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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich
Autoren: Jenny Downham
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würde der Anwalt die Glaubwürdigkeit beider Mädchen in Zweifel ziehen. Karyn wollte mit Tom schlafen und bereute es hinterher. Ellie war von Mikey besessen und würde alles für ihn tun. Karyn hatte sich betrunken und über die Stränge geschlagen. Ellie wurde verführt und beging Verrat an der eigenen Familie.
    Als Dad endlich die Worte ausgingen, senkte sich Schweigen über das Zimmer. Ellie bemerkte auch eine Veränderung an sich selbst, wie nach einer Gehirnwäsche. Innen drin fühlte sie sich nur noch kalt und ruhig.
    »Eleanor?«, flüsterte Dad in die Stille. »Ich hab dir gesagt, dass du gehen sollst.«
    Sie nickte Tom zum Abschied zu, und er erwiderte ihr Nicken, wie höfliche Fremde, die sich in einer Hotellobby voneinander verabschiedeten. Ganz sanft zog sie die Tür hinter sich zu.

FÜNFUNDVIERZIG
    M ikey warf einen Stein. Er verfehlte Ellies Zimmerfenster und prallte vom Regenrohr ab in einen Strauch. Aber er würde nicht aufgeben, bis er mit ihr geredet hatte.
    Er fand noch einen Stein und schleuderte ihn. Traf die Fensterkante. Er wartete, kauerte im stillen Garten auf dem Rasen. Aber nichts regte sich. Er suchte wieder, fand einen größeren Stein und holte damit aus.
    Die Tür wurde aufgerissen. Scheiße! Nicht Ellie, sondern ihre Mum. »Was um Himmels willen machen Sie hier?«
    »Ist Ellie da?«
    Ihre Mum trat in Morgenmantel und Hausschuhen auf die Terrasse. »Werfen Sie mit Steinen auf meine Fenster?«
    »Nichts ist kaputtgegangen.«
    »Darum geht's ja wohl nicht.«
    »Ist sie da?«
    »Schon mal was vom Telefon gehört?«
    »Sie geht nicht ran.«
    »Und was sagt Ihnen das?«
    Es sagte ihm, dass Ellie unglücklich war, genau wie er. Es sagte ihm, dass sie reden mussten.
    Ihre Mum verschränkte die Arme. »Wie sind Sie hier reingekommen? Wenn Sie über unser Tor geklettert sind, ist das Hausfriedensbruch.«
    »Ich will sie nur sehen.«
    »Und mit Steinen auf Fenster werfen ist Sachbeschädigung, weshalb ich Ihnen raten würde zu verschwinden, bevor ich die Polizei rufe.«
    Hinter ihr, auf dem Boden am Fuß der Treppe, stand eine glänzende schwarze Lederaktentasche. Vielleicht hatte Ellies Dad einen frühen Termin beim Anwalt. Sie hatten einen guten, sagte Karyn; einen berühmten, der noch nie einen Fall verloren hatte. Polizei, Väter, Anwälte – von denen ließ er sich nicht abbringen.
    Er ging einen Schritt zurück, damit er die Fenster im ersten Stock besser im Blick hatte. »Ellie!«, rief er.
    »Ich mein's ernst, hören Sie sofort damit auf!«
    Es war ein gewaltiger Schock, als Ellie in der Tür auftauchte, plötzlich da, hinter ihrer Mutter. Sie war im Schlafanzug, sah fertig aus, tiefe Ringe unter den Augen. Er wollte sie aufheben und in Sicherheit tragen.
    Sie fragte: »Was machst du hier?«
    »Ich musste dich sehen.«
    »Ist was passiert?«
    Ihre Mum versperrte die Tür mit einem Arm. »Rein!«
    Ellie beachtete sie nicht. »Ist mit Karyn alles in Ordnung?«
    »Wir müssen reden.«
    Ihre Mum versuchte, sie zu schubsen. »Dad ist nur unter der Dusche. Wenn er runterkommt, ist hier die Hölle los.«
    Er ließ sich von keinem Vater abschrecken, und zum Beweis ging er einen Schritt näher. »Du warst nicht in der Schule. Ich hab jeden Nachmittag am Tor gewartet.«
    »Erst hab ich ein paar Tage gefehlt, und jetzt hab ich Lernferien.«
    »Ich hab dir geschrieben. Du hast einfach nicht geantwortet.«
    »Tut mir leid. Ich hab gedacht, es wär besser so.«
    Er scharrte mit den Füßen im Gras. »Ich muss dir was sagen.«
    »Was Wichtiges?«
    »Schon.«
    Sie sah ihn kurz unverwandt an, ehe sie sich zu ihrer Mutter umwandte. »Geht das in Ordnung?«
    Ihre Mum sah sich nach hinten um, wirkte unsicher. »Was ist mit Dad?«
    Ellie lächelte sie sanft an. »Musst du es ihm sagen?«
    Ihre Mum nestelte an einem Morgenmantelknopf herum. »Na gut, ich werd mir eine Ausrede einfallen lassen.« Sie nickte Mikey zu. »Aber nur kurz.«
    Sie verschwand den Treppenflur hinauf. Ellie zog die Tür hinter sich zu und sah ihn an. »Was ist los? Stimmt was nicht?«
    Doch ihm fehlten die Worte. Wenn er an sie dachte, erinnerte er sich an sie in dem Häuschen, mit Feuer in den Augen, mit dem Mut, ihn zu lieben. Aber wie sie jetzt vor ihm stand, sah sie geschafft und traurig aus. So hatte er es sich nicht vorgestellt.
    Sie sollte nicht hier mit ihm zusammen sein. Sondern oben in ihrem Zimmer über ihren Aufzeichnungen und Übungsblättern zusehen, wie sich der Morgen über den Himmel ausbreitete. Sie sollte nicht im
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