Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben
Autoren: Victoria Dahl
Vom Netzwerk:
sie sich in Gedanken zurecht, während Ben immer näher kam. Sie fühlte sich winzig neben ihm, aber auf eine gute, eine zierliche Weise.
    „Molly?“, fragte er zögerlich. Das Wort polterte geradezu aus seiner Kehle, was Molly einen angenehmen Schauer den Rücken hinablaufen ließ.
    „Ben! Hi! Ist ganz schön lang her, was?“
    Oh, oh. Das war wohl nicht der beste Einstieg gewesen. Denn Ben nahm wieder diesen verblüfften Ausdruck an, und dann wurde er auch noch ein bisschen rot.
    Ja, es war wirklich lange her. Zehn Jahre, um genau zu sein. Und das hatte seine Gründe. Wahrscheinlich musste auch er gerade an ihre letzte Begegnung denken, ebenso wie Molly . Oh Mann. Jetzt errötete sie auch.
    Ben räusperte sich. „Ich, äh …“ Er verzog die Lippen zu einem schmalen Strich und räusperte sich. Wahrscheinlich wies er sich in Gedanken genauso zurecht wie Molly vor ein paar Minuten. Du bist jetzt der Polizeichef hier! Reiß dich zusammen!
    „Tut mir leid mit deiner Tante Gertie. Sie war ja ziemlich … lebhaft.“
    In der Tat, lebhaft war sie wirklich gewesen. Um nicht zu sagen: extrem starrsinnig. „Meine Mutter hat immer gesagt, dass Gertie zu stur zum Sterben ist, aber trotzdem kam ihr Tod ja nicht wirklich überraschend.“
    Ben neigte den Kopf zur Seite. „Ich habe gehört, dass sie dir das Haus hinterlassen hat. Aber niemand konnte sich vorstellen, dass du deswegen aus Denver zurückkommst. Bist du hier, um das Grundstück zu verkaufen?“
    „Nö.“
    Ihre Antwort schien ihn leicht zu beunruhigen. „Machst du das Haus winterfest?“
    „Eigentlich auch das nicht. Ich ziehe ein.“
    Seine beunruhigte Miene verwandelte sich schlagartig in ein undurchdringliches Pokerface, das ihm als Polizeichef vermutlich häufig gute Dienste leistete. „Du ziehst wieder nach Tumble Creek?“, wiederholte er.
    „Jepp. Der Umzugswagen müsste so in einer Stunde da sein.“
    „Im Ernst?“ Für einen kurzen Moment sah er Molly vonKopf bis Fuß an, dann sah er ihr wieder in die Augen. Siedend heiß fiel ihr ein, dass sie heute Morgen nicht gerade viel Zeit auf ihre Kleiderwahl verschwendet hatte.
    Sie trug weite Kakihosen und ein T-Shirt, das fast so zerfleddert war wie ihre uralten Turnschuhe. Ihr dunkelblondes Haar hatte sie zu einem unordentlichen Pferdeschwanz hochgebunden. Zum Glück trug sie wenigstens keine Shorts, sie hatte sich nämlich seit einer Woche die Beine nicht mehr rasiert. Schließlich war es im Oktober verdammt kalt in den Bergen, da konnte ein zusätzlicher Schutz nicht schaden. Doch Kälte hin oder her, jetzt würde sie sich definitiv rasieren.
    „Aber du arbeitest doch unten in Denver, oder?“, fuhr Ben schließlich fort.
    Er sah sie an, als wäre er die Unschuld in Person, aber davon ließ Molly sich nicht täuschen. Immerhin war Ben der beste Freund ihres Bruders. Unmöglich, dass er nichts von der „Molly-Jennings-Frage“ wusste.
    Sie lächelte und zwinkerte ihm zu. „Netter Versuch, Chief!“
    Er hob in schweigendem Protest beide Brauen, aber auch damit konnte er Molly nichts vormachen. „Wo wir schon beim Thema Arbeit sind: herzlichen Glückwunsch zu deinem schnellen Aufstieg als Chief!“
    Er nickte dankend. „Außer mir wollte den Job einfach keiner.“
    „Wow, welch sittliche Bescheidenheit!“ Ups.
    Ben wurde wieder rot, und dann wurde auch Molly rot, da sie ja ganz genau wusste, woran er gerade denken musste. Das Bild in ihrem Kopf war so lebendig und detailreich, dass sich die Hitze von ihrem Gesicht im ganzen Körper ausbreitete.
    „Na dann …“ Ben streckte seine Hand aus und verabschiedete sich mit einem knappen, professionellen Händedruck von Molly. „Willkommen zurück in Tumble Creek, Molly. Wir sehen uns.“ Ehe sie antworten konnte, war er schon weg. Mit einem leisen Klicken fiel die Eingangstür hinter ihm zu, und damit wurde Molly auch der Ausblick auf seinen spektakulären Hintern verwehrt.
    Molly Jennings. Grundgütiger.
    Ben zog seine Uniform aus und streifte sich die Joggingsachen über. Plötzlich wünschte er sich, Raucher zu sein. Genau, er brauchte eine Zigarette. Oder wenigstens einen Drink. Aber da er schon in ein paar Stunden wieder in den Dienst musste, würde er sich mit einem kurzen Lauf begnügen müssen. Frank hatte die nächsten paar Tage Urlaub, und da die Polizeiwache nur aus viereinhalb Beamten bestand, bedeutete das Überstunden für alle. Auch für den Chief.
    Er schnappte sich Schlüssel und Handy und war schon halb zur Tür hinaus, doch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher