Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich komme um zu schreiben

Ich komme um zu schreiben

Titel: Ich komme um zu schreiben
Autoren: Victoria Dahl
Vom Netzwerk:
geht nicht ans Telefon.“
    Ben knurrte genervt und drosselte sein Lauftempo. Bis er zurück im Ort war, hatte sich das Problem wahrscheinlich von selbst gelöst, aber falls Jess mal wieder seinen Rausch ausschlief …
    „In Ordnung. Ich brauche zwanzig Minuten. Falls sich Jess meldet, ruf mich bitte kurz an.“
    „Klar. Sag mal, weißt du, was der Umzugswagen hier überhaupt will?“
    Unwillkürlich verkrampfte Ben die Kiefermuskulatur. Zum Glück wusste niemand von dieser heiklen Episode mit Molly vor zehn Jahren. Ansonsten würden sich jetzt nämlich alle das Maul zerreißen, sobald sich die Nachricht verbreitete, dass Molly wieder in der Stadt war. „Molly Jennings zieht zurück nach Tumble Creek“, sagte er betont ruhig.
    Und macht mir vom ersten Tag an Ärger.
    Das würde ein verdammt langer Winter werden.
    Obwohl Gerties Haus wochenlang leer gestanden hatte, sah es immer noch makellos aus. Nur ein feiner Hauch von Staub hatte sich zaghaft auf dem Holzboden ausgebreitet. Nicht mal hinter den Möbeln hatte Molly auch nur eine einzige Wollmaus entdecken können.
    So sauber würde es hier vermutlich nie wieder sein. Molly sah sich kopfschüttelnd um, dann packte sie ihren Computer aus und baute ihn auf dem Esszimmertisch auf.
    Sie selbst besaß gar keinen großen Tisch. Sie war mit ihrem Loft in Denver zwar wunschlos glücklich gewesen, aber klein gewesen war es trotzdem. Und daher war Gerties Esszimmer jetzt nicht mehr Gerties Esszimmer, sondern Mollys Büro. Na, wenn das die gute Gertie nicht entsetzt hätte!
    Mein Haus hinterlasse ich meiner Großnichte Molly Jennings, in der Hoffnung, dass sie ihr unsittliches Leben in der Stadt aufgibt und wieder an den Busen der Natur zurückkehrt, in das Gottesland, in das sie gehört.
    Molly grinste und rümpfte die Nase. Oh ja, zurückgekehrt war sie, aber ihr unsittliches Leben hatte sie mitgebracht.
    Sie fuhr den Rechner hoch, wobei ihr Grinsen noch breiterwurde. In Denver hatte sie keinen einzigen Satz mehr zusammenbekommen, weil sie in ständiger Angst gelebt hatte. Und hier in Tumble Creek war ihr nur ein paar Stunden nach ihrer Ankunft gleich eine unschätzbare Inspirationsquelle über den Weg gelaufen.
    Natürlich würde sie sich jetzt wieder mit all den neugierigen Fragen herumschlagen müssen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Aber dagegen hatte Molly sich gewappnet. Und falls sich Ben Lawson als eine genauso wunderbare Muse entpuppte wie vor zehn Jahren, war das die Gerüchte mehr als wert. Oh ja, ganz sicher.
    Erst schaffte sie Ordnung auf ihrem Desktop, dann öffnete sie ein neues Dokument. Das wohlige Kitzeln in ihrem Bauch erinnerte sie daran, wie viel Spaß ihr die Arbeit bis vor sechs Monaten gemacht hatte. Nicht so gut wie Sex, aber ziemlich nahe dran.
    Ihr Anflug von guter Laune zerplatzte wie eine Seifenblase, als aus ihrer Handtasche eine vertraute Melodie erklang. Molly wühlte ihr Handy heraus und stöhnte auf, als sie sah, wer der Anrufer war. „Na ganz toll.“
    Natürlich konnte sie ihn auch einfach ignorieren, aber dann würde er eben immer wieder anrufen. Und dann würden noch andere anrufen, und ganz am Ende würde sich der große Häuptling der Schwachköpfe selbst melden: Cameron.
    Molly nahm den Anruf entgegen, versuchte aber nicht mal, ihre Ungeduld zu verbergen. „Was ist?“
    „Hey, Molly! Hier ist Pete!“
    „Weiß ich.“
    „Wie geht’s dir?“
    Sie klickte wahllos ein paar Dokumente auf und überlegte, wie viele CornNuts wohl noch in ihrer Handtasche steckten. „Super.“
    „Wohnst du jetzt echt in den Bergen? Ich hoffe, dass dunicht länger bleiben willst. Im Winter ist es doch ganz schön gefährlich da oben.“
    „Ich bin hierher gezogen, Pete. Ende der Diskussion.“
    „Mal sehen, was du nach einem langen, einsamen Winter sagst.“
    Molly stöhnte auf. „Ich weiß ja, dass ich nur ein hilfloses, dummes Frauchen bin, aber immerhin bin ich hier aufgewachsen. Und stell dir vor, in meinen ersten achtzehn Lebensjahren ist ein kleines bisschen Wissen über meine Umgebung zu mir durchgedrungen.“
    „Hey, du hast ein Haus geerbt, das ist echt aufregend! Klar, dass du wenigstens mal ausprobieren musst, drin zu wohnen. Aber dein Apartment hier ist ja noch nicht verkauft. Du musst also noch überhaupt keine endgültige Entscheidung treffen …“
    „Hat Cameron dir gesagt, dass du anrufen sollst?“, unterbrach sie ihn barsch.
    „Was? Nein. Wir machen uns alle Sorgen um dich, Molly …“
    „Wer? Cameron und seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher