt einfach alles ein bißchen viel wird, daß ich das erstmal verdauen und über einiges nachdenken muß, und daß wir das Gespräch ja vielleicht irgendwann fortsetzen können, weil ich echt das Gefühl habe, daß ich durchaus davon profitiere.
    Jörn und Britta sind damit einverstanden.
    M. ist unzufrieden. Die junge Frau macht einen blutrünstigen Eindruck...

    Wir können uns nicht dauernd aus dem Weg gehen. Wir begegnen uns auf diversen politischen Veranstaltungen. Wenn’s sehr voll ist, kann man’s durch ein vertrauliches Winken überstehen. Wenn man plötzlich nebeneinander steht, ist’s schwieriger. Ich bin so ungeschickt im absichtlichen Übersehen. Und sie spielt da schon gar nicht mit. Selbst im dichtesten Gewühl versucht sie, sich zu mir durchzukämpfen.
    Also gehen wir auch mal zusammen ins Kino. Weiß gar nicht mehr, welcher Film das war. Sie war tödlich angemacht von einer Szene, wo ein Typ, den die Bullen verfolgen, einer Bäuerin, die da auf dem Acker Kartoffeln buddelt, unter die Röcke kriecht und sich, während die Bäuerin die Bullen in die falsche Richtung schickt, einen fröhlichen Nachmittag macht.
    Da hatte M. gleich wieder den Mißbrauch der Frauen im Kopf und schrie lauthals »Vergewaltigung!«
    Ich habe Schwierigkeiten, das zu verstehen. So ein Spielfilm zeigt einen bestimmten Vorfall, nimmt überhaupt keine Wertung vor, legt auch niemandem eine Schlußfolgerung nahe.
    Soll sich etwa der Regisseur, nachdem er einen solchen Vorfall geschildert hat, selbst ins Bild rücken und ein Statement abgeben: Ich distanziere mich von dieser leider wahren, aber unterträglichen Realität?
    Ich komme mit der Frau nicht klar...

    Aber sie gibt immer noch keine Ruhe. Jetzt hat sie sich an Sabine rangemacht. Als ob meine »Beziehung« zu Sabine nicht ohnehin schon kompliziert genug wäre.
    Die beiden müssen ungeheuer vom Leder gezogen haben. Sabine erzählt mir das ganze Gespräch. Sie sagt, daß M. mich für das totale Schwein hält, aber sich nicht damit zufrieden geben will, daß ich angeblich so tue, als verstünde ich manche
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