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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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‘r doch so gern hin will, Mulchen...«
    »Nein, ich will nicht!«
    »Ratten gibt es keine mehr«, versicherte Manfred. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe mit dem Kollegen gesprochen.«
    »Hast du gesagt, daß du kommst?«
    »Noch keine feste Zusage.«
    Ich schob den Teller von mir und stand auf.
    Abends waren wir bei Bruder Christoph eingeladen. »Judy, Christoph, er will auf diese Stelle, und ich muß einfach mit! Findet ihr das richtig?«
    »Ja«, sagte Christoph mit Nachdruck, »ja, das finde ich richtig!«
    Mir blieb der Mund offenstehen. Mein kleiner Bruder! Er schlug sich auf Manfreds Seite.
    »Bist du noch bei Trost?« fauchte ich.
    »Bist du eine Pfarrfrau?« schnaubte er zurück.
    »Wenn Manfred sich berufen fühlt, dann mußt du ihm folgen. Wie steht’s schon so schön in der Bibel? »Wo du hingehst, da will ich auch hingehend«
    »Hah!« rief ich, »Pfarrerssohn, der die Bibel nicht kennt! >Wo du hingehst, da will ich auch hingehend Das sagt nicht das folgsame Eheweib zu ihrem Mann, das sagt die Witwe Ruth zu ihrer lieben Schwiegermutter!«
    »Ich werd’ verrückt!« Christoph riß erschreckt die Augen auf, »stimmt das, Schwager?«
    »Ja, leider«, antwortete Manfred, »mir hätte es anders auch besser gepaßt.«
    »Schade, das war ein Schuß nach hinten, so etwas kann passieren. Trotzdem«, Bruder Christoph wandte sich wieder mir zu, »trotzdem solltest du dich schämen, daß du nach einer schönen Wohnung schielst und nicht nach der Gemeinde und dem, was Manfred wichtig ist.«
    »Das mußt gerade du sagen, Christoph, du mit deinem tollen Haus!«
    Christoph war zu Geld und Ansehen gelangt. Nicht etwa durch eine Beschäftigung im theologischen Bereich, nein, er wirkte in der Wirtschaft, wie denn Pfarrerssöhne zuweilen mit dem schnöden Mammon gar geschickt umzugehen und ihn um ein Vielfaches zu mehren wissen. Vermutlich, weil sie ihn im Elternhaus oft schmerzlich entbehren mußten.
    Der wirtschaftlichen Misere entronnen, im eigenen Haus mit Garten und Swimming-pool, schämte er sich nicht, mich, seine Schwester, zur Enthaltsamkeit anzuhalten. »Pfarrfrauen haben auch ein Recht, glücklich zu sein!« stieß ich hervor.
    »Sie sollten ihr Glück in anderen Werten suchen als in einer schönen Wohnung!« Bruder Christoph wurde direkt salbungsvoll.
    »An welche Werte, bitte schön, hast du gedacht?«
    »Na, so an Höheres...«, er brach ab, verstummte kurz und sprach dann normal weiter. »Ach, Amei, ich weiß nicht, wie ich dir’s erklären soll. Ich muß immer an Mutti denken. Sie hätte keinen Augenblick überlegt...«
    Ich brauchte drei Tage dazu. Manfred schloß mich überglücklich in die Arme. All das, was ihn und mich bedrückte, kehrten wir sauber unter den Teppich und hielten die Sache damit für erledigt und ausgestanden. Daß dies ein Irrtum war, erwies sich, als ich zum ersten Mal im winzigen Bad saß und keine Luft bekommen konnte, so daß die Tür sperrangelweit aufbleiben mußte, was mein Badevergnügen empfindlich störte und mir einen Schnupfen einbrachte. Es erwies sich, als die Züge in der Nacht donnernd vorbeibrausten, mich aus dem Schlaf rissen und für die restliche Nacht in zorniger Empörung zurückließen.
    Es erwies sich beim Möbeleinkauf, als mein hart erkämpftes Geld dahinfloß für Möbel, die wir eigentlich schon hatten und die nun im Keller stehen mußten, weil sie für die kleinen Zimmer zu groß waren.

Ich und du, Müllers Kuh

    Der Kirchengemeinderat der neuen Gemeinde erschien im Gottesdienst der Nikodemuskirche, um Manfred predigen zu hören. Nach dem letzten Amen stürzte ich zur Kirchentür, fing die Gäste auf und schleuste sie die Treppe hinunter in einen der unteren Gemeinderäume. Auch ein paar Irrläufer gingen mit, Menschen, die ich nicht kannte und also für fremde Kirchengemeinderäte gehalten und mit eingeladen hatte. Sie hinwiederum vermeinten, es folge noch eine Andacht für besonders Auserwählte oder aber ein Frühschoppen, weshalb sie meine Einladung gerne annahmen. Sie tranken denn auch ein Gläschen Wein mit uns und knabberten eine Salzstange, doch taten sie dies mit immer weniger Lustgefühlen, breitete sich doch langsam die Erkenntnis bei ihnen aus, daß sie hier am falschen Platz seien. Sie schauten verschämt nach allen Seiten, erhoben sich, murmelten einige Worte des Dankes und der Verlegenheit und eilten zur Tür. Dort stand ein Stuhl, auf welchen ein Kirchengemeinderat seinen Hut abgelegt hatte. Sie drehten diesen um und warfen ein Opfer
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