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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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zog die Vorhänge ein paar Zentimeter auseinander, um rauszuschauen. »Du weißt, dass Dad irgendeinen Spitzen-Gerichtsanwalt engagieren wird, damit der dich als Lügnerin hinstellt.«
    »Hat er mir gesagt.«
    »Hätt ich mir denken können.« Er wandte sich vom Fenster ab und sah sie mit einem so sanften und furchtbaren Blick an, dass sie ihn kaum wiedererkannte. »Der Anwalt wird dir richtig persönliche Fragen stellen. Er wird alles wissen wollen, was du mit Karyns Bruder gemacht hast, jedes einzelne Wort, das zwischen euch gefallen ist. Er wird sagen, ihr Bruder hat dich bedroht, und wenn du das abstreitest, wird er sagen, dass er dich verführt hat und du total leicht zu beeinflussen bist. Und wenn du auch das abstreitest, lässt du ihm keine andere Wahl, als dich als Schlampe und Lügnerin hinzustellen.«
    »Das hat Dad auch gesagt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass sie dir das antun.«
    »Dann lass es nicht zu.«
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, sie aufzuhalten, oder?«
    Sie nickte.
    Einen Augenblick lang sah er sie fest an, als wöge er die Möglichkeiten ab. »Ich bin nicht mutig genug dazu.«
    Sie ging zu ihm und umarmte ihn. Er roch nach Zigaretten, und ihre Arme reichten ganz um ihn rum. Sie schloss die Augen und hielt ihn fest umarmt, und dann legte auch er die Arme um sie.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Es tut mir so leid.« Sie drückte ihn fester. »Ist okay. Egal, was du machst, ich hab dich immer lieb.«
    Sie erschreckte sich über die raue Berührung seiner Haut an ihrer Wange, als er sich an ihrer Schulter vergrub und ein gewaltiger Schluchzer tief aus seinem Inneren aufstieg.
    »Ich hab Angst«, sagte er. »Ich hab echt so eine Scheiß-Angst!«
    Sie hielt ihn fester umarmt, während er weinte, von großen Schluchzern geschüttelt, wie ein Kind. Jetzt weinte auch sie, war so mit ihm zusammen. Sie strich über seinen Rücken. Zusammen standen sie da und wiegten sich hin und her. Ihr Bruder, ihr wundervoller weinender Bruder.
    Die Tür ging auf. »Was zum Teufel ist hier los?«
    Tom wich zurück und fuhr sich rasch mit den Händen über das Gesicht. »Nichts. Wir verabschieden uns.«
    Dad stürmte quer durchs Zimmer. »Was hast du mit ihm gemacht? Was hab ich dir gesagt, sollst du etwa hier reinkommen?« Er packte Tom an den Schultern und richtete seinen Blick auf sich. »Du musst stärker sein.«
    Tom wand sich unter seinem prüfenden Blick. »Ich kann ihr das nicht antun, Dad.«
    »Doch, natürlich. Du musst es.«
    Er schüttelte den Kopf. »Du hast selbst gesagt, es wird fürchterlich. Du hast gesagt, sie werden kein gutes Haar an ihr lassen.«
    »Unsinn, so wird es überhaupt nicht zugehen.«
    »Du hast gesagt, sie werden von ihr verlangen, sich vor alle Leute hinzustellen und richtig persönliche Fragen zu beantworten.«
    Dad verzog das Gesicht, wandte sich zu Ellie um und zeigte zur Tür. »Geh in dein Zimmer, Eleanor.«
    Sie rührte sich nicht vom Fleck. Tom sah von einem zum anderen, während ihm die Tränen nur so über das Gesicht liefen. Es war, als hätte er ein Leck bekommen und die Atemluft und Energie würden aus ihm auslaufen. »Wirklich, Dad, ich kann's nicht. Ich hätt nichts davon machen sollen. Es ist alles meine Schuld.«
    »Du willst dich also schuldig bekennen, was?« Dad zerrte ihn zum Bett und brachte ihn dazu, sich zu setzen. »Dann bekommst du drei oder vier Jahre Gefängnisstrafe, landest im Register der Sexualstraftäter und wirst als verurteilter Vergewaltiger entlassen. Willst du das wirklich?«
    »Nein, aber das hier will ich auch nicht.«
    Dad zog ein Taschentuch aus der Hose und schob es ihm zu. »Es ist absolut lächerlich, sich schuldig zu bekennen, bei der niedrigen Verurteilungsrate. Du hast die allerbesten Aussichten, straffrei davonzukommen.«
    Tom hörte so angestrengt zu, dass er zu atmen vergaß. Er hörte mit jeder Faser seines Körpers zu, als fiele er von einem Berg und Dad riefe ihm Anweisungen zum Überleben zu.
    »Diese neue Zeugenaussage hat gar nichts zu bedeuten«, fuhr Dad fort. »Es gibt keine Beweise, oder? Weder Fotos noch Videofilme oder SMS, nur ihre Aussage gegen deine. Du hast nicht den geringsten Grund, dich schuldig zu bekennen.«
    Er brachte Statistiken und Schwundquoten ins Spiel und stellte alles in ein simples Gut-Böse-Schema: zwei törichte Mädchen, ein missverstandener Junge. Tom versuchte hin und wieder, sich dagegen aufzulehnen, doch die Eindeutigkeit von Dads Argumentation überwältigte ihn. Vor Gericht
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