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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich
Autoren: Harlan Coben
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duckte mich zur Seite.
    Die Kugel traf meine Schulter. Mehr Schmerz.
    Danny fing an zu zucken, zielte noch einmal auf mich. Er kam jedoch nicht dazu, noch einmal abzudrücken. Natalies erste Kugel traf seinen Hinterkopf. Sie schoss noch zwei Mal, was allerdings nicht nötig war.
    Ich ließ mich nach hinten fallen, griff nach meiner pulsierenden Schulter, versuchte, das Blut zu stoppen. Ich wartete darauf, dass sie zu mir kam.
    Doch das tat sie nicht. Sie blieb, wo sie war.
    Ich habe nie etwas Schöneres und Niederschmetternderes gesehen als ihren Gesichtsausdruck. Eine Träne lief ihre Wange hinunter. Sie schüttelte ganz langsam den Kopf.
    »Natalie?«
    »Ich muss weg«, sagte sie.
    Meine Augen weiteten sich. »Nein.« Endlich hörte ich die Sirenen. Ich verlor Blut und war sehr schwach. Das spielte alles keine Rolle. »Nimm mich mit. Bitte.«
    Natalie konnte kaum mehr an sich halten. Die Tränen flossen stärker. »Ich würde es nicht aushalten, wenn dir etwas zustößt. Verstehst du? Deshalb bin ich beim ersten Mal verschwunden. Ich halte es aus, dass dein Herz gebrochen ist. Aber ich halte es nicht aus, wenn du stirbst.«
    »Ohne dich ist das für mich kein Leben.«
    Die Sirenen kamen näher.
    »Ich muss weg«, sagte sie durch die Tränen hindurch.
    »Nein …«
    »Ich werde dich immer lieben, Jake. Immer.«
    »Dann lass uns zusammenbleiben.« Ich hörte das Flehen in meiner Stimme.
    »Ich kann nicht. Das weißt du ganz genau. Folge mir nicht. Such nicht nach mir. Halt dein Versprechen dieses Mal.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Vergiss es«, sagte ich.
    Sie drehte sich um und ging den Hügel hinauf.
    »Natalie!«, rief ich.
    Aber die Frau, die ich liebte, entfernte sich immer weiter aus meinem Leben. Wieder einmal.

SECHSUNDDREISSIG
    E IN J AHR S PÄTER
    H inten im Hörsaal hebt ein Student die Hand. »Professor Weiss?«
    »Ja, Kennedy?«, sage ich.
    So heiße ich jetzt. Paul Weiss. Ich unterrichte an einer großen Universität in New Mexico. Aus Sicherheitsgründen darf ich den Namen nicht nennen. Bei all den Leichen am See waren die Verantwortlichen zu dem Schluss gekommen, dass es am besten wäre, mich ins Zeugenschutzprogramm zu stecken. Und so hat es mich hierher in den Westen verschlagen. Gelegentlich macht mir die Höhe noch etwas zu schaffen, aber alles in allem gefällt es mir hier draußen. Das hat mich überrascht. Ich dachte immer, ich wäre ein echter Ostküstler. Im Leben geht es wohl oft darum, sich anzupassen.
    Natürlich vermisse ich Lanford. Mir fehlt mein altes Leben. Zu Benedict habe ich verbotenerweise noch Kontakt. Wir benutzen einen E-Mail-Account als gemeinsamen Briefkasten, bei dem wir nie auf den Senden-Button klicken. Es ist ein ganz altmodischer AOL -Account, in dem wir uns Nachrichten schreiben und sie einfach im Entwürfe-Ordner liegen lassen. Wir loggen uns regelmäßig ein und sehen nach, ob es etwas Neues gibt.
    Die große Neuigkeit in Benedicts Leben ist, dass das Drogenkartell, das ihn verfolgt hatte, nicht mehr existiert. Es hatte sich in irgendwelchen Revierkämpfen aufgerieben. Kurzum, es stünde ihm endlich frei, zu Marie-Anne zurückzukehren, aber als er ihren Facebook-Status das letzte Mal überprüfte, war aus dem »in einer Beziehung« ein »verheiratet« geworden. Ihre und Kevins Facebook-Seiten sind randvoll mit Fotos von ihrer Hochzeit.
    Ich versuche ihn zu überzeugen, dass er ihr trotzdem die Wahrheit sagen soll. Er will es nicht. Er wolle ihr Leben nicht ins Chaos stürzen.
    Das Leben ist nun einmal chaotisch, entgegne ich.
    Tiefsinnig, oder?
    Auch die übrigen Puzzleteile konnte ich schließlich auf ihren Platz legen. Das hatte allerdings noch eine ganze Weile gedauert. Einer der Minor-Gefolgsmänner, die von Jeds Kugeln getroffen worden waren, hatte überlebt. Seine Aussage bestätigte meine Vermutungen. Die Bankräuber, die die Unsichtbaren genannt wurden, waren in die Bank an der Canal Street eingebrochen. In Todd Sandersons Schließfach hatten sie sowohl Testamente als auch Pässe gefunden. In der Hoffnung, sie auf dem Schwarzmarkt verkaufen zu können, hatten sie die Pässe mitgenommen. Dann hatte einer von ihnen Natalies Namen erkannt und die Minors informiert, die selbst nach sechs Jahren noch nach ihr gesucht hatten. Da das Schließfach von einem Todd Sanderson gemietet worden war, hatten Danny Zuker und Otto Devereaux ihm einen Besuch abgestattet.
    Was dann passierte, wissen Sie. Das meiste zumindest.
    Aber einige Aspekte passten immer noch nicht ganz
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