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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt
Autoren: Anne Haferburg
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Geschirr ein, und nach zwei Minuten nahm ich es wieder heraus. Der heiße Dampf hinterließ Tropfen auf meiner Stirn, und ich nahm mir vor, mich beim nächsten Mal nicht zu schminken. Ich machte mich lächerlich.
    Auf dem Fleischposten zischten andauernd Flammen in die Luft. Niemand sprach. Ab und zu rief Frederike etwas, was nach einem Kommando klang. Mich faszinierte das Zusammenspiel dieser fünf routiniert arbeitenden Menschen. Woher wusste der Mann am Gemüse, wann der mit der Soße fertig war? Wie schaffte man es, fünf unterschiedliche Gerichte mit mindestens hundert verschiedenen Zutaten gleichzeitig an einen Tisch zu bringen? Da ich aber zu sehr mit meinem Geschirr beschäftigt war, bekam ich das einfach nicht mit.
    Nachdem ich die ersten Haufen Porzellan im Griff hatte, durfte ich beim Dekorieren helfen. Ich steckte ein paar hauchdünn gebackene Krokantblättchen in fluffige Schokotörtchen, die ich mir am liebsten selbst reingestopft hätte. Ich hatte Hunger. Aber Frederike schaute nicht aus, als hätte sie dafür Verständnis.
    „Ist ganz schön anstrengend, was?“
    Ihr Ton kam mir anmaßend vor. Ich fühlte mich angegriffen. Als ob es ein Kinderspiel gewesen wäre, sich immer neue Geschichten aus den Fingern zu saugen, Leute zu interviewen und dabei nicht mal fest angestellt zu sein.
    „Ja, ist es.“
    Tatsächlich war ich so groggy, dass ich mich eine Stunde später in die Ecke des Lokals setzte und mir ein Glas Wein einschenkte. Die letzten Gäste saßen im lauschigen Gastgarten und ertranken sich hohe Rechnungen mit teuren Obstbränden. Innen war das Lokal nicht gerade anheimelnd. Für meinen Geschmack fehlte etwas Lebendigkeit. Keine Blume, kein Bild, dafür aber graue Wände. Willy liebte es so, wie es war, und seine Gästezahlen gaben ihm Recht. Es war ohnehin ein Wunder, dass ein Lokal auf diesem Niveau in einer Kleinstadt so gut funktionierte. Die Einheimischen hatten Willys Scheitern schon in den schönsten Farben ausmalen können, als er noch nicht mal die erste Gabel besaß. Doch sie täuschten sich. Das Lokal bekam eine Menge Beifall in der kulinarischen Presse und jeder der was auf sich hielt reservierte früher oder später einen Tisch bei Willy. Der gerade aufkommende Restauranttourismus bescherte ihm zusätzliche Gäste aus den umliegenden Städten. Es gehörte gewissermaßen zum guten Ton, die besten Lokale in erreichbarer Umgebung mindestens einmal besucht zu haben. Noch besser war es natürlich, vom Geschäftsführer mit Namen angesprochen zu werden.
    Ich konnte Willy gut von meinem Platz aus beobachten. Er marschierte von Tisch zu Tisch und unterhielt sich mit den Gästen. Seine Art war verbindlich. Die Leute fühlten sich wahrgenommen. Ich konnte sehen, wie eine etwas zu dünn geratene Brünette gleich zwei Stoffservietten in ihr Lacktäschchen steckte. Die kleinen Leinenquadrate waren ziemlich teuer, weil sie mit dem Logo des Lokals bestickt waren. Willy sah es nicht. Aber er hätte niemals etwas gesagt, geschweige denn die Serviette zurückverlangt. Für ihn war das eine Art Promotion.
    Wie er da so umherstolzierte, den großen schlaksigen Körper in einem teuren Anzug, und die schwarzen halblangen Haare zurückgekämmt, hätte man ihn für einen typisch angeberischen Gastronomen halten können. Viele sahen in ihm einen attraktiven Mann. Für mich sah er aus wie Willy. Er war einfach mein Freund. Als er mir von seinen Plänen mit dem Restaurant erzählte, hielt ich das für keine so gute Idee. Er war kein gelernter Koch und von Betriebswirtschaft hatte er nicht die leiseste Ahnung. Jetzt blieb mir nichts, als zu staunen.

    Irgendwann gingen die letzten Gäste und ich hatte schon eine halbe Flasche Rotwein getrunken.
    „Danke, Clara. Hier schau. Ich hab was Schönes für uns.“
    Willy schenkte aus einer Flasche, die sehr teuer aussah, einen fast schwarzen Wein in mein Glas. Ich verstand nichts von Wein, obwohl ich unverhältnismäßig viel davon trank.
    „Schmeckt gut.“
    „Gut? Der ist einmalig. Kirschen und Vanille. Riech doch mal.“
    Ich hob das Glas an und hielt es mir an die Nase. Alles, was ich roch, war Rotwein. Nichts Spezifisches. Vielleicht hatte ich auch schon zu viel intus.
    „Perlen vor die Säue.“
    Willy lachte.
    Ich musste raus mit der Sprache.
    „Sag mal, verstehst du dich eigentlich mit deinem Vater?“
    „Wie kommst du darauf? Normal ... würde ich sagen.“
    Ich starrte in mein Glas. Willy schien das zu beunruhigen.
    „Sag mal, was hast du denn? Du
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