Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten
Autoren: B Lyga
Vom Netzwerk:
konnte.
    Auf dem Bett lag seine Großmutter.
    Sie lebte noch– Jazz hörte das leise Zischen ihres Atems. Das Mittel, das er ihr gegeben hatte, wirkte entweder immer noch, oder der Impressionist hatte ihr etwas von seinem eigenen Vorrat gegeben.
    » Ich habe meinen Vater getötet, als ich fünfzehn war«, sagte der Impressionist. » Glaub mir, wenn ich dir sage, Jasper, dass du keine Ahnung hast, wie befreiend es ist, die Fesseln der Vergangenheit– buchstäblich– zu durchschneiden. Es ist eine herrliche Sache.«
    » Ich werde es nicht tun«, sagte Jazz.
    » Natürlich wirst du es tun. Wenn Billy Dent hier wäre, würde er wollen, dass du es tust. Er würde dir mit Freuden erlauben, ihn selbst zu töten, da er wüsste, dass es die Initialzündung für deinen Weg zum Ruhm wäre.«
    Jazz dachte an Billy im Gefängnis, wie er zum Thema Selbstmord mit einer weit ausholenden Handbewegung gesagt hatte: Und das alles kaputt machen? » Sie wissen nichts über meinen Vater«, sagte er, und dann wurde er von einer seltsamen Mischung aus Angst, Schuldgefühlen und– er konnte es selbst nicht glauben– Sohnesstolz übermannt, und es platzte aus ihm heraus: » Sie wissen gar nichts über ihn. Sie sind ein psychopathischer Fanboy, ein solcher Loser, dass Sie so tun müssen, als wären Sie mein Vater, um Ihrem Leben eine Bedeutung zu geben. Sie sind nichts. Sie sind kein Gott. Sie sind ein Nichts. Sie haben nicht mal einen hochgekriegt, um Irene Heller zu vergewaltigen.«
    Er hatte einen Treffer gelandet. Das linke Augenlid des Impressionisten zuckte. Sein restliches Gesicht blieb allerdings heiter, als er Jazz mit der Rückhand so kräftig ins Gesicht schlug, dass sich der Junge nicht gewundert hätte, wenn ihm ein Backenzahn herausgeflogen wäre.
    » Ich fürchte mich nicht vor dir«, sagte er und beugte sich tief zu ihm herunter. » Ich könnte dich verehren, aber ich werde dich niemals fürchten. Hast du verstanden?« Er hielt das Messer zwischen ihnen in die Höhe. Jazz fing sein Spiegelbild in der Klinge auf und stellte erstaunt fest, dass er nicht im Mindesten ängstlich aussah.
    » Dann habe ich Ihnen etwas voraus«, sagte Jazz. Er war benommen von der Wucht des Schlags und schmeckte Blut. » Denn ich fürchte mich ebenfalls nicht vor Ihnen, und ich werde Sie nie verehren.«
    Mit einem erstickten Aufschrei packte der Impressionist Jazz mit der freien Hand am Kragen und riss ihn nach vorn. Aber das Hemd war dünn und alt– es platzte in der Mitte auseinander. Der Impressionist lachte und riss es ganz entzwei, sodass es in drei großen Fetzen um Jazz’ Taille hing.
    » Geht Ihnen dabei einer ab?«, höhnte Jazz. » Ist das der Grund, warum Sie Irene Heller nicht vergewaltigen konnten?«
    Aber der Impressionist achtete nicht auf ihn. Er hatte etwas bemerkt und reckte den Hals, und schließlich ging er um den Stuhl herum, um einen Blick auf Jazz’ Rücken werfen zu können.
    » Yosemite Sam?«, sagte er verblüfft. » Meinst du nicht, es wird langsam Zeit, erwachsen zu werden?«
    Es könnte schlimmer sein. Howie wollte SpongeBob Schwammkopf, ich konnte ihn gerade noch zu etwas überreden, das nicht ganz so kindisch war.
    » Das war ja alles ganz lustig bisher«, sagte der Impressionist und kam wieder um den Stuhl herum. » Aber wir haben noch viel zu tun, bevor die Nacht um ist. Und wir müssen sofort anfangen.«
    Der Impressionist griff nach Jazz, und Jazz spannte seine Muskeln, aber alles, was der Mann machte, war, seine Knöchel von dem Stuhl loszumachen und sie dann schnell wieder zusammenzuschließen. Das Gleiche machte er mit den Händen, erst befreite er das rechte Handgelenk vom Stuhl und schloss es dann an das linke, ehe er dieses losmachte.
    Jazz konnte jetzt aufstehen. War an eine Flucht zu denken?
    Unmöglich. Er konnte sich nicht weiter als zwanzig Zentimeter mit einem Schritt vorwärtsbewegen, und seine Hände klebten praktisch zusammen.
    Der Impressionist zerrte ihn vom Stuhl weg und führte oder schleifte ihn vielmehr halb zu Gramma. In Jazz’ Kopf drehte sich alles. Die Nachwirkungen der Droge.
    Jazz spürte, wie ihm das Messer in die Hände gezwungen wurde.
    … halt es fest …
    Und dann schlossen sich seine Hände um den Griff. Der Impressionist war beeindruckend stark. Mit einer Hand drückte er Jazz’ Finger um den Messergriff und hielt Jazz zugleich davon ab, das Messer in ihn selbst zu stoßen.
    Ein Messer.
    Noch ein Messer.
    Alles sehr vertraut.
    Und Jazz wusste in diesem Moment: Es war mehr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher