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Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Ich bleib so scheiße, wie ich bin

Titel: Ich bleib so scheiße, wie ich bin
Autoren: Rebecca Niazi-Shahabi
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muss? Kann man nicht auch zusammen leben und miteinander auskommen, ohne sich zu lieben? Was ist Liebe überhaupt?
    Aber für manche ist der Abschied von ihrer Geschichte so schwer wie für einen Rechtsradikalen der Abschied von seiner Ideologie. Ohne den Glauben an ihren einzigartigen Makel und die Hoffnung auf dessen Heilung würden sie sich leer fühlen wie der Fanatiker, der gerade Abschied von seinem alten Umfeld genommen hat und nun auf dem Sofa sitzt und nicht weiß, was er machen soll.
    Deswegen hält man selbst an einer Lebensgeschichte fest, die einen unglücklich macht und quält. Besser eine unerfreuliche Lebensgeschichte als gar keine.
    Doch nur, weil die meisten Menschen versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen, bedeutet das nicht, dass man das auch tun muss. Vielleicht sollte man lieber die Besessenheit der anderen nutzen, anstatt sich selbst kirre zu machen: Man könnte einen Roman oder ein Drehbuch schreiben, in denen Menschen die Hauptrolle spielen, denen gelingt, was niemand mehr in ihrer Umgebung für möglich gehalten hätte. Das Lebensglück in letzter Minute ist ein Thema, mit dem man die Bestsellercharts erobern könnte!
    Man schreibt über Männer und Frauen, die erst im Alter angefangen haben zu malen und zu schreiben und noch kurz vor ihrem Tode berühmt geworden sind. Auf keinen Fall braucht man sich vor konservativen Geschlechterrollen zu fürchten, denn damit trifft man sein Publikum ins Herz. In diesen Büchern gibt es Karrieren für über Fünfzigjährige, die nach vielen Auf und Abs unerwartet ins obere Management eines Unternehmens aufsteigen. Frauen mit sechzig begegnen ihrem Traummann und finden das ersehnte Liebesglück. Die Phantasie sollte in diesen Punkten keine Grenzen kennen. Je mehr man die unbarmherzige Wirklichkeit ignoriert, desto besser werden sich diese Drehbücher und Romane verkaufen.
MACHEN SIE AUS IHREM LEBEN LIEBER EINE SITCOM ALS EINE SEIFENOPER!
»Fürchte nicht die Veränderung,
sondern den Stillstand.«
Gemeinsames Motto von Lisa Plenske und David Seidel aus »Verliebt in Berlin«
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    Eine Frage, die sich jeder stellen sollte, bevor er mit seiner Selbstverbesserung beginnt: Wird man eigentlich beliebter, wenn man an sich arbeitet und jeden Tag ein Stückchen weiterkommt? Wird das Leben lustiger, haben wir mehr Spaß mit Freunden, Geliebten, Eltern und Kindern? Erlangen wir durch eine optimistische Lebenshaltung mehr Zuneigung und Liebe – was immer wir darunter verstehen – und werden wir durch das Verfolgen eines lohnenswerten Ziels glücklicher? Kommen wir uns selbst mit der Arbeit an uns selbst näher? Das heißt, mit anderen Worten: Werden wir dadurch authentischer?
    Diese essenziellen Fragen kann man für sich beantworten, wenn man viel und intensiv fernsieht oder ins Kino geht.
    In Fernsehserien wie Verliebt in Berlin und Anna und die Liebe kämpfen die Protagonisten um Liebe und Anerkennung – so wie wir. Die Hauptfiguren einer Serie wollen beruflich und persönlich weiterkommen – wie zum Beispiel Lisa Plenske, gespielt von Alexandra Nedel, in Verliebt in Berlin . Die unscheinbare Lisa Plenske beginnt in der Berliner Modefirma Kerima Moda als Aushilfskraft in der Cateringabteilung und arbeitet sich in kürzester Zeit zur Geschäftsführerin hoch. Sie mausert sich vom hässlichen Entlein zur eleganten, selbstbewussten Frau, und am Ende der ersten Staffel heiratet sie sogar noch den gut aussehenden Chef David Seidel, der sie anfangs kaum wahrgenommen hat.
    Die Geschichte von Anna geht ähnlich. Die junge Berlinerin wünscht sich nichts sehnlicher, als Werbetexterin zu werden, nur ihre extreme Schüchternheit steht scheinbar einer erfolgreichen Berufslaufbahn im Wege. Auch sie heiratet natürlich den Juniorchef der Werbeagentur und geht mit ihm nach Amerika.
»Jeder, der sich richtig anstrengt,
kriegt im Leben seine Chance.«
Lisa Plenske, »Verliebt in Berlin«
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    Soapfiguren müssen ein Ziel haben, welches sie antreibt, sonst gibt es keine Geschichte, lernt man im Drehbuchseminar: Am Ende einer Staffel dürfen die Protagonisten nicht dieselbe Person sein wie am Anfang. Die Figuren müssen Krisen und Rückschläge erleben, Erkenntnisse haben und sich dadurch weiterentwickeln, sodass sich die Zuschauer mit ihnen identifizieren können. Das will doch schließlich jeder: sich weiterentwickeln. Ein besserer Mensch oder wenigstens ein besserer Liebhaber werden. Was Lisa Plenske kann, kann ich vielleicht auch. Oder nicht?
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