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Ich bin verliebt in deine Stimme

Ich bin verliebt in deine Stimme

Titel: Ich bin verliebt in deine Stimme
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leben zu rufen. Und siehe da, nun knackte es im Hörer.
    Dann: »Hier Fernamt …«
    Eine ungewöhnlich melodische, jung und bezaubernd klingende Mädchenstimme sagte das. Im Moment aber hätte sie gar nicht bezaubernd genug klingen können, um eine besänftigende Wirkung auf den Modeschöpfer auszuüben.
    »Ach nee!« höhnte er. »Das Fernamt! Nicht zu glauben, das Fernamt! Ich dachte schon, euch gibt's gar nicht mehr.«
    »Sie wünschen?«
    »Dreimal dürfen Sie raten, was ich wünsche!«
    »Ein Ferngespräch, nehme ich an.«
    »Bravo! Toll, daß Sie das auf Anhieb gemerkt haben! Man müßte Sie zum Nobelpreis vorschlagen!«
    »Und Sie, scheint mir, zum ›Mann des Jahres‹ in puncto Höflichkeit.«
    Das kam wie aus der Pistole geschossen, und die Stimme hatte dabei ihren melodischen Klang verloren.
    »Entschuldigen Sie«, brummte Petermann.
    Schweigen am anderen Ende.
    »Hallo, Fräulein, hören Sie mich …?«
    »Ja.«
    »Gott sei Dank, ich hatte schon Angst, Sie seien wieder weg.«
    »Nein.«
    »Ich habe mich entschuldigt.«
    »Ich habe es zur Kenntnis genommen.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Kann ich mich auch als entschuldigt betrachten?«
    Was für einen Stuß rede ich da, dachte er. Die soll mir meine Verbindung herstellen, dazu ist sie da – und damit basta!
    Ein kurzes Lachen drang an sein Ohr. »Sie können«, sagte die Stimme und klang wieder viel netter.
    Petermann saß mit übergeschlagenen Beinen, das eine auf dem Boden, während das andere in der Luft baumelte. Mit der einen Hand preßte er den Hörer ans Ohr, mit der anderen blätterte er in den Zeichnungen, die ihm seine tüchtige Assistentin einige Minuten zuvor auf den Schreibtisch gelegt hatte. Es handelte sich um Entwürfe für die neue Herbstkollektion, auch einige Wintermodelle waren schon dabei.
    »Fräulein, darf ich Sie jetzt bitten, mich mit Hamburg zu verbinden?«
    »Selbstverständlich gerne.«
    »Danke.«
    Wie mag die wohl aussehen, fragte sich Petermann völlig überflüssigerweise. Sicher wie zehntausend andere. Wie eine meiner Näherinnen. Und wie alt mag sie sein? Bestimmt nicht mehr jung. Die Stimme allerdings …
    »Hallo …«
    Das war diese Stimme.
    »Ja?« sagte Petermann.
    Ein kurzes Lachen, ähnlich dem vorausgegangenen, antwortete ihm.
    Dann: »Mein Herr, Sie haben das Wichtigste vergessen. Ich warte darauf.«
    »Worauf?« erwiderter Petermann von oben herab. »Es ist nicht meine Art, etwas Wichtiges zu vergessen.«
    »Anscheinend doch.«
    »Und was soll das sein?«
    »Die Nummer in Hamburg, mit der Sie verbunden werden möchten.«
    Ralf Petermann konnte sich in diesem Augenblick nur sagen: Ich Idiot! Die hat ja recht! Wie konnte mir das nur passieren, eine Telefonverbindung zu verlangen und keine Nummer anzugeben? Die muß mich ja für doof halten, dachte er. Es war, objektiv besehen, wirklich ein Rätsel, wie ihm das hatte passieren können, doch in den letzten zwei Minuten war noch einiges Ungewöhnliches geschehen.
    Ralf Petermann hatte sich selbst Fragen gestellt, die in Anbetracht der gegebenen Umstände völlig absurd waren.
    Wie mag sie wohl aussehen? Wie alt mag sie sein?
    Tausende von Ferngesprächen hatte er bereits in seinem Leben geführt, aber noch nicht ein einziges Mal hatte er sich über Aussehen oder Alter der Vermittlung auch nur die geringsten Gedanken gemacht. Warum plötzlich diesmal? Ja, warum …
    »Fräulein«, begann er wieder.
    »Ja?«
    »Wofür halten Sie mich?«
    »Wofür ich Sie halte?«
    »Ja.«
    Wieder dieses kurze Lachen. »Für einen waschechten Berliner. Das hört man!«
    Auch das noch! Ralf Petermann konnte nämlich den Berliner Akzent überhaupt nicht leiden und war deshalb stets bemüht, ihn zu unterdrücken. An seiner Überzeugung, daß ihm dies gelang und er das reinste Hochdeutsch produzierte, wenn er den Mund auftat, gab es für ihn nicht den leisesten Zweifel. Ralf Petermann seufzte.
    »Berlinern«, erklärte er dann, »sagt man nach, daß sie helle sind, Fräulein.«
    »Gewiß.«
    »Aber sie vergessen, die Telefonnummer anzugeben.«
    »Nicht alle.«
    »Hand aufs Herz, Fräulein, ist Ihnen das schon öfter vorgekommen?«
    »J … ja.«
    »Wie oft?«
    »Zweimal.«
    »Dazu gehöre ich?«
    Erneutes Lachen. »Ja.«
    »Und wer war der zweite?«
    »Das weiß ich nicht. Als ich ihn nach der Nummer fragte, erwiderte er mir, daß der Freitag auf den Montag folge und dem ehemaligen Linksverkehr in Österreich vorzuziehen sei.«
    »Also ein Verrückter.«
    »Scheinbar.«
    »Fräulein
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