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Ich war der Märchenprinz

Ich war der Märchenprinz

Titel: Ich war der Märchenprinz
Autoren: Arne Piewitz
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Dinge nicht. Sie will unbedingt wissen, warum ich wann aufgehört habe, in sie verknallt zu sein.
    Ich sage Sabine die Wahrheit, daß ich nicht einen einzigen Tag in M. verknallt war. Dann überläßt sich Sabine meiner Zärtlichkeit...

    Hab’ endlich wieder eine eigene Wohnung. Liege auf meinen zwei mal zwei Meter Schaumstoff, penne. Es klingelt Sturm, Gerichtsvollzieherqualität. Schleiche mich zur Tür: M. — Wo brennt’s? Unsere »Beziehung« ist seit zwei Monaten Geschichte. Ich sage gleich, daß ich nicht viel Zeit habe. Das trifft sich gut, sie auch nicht. Sie lädt mich ein für Freitagabend. »Worum geht’s denn?«
    Nichts besonderes, nur so, mal wieder zusammenhocken, sich mal wieder unterhalten. Alles klar, ich werde kommen, so gegen acht Uhr. Warum auch nicht? Vielleicht ist es machbar, endlich ganz »normale« Umgangsformen zwischen uns zu entwickeln...
    Abends in der Kneipe sehe ich sie schon wieder.
    M. sitzt mit Sabine an einem Tisch. Sie führen ein ganz intensives Gespräch, gickeln rum, ein Herz und eine Seele. Kein schlechtes Zeichen, wenn sich die Ex-Frauen zusammenrotten zum Erfahrungsaustausch. Kurzer eindringlicher Blick-Kontakt mit Sabine: Einverständnis. Informationsfluß gesichert.
    Linke Frau, 24, Solidarität durchlöchert.
    Später am Abend werde ich wieder zu hören bekommen, wie schlecht ich die arme Frau behandelt habe. Und dann wird die Korrespondentin über die schlechten Charaktereigenschaften ihres Liebhabers hinwegsehen und sich ihren individuellen Interessen zu widmen…

    Bin sogar pünktlich am Freitagabend. Nehme erstmal ein Bad, bin bester Laune, singe sogar in der Wanne.
    Angenehme, entspannte Athmosphäre. Hat die Nerverei wirklich ein Ende?
    Wir gehen einen trinken, Ulla kommt auch mit. Anschließend wieder zu M., Fernsehen gucken.
    Arne, du Blödkopf, wie kann man nur solche Fehler machen? Konntest du dich vor der Kneipe nicht freundlich verabschieden und beherzt in die entgegengesetzte Richtung abdampfen? Mußtest du unbedingt mit dem Feuer spielen und wieder ihr Zimmer betreten? Als ob du nichts dazugelernt hast...!
    Der Fernsehfilm ist völlig daneben, M. zieht sich aus, legt sich ins Bett, mit Bibbern, wie immer. Ich hänge dumm rum, trinke immer noch ein Bier, na ja, es ergibt sich eben so, daß ich mich neben sie lege. Sonst nichts — einmal kurz ihre Hand gestreichelt, dann bin ich eingeschlafen.

    Mitten in der Nacht macht sie das Licht an: »Eh, wach mal auf! Ich wollte heut’ abend was mit dir diskutieren, aber irgendwie hab’ ich das vorhin nicht gebracht, und ... also, entweder wir diskutieren das jetzt, oder ich fahr’ dich nach Hause.« Ich bin total müde. Dieser Überfall ist echt inhuman. Ich sage, daß ich nicht kapiere, warum ich nicht liegenbleiben soll, wenn jetzt keine Diskussion stattfindet. Aha, weil sie dann lieber allein sein möchte. Na gut, dann diskutieren wir eben (das wäre ja der absolute Horror, jetzt nach Hause laufen zu müssen).
    »Und warum? Warum entscheidest du dich, zu diskutieren?« fragt sie. Sie will immer alles ganz genau wissen. Am liebsten würde sie immer noch in meinem Kopf eine Eigentumswohnung beziehen und als Concierge tätig sein — die ein- und ausgehenden Gedanken kontrollieren und bei Gefallen die von der Frauenbewegung autorisierten Passierscheine abstempeln.
    »Das laß mal meine Sache sein«, antworte ich.
    »Neee!« Sie ist empört. »Das ist nicht deine Sache, wenn...«
    Weiter kommt sie nicht. Auch ich beherrsche mittlerweile kleinere Formen des Widerstandes. Raus aus dem Bett, Anziehen in Rekordzeit, tschüß, Tür zu.
    Noch ein Bier auf den Weg, Mensch, ist so eine Kneipe ein angenehmer Ort. Möchte irgendjemand irgendwas mit mir diskutieren? Ich habe gerade einen Termin frei...

    Ich ertappe mich dabei, wie ich mich gelegentlich zur Tür umdrehe: Panik, daß sie mir gefolgt ist und plötzlich reinkommt.
    Unmännlicher Mann, 26, im Verfolgungswahn?

    Zwei Monate nach dem letzten Brief kommt der nächste. Auch einer mit Übergewicht. Ich packe ihn beiseite, ich habe keine Lust, ihn zu lesen. Passiert ja oft, daß Briefe gar nicht ankommen...
    Kann mir einfach nicht vorstellen, daß M. mir irgend etwas von Interesse mitzuteilen hat. Vielleicht lese ich ihn heute abend auf dem Klo. Oder morgen. Oder gar nicht. Daß ich ihn nicht beantworten werde, steht sowieso fest.
    Vier Tage später habe ich den Brief immer noch nicht gelesen. Aber eine Postkarte von M. Sie will mich doch sehen, steht drauf, und
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