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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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hinunter und stand kurz danach wieder vor der Wohnungstür, mit strahlenden Augen, ein Taschentuchhäubchen auf dem Kopf, Mammis weiße Schürze zweimal um den Leib geschlungen.
    »Ich hab ihn schon gehabt, und da kriegt man ihn nicht mehr, sagt die Mammi, und er heißt in Wirklichkeit Ziegenpeter. Und er soll Kaugummi kauen. Und jetzt werd ich bei euch Diakhornisse!«
    »Da bin ich aber froh, Schwester Friederike!«
    »Du kannst ruhig Hamsterle zu mir sagen, Frau Müller. Wollen wir mal sehen, wie’s ihm geht?«
    Es ging ihm schlecht. Er hatte Fieber und Schmerzen und sah aus wie der Glöckner von Notre Dame.
    »Ach, Herr Müller, wie du ausschaust!« rief das Hamsterle, »wenn ich nicht wüßt, daß du der Herr Müller bist, ich tät mich richtig graulen! Jetzt mußt du Kaugummi kauen, sagt die Mammi, das ist gut für die Ohrenspeicherdüsen. Hier! Mund auf!«
    »Nein«, jammerte er, »ich kann nicht kauen, es tut weh! O, wie geht es mir schlecht!«
    Das Hamsterle schob ihm resolut den Kaugummi zwischen die Lippen.
    »Los! Jetzt wird brav geseint!«
    Er stöhnte.
    »Armer Manfred! Du tust mir leid!«
    Ich streichelte sein verunstaltetes Gesicht, erneuerte den Ölumschlag und mußte trotz allem Mitgefühl dauernd das Glucksen hinunterschlucken, das mir die Brust erschütterte, durch die Kehle in den Mund drängte und sich gerne als Lachen befreit hätte. Aber wie könnte ich ihm das antun, ihm, der mit dicken Hamsterbacken, die nahtlos in den Hals übergingen, mit anklagenden Augen und grämlich verzogenem Mund auf seinem Schmerzenslager ruhte?
    »Durst!« keuchte er, »habt ihr nichts zu trinken?«
    Wir hielten ein Glas Tee an seinen Mund, aber schon nach dem ersten Schluck sank er aufstöhnend zurück.
    »Mein Hals, mein Hals! Ich kann nicht schlucken!«
    Das Hamsterle betrachtete ihn mit überlegenem Kopfschütteln.
    »Wie der Pappi! Wie derPappi! Weißt du, was die Mammi gesagt hat, Frau Müller?«
    »Nein, was hat sie denn gesagt?«
    »Wenn Männer krank sind, dann ist es eine Heimsuchung. Wirklich, als der Pappi Grippe hatte, da sind die Mamrai und ich gerannt und mußten ihm Sachen bringen und an seinem Bett sitzen und zuhören, wie er Schmerzen hat. Und einmal hat er gesagt, er kann nicht ins Bad gehen, denn er ist zu schwach dazu. Aber da hat die Mammi gesagt, jetzt nimm dich mal ein bißchen zusammen, Willfried!«
    »Ist er dann gegangen?«
    »Ja, aber wir haben ihn stützen müssen, und er hat sich richtig runterhängen lassen und immer gesagt, mir wird schlecht, mir wird schlecht!«
    Manfred stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Könnt ihr euch nicht draußen unterhalten! Ich hab rasendes Kopfweh und die Ohren und der Hals! Ein neuer Umschlag, bitte, und die Tabletten! Ich bin ganz naßgeschwitzt...«
    Das Hamsterle und ich liefen um die Wette, holten herbei, schleppten davon und schlichen, als unser Patient endlich in leichten Schlummer gesunken, mit hängenden Schultern und müden Füßen ins Wohnzimmer. Dort sanken wir auf den Teppich und streckten alle Viere von uns. So fanden uns »die Buben«, als sie frohgemut aus der Schule heimkehrten.
    »Was machet denn ihr hier auf ‘m Bode? Friederike, willsch du mit uns Schwarzer Peter schpiele?« Friederike wandte sich an mich.
    »Frau Müller, sag den Buben, daß ich heute Hamsterle heiße und daß sie leise sein sollen und daß ich nicht Schwarzer Peter spielen kann, weil der Herr Müller Ziegenpeter hat und ich schaffen muß!«
    »Wie geht’s ‘m Vati, Mulchen?«
    Das Hamsterle antwortete für mich.
    »Frau Müller, sag den Buben, daß es ihm ganz arg schlecht geht und daß sie ihm >Grüß Gott< sagen sollen, damit er eine Ablenkung hat!«
    Sie gingen hinein. Sie kamen wieder. Über ihr Gesicht zuckte Mitleid, Grausen und unterdrücktes Lachen. »Mann, Mulchen«, brach es aus Mathias heraus, »wie sieht denn dr Vati aus? Wird der wieder richtig oder bleibt der so?«
    »I les ihm heut nachmittag vielleicht Karl May vor«, sagte Andreas, »damit er auf andere Gedanke kommt. Des bricht eim ja ‘s Herz!«
    Das Hamsterle faßte mich am Arm.
    »Frau Müller, sag dem Bub, wenn er heut nachmittag Kallmai vorliest, dann will ich auch zuhören, weil ich es noch nicht kenne.«
    »Pah!« machte Mathias, »des isch a Männergschicht und nix für kleine Mädle!«
    Das Hamsterle erhob sich würdevoll, seine Augen blitzten zornig, und in seinem Kopf arbeitete es.
    »Frau Müller, sag dem Bub, daß er ein... daß er ein... Rhinozerochs ist!«
    »Aber Friederike«,
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