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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt
Autoren: Anne Haferburg
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polierte Gläser. Da ich ein schlechtes Gewissen hatte, half ich ihm.
    „Sag mal, warum ist die eigentlich so komisch?“
    „Vielleicht steht sie auf dich. Wenn sie jemanden mag, benimmt sie sich immer eigenartig.“
    Ich war überrascht. Frederike stand also auf Frauen. Das verunsicherte mich. Aber da ich weiterhin für jemand gehalten werden wollte, dem Dinge wie sexuelle Orientierungen egal sind, verzog ich nur das Gesicht und sagte was wie: „Aber kochen kann sie.“ Willy grinste.

    Ich hatte mich im Spiegel der Bar zu Gesicht bekommen und festgestellt, dass Hartmut Seewinkel nichts mit den Augen hatte. Ich sah tatsächlich fertig aus. So konnte ich nirgendwo hin. Ich schminkte mich komplett ab und dann wieder neu. Als ich gerade den Puderpinsel ansetzte, kam Frederike herein und ging aufs Klo. Das war mir unheimlich peinlich. Ich machte den Anschein einer richtigen Tussi. Frederike quittierte meine Aktion mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ich ließ alle Erklärungen bleiben und war in Kürze wieder passabel hergerichtet. Das Licht auf Willys Klo schmeichelte. Man bekam Lust, da zu bleiben.
    „Danke Willy. Entschuldige. Ich war nicht ganz ich selbst.“
    „Ach nein?“
    Willy lachte und schien froh über die kleine Hinwendung meinerseits.
    „Nur Spaß. Mach dir keine Gedanken. Ich versteh das. Kommst du morgen vorbei?“
    Konnte er nicht einmal richtig wütend sein?
    „Weiß nicht. Ich muss los. Ciao.“

    Mittlerweile war es dunkel. Ich fuhr schnell, denn ich wollte noch etwas von dem Konzert mitbekommen. Viele Autos standen nicht auf dem Parkplatz. Anscheinend war die Abendkasse nicht gestürmt worden. Deshalb beeilte ich mich. Mir taten Künstler leid, die vor fünf Hanseln spielen mussten und zum Dank auch noch einen mageren Applaus bekamen. Zum Glück sah es vor der Bühne anders aus. Hartmut hatte die Wiese bestuhlt. Die Hälfte der Plätze waren immerhin besetzt. Auf der Bühne standen ein paar junge Russen, die wie texanische Cowboys gekleidet waren, aber a cappella sangen. Gemischt mit Hip Hop. So etwas hatte ich noch nie gehört. Ich stieß einen Pfiff aus. Ein paar Zuschauer drehten sich nach mir um.
    Der Rest des Programms war eher gemütlich. Aber glücklicherweise jubelten die Leute. Ich vergaß kurz meine Sorgen und war für den Moment versöhnt mit der Welt.
    Die Publikumsstimmen holte ich mir von einem rauchenden Pärchen, direkt neben mir. Die sahen am ehesten so aus, als verwandelten sie sich nicht gleich in Taubstumme, sobald ich ihnen das Mikrophon unter die Nase halten würde. Ich täuschte mich nicht. Sie spuckten ein paar brauchbare Sätze aus.
    Trotz des Gewitters am Nachmittag war der Abend mild. Viele Leute blieben und fanden sich in kleinen Gruppen zusammen. Es wurde viel Wein getrunken, wovon ich aus Vernunftsgründen Abstand nahm. Immer noch euphorisiert suchte ich mit den Augen Hartmut Seewinkel. Ich wollte ihm ein Lob aussprechen.
    „Clara?“
    Ohne mich umzudrehen wusste ich, wer meinen Namen gesagt hatte. Kais Stimme war unverändert klar. Es dauerte drei Sekunden, ehe ich wieder einatmen konnte.
    „Clara! Das ist vielleicht komisch. Wir haben es geschafft, uns zwei Jahre aus dem Weg zu gehen. Und jetzt treffen wir uns. Wie oft hatten wir vor, hierher zu gehen? Und nie haben wir es dann getan.“
    Er lächelte mich an, als erwarte er eine Reaktion. Mir schien, er war gewachsen, und sein Gesicht sah entschlossen aus. Zuversichtlich. Irgendetwas musste ich sagen.
    „Ich arbeite.“
    Kais Lächeln veränderte sich fast unmerklich. Er spürte meine Unsicherheit. Dessen war ich mir sicher.
    „Arbeitest du immer noch so viel?“
    „Ja. Ich muss jetzt los.“
    Ich kramte in meiner Tasche nach dem Autoschlüssel. Kai versuchte es ein zweites Mal.
    „Trotzdem schön, dich mal gesehen zu haben. Ich dachte schon, du wärst ausgewandert.“
    Ich wünschte, ich hätte das getan. Mir kam nur ein kurzes „Tschüss“ über die Lippen. Warum auch immer, aber ich fühlte mich verraten. Wie konnte er so fröhlich und gelassen sein? Mir schien, dass ihn die Begegnung mit mir nicht einmal im Entferntesten aufhorchen lies.
    Ich ging zum Auto und wagte es nicht, mich umzudrehen. Eine Frau in seinem Arm hätte ich nicht verkraftet. Das Auto sprang wie zum Hohn nicht gleich an. Der Zündschlüssel erfüllte erst nach dem dritten Versuch seine Funktion. Mein Herz verkrampfte sich. Ich bekam kaum Luft. Die Tränen vernebelten mir den Blick auf die Straße. Die Angst, in die leere Wohnung
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