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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte
Autoren: Giorgio Faletti
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von Brasilien kennen gelernt, anlässlich eines Empfangs, der von einem der Sponsoren seines Teams, einem internationalen Sportbekleidungsproduzenten, gegeben wurde. Normalerweise versuchte er, solchen gesellschaftlichen Verpflichtungen aus dem Weg zu gehen, besonders kurz vor einem Rennen, doch diesmal handelte es sich um eine Benefizveranstaltung zu Gunsten von Unicef, und er hatte sich nicht verweigern wollen.
    Trotzdem wanderte er etwas unbehaglich durch die überfüllten Salons, in seinem eleganten, perfekt sitzenden Smoking, dem man nicht im Entferntesten ansah, dass er ihn nur für diesen Abend geliehen hatte. In der Hand hielt er ein Glas Champagner und schaffte es nicht, es auszutrinken, und in seinem Gesicht hielt sich die Langeweile, und er schaffte es nicht, sie zu verleugnen.
    »Amüsieren Sie sich immer so gut oder geben Sie sich heute ganz besonders viel Mühe?«
    Beim Klang der Stimme hatte er sich umgedreht und Arijanes Lächeln und ihren grünen Augen gegenübergestanden. Sie trug einen 29

    Herrenanzug mit offener Bluse und ohne die klassische Fliege, dazu weiße Tennisschuhe an den Füßen. In dieser Aufmachung und mit den kurz geschnittenen schwarzen Haaren sah sie aus wie eine elegante Version von Peter Pan. Er hatte ihr Foto schon mehrmals in Zeitschriften gesehen und sie sofort erkannt, Arijane Parker, das seltsame Mädchen aus Boston, das aus dem Nichts kam und alle namhaften Champions der Schachwelt in arge Bedrängnis gebracht hatte. Sie hatte ihn auf Deutsch angesprochen, und Jochen hatte in derselben Sprache geantwortet.
    »Man hat mir als Alternative den Tod durch Erschießen angeboten, aber da ich noch Verpflichtungen fürs Wochenende habe, musste ich mich wohl oder übel für das hier entscheiden …«
    Er hatte mit dem Kopf in Richtung des überfüllten Salons gezeigt. Das Lächeln der jungen Frau war breiter geworden, und ihr amüsierter Gesichtsausdruck hatte Jochen das Gefühl gegeben, eine Prüfung bestanden zu haben. Sie hatte ihm die Hand hingestreckt.
    »Arijane Parker.«
    »Jochen Welder.«
    Er hatte die dargebotene Hand ergriffen und sofort gespürt, dass diese Geste etwas ganz Besonderes bedeutete, dass mit dem Blick, den sie einander zuwarfen, schon mehr gesagt war, als mit bloßen Worten ausgedrückt werden konnte. Sie waren hinaus ins Freie gegangen, auf die große Terrasse, die auf Pfeilern über dem ruhigen Atem der brasilianischen Nacht thronte.
    »Wie kommt es, dass du so gut Deutsch sprichst?«
    »Die zweite Frau meines Vaters, die zufälligerweise meine Mutter ist, stammt aus Berlin. Zum Glück ist sie lange genug mit ihm verheiratet geblieben, um mir die Sprache beizubringen.«
    »Und wie kommt es, dass die Besitzerin eines so schönen Kopfes sich entscheidet, ihn Stunden um Stunden über ein Schachbrett zu hängen?«
    Arijane hatte spöttisch eine Augenbraue gehoben und ihm mit einer Gegenfrage den Ball zurückgespielt.
    »Und wie kommt es, dass der Besitzer eines so interessanten Kopfes sich entscheidet, ihn unter so einem Topf zu verstecken, wie ihr Fahrer das tut?«
    Just in diesem Moment hatte Leon Uriz, der Repräsentant von Unicef, der den Abend ausrichtete, seine Anwesenheit im großen Saal verlangt. Jochen hatte sich nur widerwillig von Arijane verabschiedet und war ihm gefolgt, fest entschlossen, so bald wie möglich 30

    das Fragezeichen hinter ihrer letzten Frage verschwinden zu lassen.
    Bevor er über die Schwelle der großen Glastür trat, hatte er sich noch einmal umgewandt, um zu ihr zurückzuschauen. Sie stand an der Balustrade und sah ihm nach, eine Hand in der Tasche. Mit einem verständnisvollen Lächeln hatte sie ihr Champagnerglas zu ihm erhoben.
    Am nächsten Tag, einem Donnerstag, war er nach dem freien Training zum Schachturnier gegangen, um ihr zuzusehen. Sein Erscheinen erregte ein gewisses Aufsehen im Publikum und unter den Journalisten. Es war klar, dass die Anwesenheit von Jochen Welder, dem zweifachen Formel-Eins-Weltmeister, bei einer Partie von Arijane Parker kein Zufall war und sicher nichts mit einem bisher verheimlichten Interesse für Schach zu tun haben konnte. Sie hatte am Spieltisch gesessen, durch eine Schranke von den Richtern und dem Zuschauerraum getrennt. Sie hatte den Kopf in Richtung des Raunens gedreht. Als sie ihn sah, blieb ihr Gesicht vollkommen unver
    ändert, als habe sie ihn nicht wiedererkannt. Sie hatte ihren Blick zurück auf das Schachbrett gelenkt, das sie vom Gegner trennte.
    Jochen hatte ihre
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