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Ich knall euch ab!

Ich knall euch ab!

Titel: Ich knall euch ab!
Autoren: Ravensburger
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Schädelhälfte zerschmettert und ihm das Gehirn zerfetzt hatte, lebte er noch etwa zehn bis fünfzehn Sekunden.
    Das Gehirn ist ein sehr empfindliches Organ, das in einer flüssigen Umgebung schwimmt. Eine Kugel vernichtet das Hirngewebe, durch das sie hindurchfährt, und die durch den Aufschlag ausgelösten Schockwellen zerstören das gesamte Organ, indem sie Millionen höchst zerbrechlicher Strukturen und Verbindungen mit einem Schlag auseinander reißen. In den Sekunden danach füllt sich das Gehirn mit Blut und anderen Flüssigkeiten. Die Teile des Gehirns, die Atmung und Herztätigkeit steuern, werden lahm gelegt. Ein Arzt hat das mir gegenüber als »Erdbeben im Kopf« bezeichnet.
    Zum Zeitpunkt von Garys Tod befand ich mich in der Bibliothek der Universität, an der ich im zweiten Jahr Journalismus studierte. Als mich die Neuigkeit erreichte, fuhr ich nach Hause, nach Middletown, und war entschlossen, erst wieder abzureisen, wenn ich verstanden hätte, was sich dort abgespielt hatte.
    Als ich in Middletown eintraf, empfing mich ein dicker Nebel aus Bestürzung, Wut, Schmerz und Verzweiflung. Wochenlang tappte ich umher auf der Suche nach anderen Menschen, die dort nicht mehr herausfanden. Manche waren bereit, mit mir zu sprechen. Andere sprachen, weil sie das Bedürfnis hatten, sich zu rechtfertigen, obwohl niemand sie in irgendeiner Weise beschuldigt hatte. Manche kamen sogar zu mir, weil sie reden wollten. Als ob ihnen das Reden helfen könnte, das alles zu verstehen, als ob sie erst so den langen, schmerzhaften Prozess des Trauerns und Weiterlebens beginnen könnten.
    Manche wollten nicht reden, weil es ihnen zu sehr wehgetan hätte. Andere wollten vielleicht nicht reden, weil sie durch dieses Ereignis etwas über sich selbst erfahren hatten, das sie noch nicht akzeptieren konnten – oder verheimlichen wollten .
    Ich habe mit allen gesprochen, die mit mir reden wollten. Zusätzlich habe ich alles gelesen, was ich über die zahlreichen ähnlichen Vorfälle finden konnte, die sich in den vergangenen dreißig Jahren an anderen Schulen überall im Land zugetragen haben.
    Dann habe ich angefangen aufzuschreiben, was ich erfahren habe. Die Geschichte, die jetzt vorliegt, wird von vielen Stimmen erzählt, in Worten, die viel ungeschminkter und ausdrucksvoller sind, als ich sie mir selbst jemals hätte ausdenken können. Die Geschichte handelt von Leid, Angst und Reue. Vor allem aber soll sie als Warnung dienen. Gewalt hat viele Gesichter – sie äußert sich durch den Gebrauch von Waffen und Fäusten oder von Worten, die Hass und Verachtung säen. Wenn wir nichts daran ändern, wie wir andere innerhalb und außerhalb der Schule behandeln, wird es nur noch mehr – und schrecklichere – Tragödien geben.
    Denise Shipley

Gary und seine Mutter, Mrs Searle, zogen einen Tag vor dem Beginn des zweiten Schuljahrs in das Haus bei uns nebenan.
    Zum ersten Mal richtig gesehen habe ich ihn dann an der Bushaltestelle. Ein ziemlich stiller Junge, aber ganz freundlich. Die anderen spielten morgens an der Bushaltestelle immer Fußball, aber ich hatte keine Lust dazu und war richtig froh, als Gary auftauchte, weil ich jetzt jemanden zum Reden hatte. Wir unterhielten uns über Wackelbilder und Videospiele und was wir im Fernsehen gesehen hatten.
    Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen, ich glaube, Mrs Searle war ein bisschen überängstlich. Wahrscheinlich weil sie allein erziehend war. Die ganze Zeit hat sie Gary gefragt, wo er hingeht, und ob er auch warm genug angezogen ist und alles so was. Gary hat immer nur die Augen verdreht.
    Bis Brendan aufgetaucht ist, war ich sicherlich Garys bester Freund. Aber Gary hatte so was Geheimnisvolles an sich, da wusste man nie so genau Bescheid. Als ob er irgendwas verbergen würde. Ich kann das nicht erklären, aber ich konnte es spüren, wenn wir zusammen waren. Manchmal wurde er dann plötzlich ganz still, und man spürte, dass er völlig weggetreten war. Ich habe immer gedacht, das hätte vielleicht mit der Scheidung seiner Eltern zu tun.
    Ryan Clancy, Freund von Gary und Brendan
    Gary Searle war ein ganz reizender Junge mit rötlich braunen Haaren und großen runden Augen. Er war höflich und ruhig und hat immer getan, was man ihm aufgetragen hat. Ich erinnere mich, dass er von einigen Kindern gehänselt wurde, weil er so dick war. Aber Sie wissen ja, wie Kinder in diesem Alter sind.
    Ruth Hollington, Garys Lehrerin
in der vierten Klasse an der Grundschule Middletown
    Ich bin
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