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Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen
Autoren: Alice LaPlante
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den blutigen Stoff genommen, die Handschuhe. Alles sauber gemacht.
    Detective Luton – Megan – ich weiß nicht, warum sie das sagt.
    Aber es ist zu spät. Die ältere Frau hat den Kopf gehoben, ihr kluger Verstand beginnt zu arbeiten.
    D rei Frauen in einem Zimmer. Eine, die junge, vollkommen verzweifelt. Sie hat die Hände vom Gesicht weggenommen und hält sie fest verschränkt auf dem Schoß. Sie sitzt händeringend da. Es ist rau, dieses Klammern und Drehen der Mittelhandgelenke, als versuchte sie, die Sehnen und Bänder unter der Haut herauszureißen.
    Eine zweite Frau, älter, die scharf nachdenkt. Sie schaut die junge Frau an, sieht sie jedoch nicht. Sie sieht Bilder in ihrem Kopf, Bilder, die ihr irgendeine Geschichte erzählen.
    Und die dritte Frau, die älteste, träumt. Ist nicht wirklich da. Obwohl sie weiß, dass sie angezogen ist, dass sie auf einem harten Stuhl sitzt, dass hartes Material gegen ihre Haut drückt, spürt sie nichts davon. Ihr Körper ist schwerelos. Die Luft ist dick. Das Atmen fällt ihr schwer. Und die Zeit hat sich verlangsamt. Ein ganzes Leben könnte sich zwischen zwei Herzschlägen abspielen. Sie ertrinkt in Luft. Bald werden Szenen vor ihren Augen auftauchen.
    Die Frau, die weder alt noch jung ist, öffnet den Mund. Wörter fallen heraus, bleiben reglos in der immer frostigeren Atmosphäre hängen.
    Endlich wird es mir klar, sagt sie. Ein Takt Stille. Dann noch einer. Sonnenklar, sagt sie. Sie steht auf. Sie kommt zu einem Schluss. Selbst wenn Ihre Mutter zum Töten fähig wäre, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sie in der Lage wäre, ihre Spuren so gründlich zu verwischen. Nicht ohne Hilfe.
    Die Hände der jüngeren Frau bewegen sich nicht mehr, aber sie umklammern einander so fest, dass alles Blut aus den Knöcheln gewichen ist. Sie schließt die Augen. Sie sagt nichts.
    Die Stimme der Frau, die nicht jung und nicht alt ist, wird lauter. Sie wird lebhaft, während die junge und die alte Frau sich verschließen. Das ist einer der Gründe, warum Ihre Mutter so lange nicht angeklagt wurde. Es war so offensichtlich, dass sie nicht in der Lage wäre, so etwas zu tun. Aber wenn sie Hilfe hatte … von Ihnen …
    A ls die junge Frau endlich spricht, tut sie es so leise, dass du es kaum hören kannst. Was machen wir jetzt?, fragt sie.
    Das weiß ich noch nicht, sagt die Frau, die weder jung noch alt ist. Zuerst muss ich es verstehen.
    Verstehen? Was gibt es denn da zu verstehen? Die junge Frau spricht jetzt schneller, sie ist erregt. Ihre Stimme klingt höher, flehend. Sie zupft an ihrem raspelkurzen Haar. Ihre Stimme klingt fast wie ein Wimmern. Das findest du nicht schön. Woran erinnert es dich? Hör auf damit. Hör sofort auf damit. Sie hat es getan, sagt die junge Frau laut. Ich bin dazugekommen, als es zu spät war. Ich habe ihr geholfen, die Spuren zu beseitigen.
    Nicht so schnell, sagt die Frau, die weder jung noch alt ist. Ich will es verstehen. Sie nimmt etwas vom Tisch, fährt mit den Fingern darüber, legt es wieder ab. Hat sie Ihnen gesagt, dass sie wütend auf Amanda war? Dass sie so etwas vorhatte?
    Nein, überhaupt nicht. Die junge Frau fällt der anderen beinahe ins Wort, so begierig ist sie zu antworten. Sie legt die Hände in den Schoß, eine über die andere, als würde sie Brennholz stapeln. Zwingt sich, sie still zu halten.
    Wieso sind Sie dann zu ihr gefahren? Die ältere Frau spricht jetzt lauter. Sie verliert die Kontrolle, während die jüngere Frau sie allmählich wiedergewinnt. Sie sind total aufeinander konzentriert. Die eine verzweifelt bemüht, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten, die andere darauf aus, die Gefühle hochkochen zu lassen.
    Ich bin nach Hause gefahren, um nach ihr zu sehen. Ich hatte mir Sorgen gemacht. Außerdem konnte ich an dem Abend nicht einschlafen. Da habe ich mich entschlossen, die Nacht bei ihr zu verbringen und Magdalena ein bisschen zu entlasten.
    Warum haben Sie uns das nicht gesagt?
    Weil eins das andere ergeben hätte und Sie zu viele Fragen gestellt hätten.
    Und dann …?
    Ich bin auf den Parkplatz neben der Garage gefahren. Hinter unserem Haus. Da habe ich meine Mutter gesehen. Sie kam durch die Gasse. Sie war von oben bis unten voll mit Blut. Alles, was ich aus ihr rausbekam, war ein einziges Wort: Amanda. Also bin ich mit ihr hingegangen. Da habe ich sie dann
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