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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt
Autoren: Anne Haferburg
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Endstation Abendkasse. Da kommt hoffentlich noch was.“
    „Nächstes Mal musst du früher Bescheid sagen. Wir machen dann vorher einen Kulturtipp.“
    „Ich hab schon genug zu tun. Ich kann mich nicht um alles kümmern. Musste schon so viel mit den Russen saufen gestern.“
    Wieder lachte er und bekam einen Hustenanfall, der nach einer ausgewachsenen Bronchitis klang.
    „Geh mal zum Arzt.“
    „Die sehen mich nicht. Irgendwas finden die immer.“

    Die Apfelschorle hatte ihr Bestes gegeben. Ich setzte mich in meinen alten Polo und überlegte, was nun zu tun sei. Mir war nicht mehr schwindelig genug, um mich zu Hause hinzulegen. Also fuhr ich in den Sender. Samstag war nichts los. Überall freie Schnittplätze. Ich schaute ins Live-Studio, wo Silvia den Nachmittag moderierte. Sie winkte mir fröhlich zu und rollte mit den Augen. Anscheinend nervte sie ihr eigenes Gefasel. Ich hielt diese Frau nicht aus. Silvia war ein fünfundzwanzigjähriges Kind und so fröhlich, dass es wehtat. Sie war wie für diesen Job gemacht. Immer ein Lächeln in der Stimme. Mir machte ihre heitere Art zu schaffen. Ich konnte nicht normal mit ihr reden, da ich immer das Gefühl hatte, sie springe jede Minute vor Glück auseinander. Da Silvia wesentlich schöner aussah, als der provinzielle Durchschnitt, gehörte sie nach Meinung der männlichen Kollegen ins Fernsehen. Und ich war mir sicher, dass sie über kurz oder lang bei irgendeinem lokalen Sender das Wetter moderieren würde.
    Ich stöpselte das Aufnahmegerät an den PC und schnitt alles raus, was ich nicht gebrauchen konnte. Das Interview war nach zehn Minuten von Hartmuts nebensächlichen Ergüssen befreit. Als ich wieder ins Auto steigen wollte, kündigten heftige Donnerschläge ein Gewitter an. Der Himmel färbte sich beängstigend dunkelgrau, doch in mir keimte ein Hoffnungsschimmer. Wenn es regnete, würde das meine Kopfschmerzen lindern. Das war immer so.
    Wie auf Kommando kam der Hunger. Und da ich nicht selber kochen wollte – so gut ging es mir dann doch nicht –, fuhr ich zu Willy. Ich stellte den Wagen direkt vor dem Lokal ab und fragte mich, wie ich trocken da reinkommen sollte. Als ich gerade die Tür öffnete, klopfte es gegen mein Seitenfenster. Willy stand gebeugt neben meinem Auto und winkte mit einem Schirm hilfsbereiter als alle Portiers in Fünf-Sterne-Hotels.
    „Spinnst du jetzt total? Du bist doch kein Butler? Ich bin doch nicht aus Zucker.“
    Während ich das sagte, stieg ich aus und riss an dem Schirm. Dann rannte ich damit ins Lokal. Willy trottete hinterher.
    „Ich wollte dir nur helfen. Das war nett gemeint.“
    „Ja klar: nett gemeint.“
    Ich weiß nicht, was mich dazu trieb, dermaßen ungerecht zu sein. Ich musste regelrecht beleidigend werden, um meiner Wut über Willys Unterwürfigkeit Herr zu werden. Das tat mir immer sofort leid. Doch das machte es noch schlimmer. Ich konnte nicht aufhören. Wir setzten uns an den Personaltisch. Das Lokal war leer und die Stühle hochgestellt. Willy bereitete ein Jubiläumsfest für einen Stammgast vor.
    „Was magst denn essen?“
    Ich blieb schnippisch.
    „Nudeln oder so.“
    Willy ging in die Küche, und ich hörte, wie Frederike „Was jetzt?“ sagte.
    Als Willy zurückkam, fragte ich ihn.
    „Ist das jetzt ein Problem mit den Nudeln?“
    „Nein.“
    „Das klang aber eben anders.“
    „Hör mal, ich bezahl sie dafür. Es ist normal, dass sie kocht.“
    Jetzt klang Willy auch nicht mehr so gut gelaunt. Ich bereute, dass ich gekommen war.
    Wir schwiegen uns geschlagene zehn Minuten an. Dann stellte Frederike mir die Nudeln wortlos vor die Nase. Es roch so gut, dass ich die Beherrschung verlor und so viele Spaghetti, wie möglich, auf die Gabel drehte. Dann machte Willy doch den Anfang.
    „Was machst du jetzt?“
    „Wie, was mach ich jetzt?“
    Ich wusste genau, was er meint.
    „Wegen deinem Vater? Die Beerdigung?“
    „Ich weiß noch nicht. Vielleicht sage ich morgen ab oder was. Ich habe keine Ahnung.“
    Mir verging der Appetit. Aber da war der Teller auch schon fast leer. Willy schob mir ein Glas Mineralwasser rüber und ich fragte ihn, ob er keinen Kater von diesem Super-Wein bekommen hatte.
    „Ich hab ja nicht so viel getrunken. Geht's dir schlecht?“
    „Es geht so. Ich muss nachher noch arbeiten. Eine Veranstaltung in der Kulturscheune.“
    Um gut Wetter zu machen, ging ich in die Küche und bedankte mich bei Frederike. Sie nickte mit dem Kopf und würdigte mich keines Blickes. Willy
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