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Ich sehe dein Geheimnis

Ich sehe dein Geheimnis

Titel: Ich sehe dein Geheimnis
Autoren: Kim Harrington
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wurde. Und zwar letzte Nacht, hier im Restaurant. Sie sollten sie gleich dazu befragen. Ich persönlich würde ihr nicht einmal die Gelegenheit geben, vorher nach Hause zu gehen und zu duschen. Ich glaube, es besteht Fluchtgefahr.«
    Dann schlenderte ich zurück zu unserem Tisch und machte mich über die Pfannkuchen her. Es war wie Weihnachten. Nate und Perry starrten mich schweigend an.
    »Vielleicht hätte ich mit ihr reden sollen«, sagte Perry schließlich.
    Nate schüttelte den Kopf. »Nein. Sie ist doch prima klargekommen.«

Vier
    Das Beste am Sommer war, nicht in die Schule zu müssen. Tiffanys Terrorregime und die täglichen Anfeindungen lagen hinter mir. Das Schlimmste am Sommer war, dass ich an unser Familienunternehmen gekettet war.
    Dabei hätte ich froh sein müssen, dass wir im Sommer viele Kunden hatten. Séancen bedeuteten Geld und wir brauchten Geld – zum Leben und so, klar. Außerdem hatte ich für diesen Sommer nichts Besonderes geplant. Aber manchmal stellte ich mir vor, wie es wäre, eines dieser Mädchen ohne Verantwortung zu sein, wie es wäre, den ganzen Sommer am Strand zu verbringen oder einen Tag lang in meinem Zimmer zu sitzen und nichts weiter zu tun, als Musik zu hören. Ganz einfache Dinge, wie sie normale Mädchen gern machten.
    Nachdem Perry und ich vom Yummy’s zurückge kommen waren, verliefen die restlichen Termine problemlos. Und wie Perry prophezeit hatte, war Mom nicht mehr so wütend. Sie ließ mich am nächsten Tag sogar ausschlafen, was sonst gar nicht ihre Art war. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, so heißt es doch, also schlief ich bis elf Uhr. Ich duschte und zog meine Sommeruniform an: Jeansshorts und ein schlichtes weißes T-Shirt. Vor allem im Vergleich zu meiner Mutter war mein Klamottenstil sehr konservativ. Ich fand, dass ich als Mädchen mit übernatürlichen Fähigkeiten ohnehin schon zu viel negative Aufmerksamkeit erregte.
    Als ich endlich nach unten kam, lief Mom gerade wütend in der Diele hin und her.
    »Mom, du nutzt das Parkett ab«, sagte Perry, der gerade mit einer Tasse Tee aus der Küche kam.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Mom nahm Perry die Tasse ab, setzte sich auf die Couch und nippte am Tee. »Unsere nächsten beiden Kunden haben schon abgesagt.«
    »Warum denn?«, wollte ich wissen. Ich setzte mich auf meinen viel zu weichen Lieblingsstuhl und griff nach der Tageszeitung.
    »Die Touristen fliehen«, erklärte Mom mit zitternder Stimme. »Sie haben von dem Mord erfahren und wollen sich in Sicherheit bringen. Der Juli ist normalerweise unser bester Monat. Wenn im Juli keine Touristen hier sind, können wir im Winter die Rechnungen nicht bezahlen.«
    »Mach dir keine Sorgen, Mom.« Perry rutschte zu ihr hinüber und streichelte ihr über die Schulter. »Hör zu. Ich sage dir, was passieren wird.« Seine Stimme war sanft und zugleich bestimmend. »Ein paar bekommen bestimmt Panik, ja. Aber die meisten Touristen werden hierbleiben. Außerdem weißt du doch, wie so etwas läuft. Mit neunundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit war es ein verrücktes Familienmitglied oder so. Kein zufälliger Mord. Sobald das bekannt wird, merken die Leute, dass sie nicht in Gefahr sind. Und dann geht der Sommer ganz normal weiter. Im schlimmsten Fall haben wir zwei Tage lang keine Kunden. Länger nicht.«
    »Er hat recht, Mom«, bekräftigte ich und sah Perry bewundernd an. Übersinnliche Fähigkeiten waren ja nicht schlecht, aber manchmal hielt ich Perrys Gabe, Mom zu beruhigen, für seine bedeutendste Fähigkeit.
    Sie nickte und atmete tief durch. »Ja, das klingt logisch.«
    Die Absagen störten mich nicht. Sie gaben mir die seltene Gelegenheit, ein paar Stunden mit einem Buch am Strand zu liegen. Ich malte mir schon aus, wie ich den Rest des Tages verbringen würde, doch bevor ich auch nur einen Fuß vor die Tür setzen konnte, fiel mein Blick auf die Zeitung und mir blieb fast der Mund offen stehen.
    Ich sah eine ganzseitige Anzeige mit Bildern von fast jedem Wahrsagerklischee, das man sich vorstellen konnte: Tarotkarten, ein Sternbild, eine Kristallkugel, eine Kerze. Der Text dazu lautete:
    Madame Maslov,
    international anerkannte Hellseherin,
    ist jetzt in Eastport!
    Was hält die Zukunft für Sie bereit?
    Besuchen Sie Madame Maslov noch heute und erfahren Sie alles über morgen!
    118 Rigsdale Road, Eastport, MA
    Rufen Sie jetzt an und vereinbaren Sie einen Termin!
    Mir rutschte das Herz in die Hose. Das war nicht gut. Gar nicht gut.
    »O
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