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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott
Autoren: Giorgio Faletti
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langen Koteletten und einem ebensolchen Schnurrbart zu kaschieren suchte. Der Mann zeigte keine merkliche Reaktion, als der Corporal ein Zimmer verlangte, händigte ihm den Schlüssel jedoch erst aus, als das im Voraus verlangte Geld auf dem Tresen lag. Ihm war nicht klar, ob das die übliche Praxis war oder eine Spezialbehandlung allein für ihn. Eigentlich war es ihm auch gleichgültig.
    Das Zimmer mit seinen billigen Hotelmöbeln und dem fleckigen Teppichboden roch muffig. Vor niemandes Augen hinter einem Plastikvorhang verborgen, stand er unter der Dusche und war einem unkontrollierbaren Wechsel von heiß und kalt ausgesetzt. Der Fernseher funktionierte nur bedingt. Schließlich fand er einen Lokalsender, bei dem zumindest das Bild etwas klarer und der Ton etwas deutlicher waren. Es kam eine Folge von Die grüne Hornisse, eine uralte Serie mit Van Williams und Bruce Lee, die damals nur ein Jahr lang gelaufen war.
    Nackt und mit geschlossenen Augen lag er auf dem Bett. Die Worte der beiden maskierten Helden, die sich in stets tadelloser Kleidung in den Kampf gegen das Verbrechen stürzten, waren nur ein entferntes Rauschen. Er hatte die Überdecke abgenommen und sich mit dem Laken zugedeckt, damit er nicht sofort seinen Körper vor Augen hatte, wenn er sie wieder aufschlug.
    Jedes Mal war er versucht, sich den dünnen Stoff auch über den Kopf zu ziehen, wie man es mit einer Leiche tut. Viele Menschen hatte er schon so auf der Erde liegen sehen, unter blutbefleckten Tüchern, die man ihnen jedoch nicht aus Pietät übergeworfen hatte, sondern um zu verhindern, dass die Überlebenden eine klare Vorstellung davon bekamen, was einem jeden von ihnen jederzeit widerfahren konnte. So viele Tote hatte er gesehen, dass er schon zu ihnen gehörte, obgleich er noch am Leben war. Der Krieg hatte ihn töten gelehrt und ihn ermächtigt, es zu tun, ohne angeklagt zu werden oder sich schuldig fühlen zu müssen, aus dem einfachen Grund, weil er eine Uniform trug. Geblieben war von der Uniform eine grüne Stoffjacke tief unten in seinem Seesack. Jetzt galten wieder dieselben Regeln wie früher.
    Aber nicht für ihn.
    Ohne es zu wissen hatten ihm diejenigen, die ihn fortgeschickt hatten, um sich dem Krieg und seinen Stammesriten zu stellen, etwas geschenkt, das er vorher nur scheinbar besessen hatte: die Freiheit.
    Auch die Freiheit, wieder zu töten.
    Bei dem Gedanken lächelte er und blieb lange in diesem Bett liegen, das schon so viele Körper ohne jede Freundlichkeit aufgenommen hatte. In schlaflosen Stunden reiste er mit geschlossenen Augen, die auf dieser Reise seine Fahrkarte waren, in die Zeit zurück, als er nachts noch …
    … gut schlief, wie nur junge Männer nach einem harten Arbeitstag es vermögen. Ein dumpfes Geräusch weckte ihn, und kurz darauf ging die Tür zu seinem Zimmer auf. Ein Luftzug strich über sein Gesicht, und eine Lampe wurde auf ihn gerichtet. Im Lichtschein sah er, nur eine Handspanne von seinem Gesicht entfernt, die bräunliche Drohung eines Gewehrlaufs. Hinter dem Licht waren Schatten, doch er war zu benommen, um zu begreifen, was hier vor sich ging. Einer der Schatten hatte auch eine Stimme, hart und schneidend.
    » Nicht bewegen, Arschloch, sonst ist es das Letzte, was du tust.«
    Raue Hände drehten ihn um, sodass er mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett lag. Erbarmungslos wurden ihm die Arme auf den Rücken gebogen, dann vernahm er das metallische Schnappen der Handschellen, und von diesem Moment an gehörten ihm seine Bewegungen und sein Leben nicht mehr.
    » Da du schon mal in der Jugendstrafanstalt warst, kennst du ja die Geschichte mit deinen Rechten, nicht wahr?«
    » Ja.«
    Er stieß dieses Wort mühsam hervor. Sein Mund war trocken.
    » Dann nimm an, ich hätte sie dir vorgelesen.«
    Die Stimme wandte sich im Befehlston an den anderen Schatten im Raum.
    » Will, schau dich doch mal ein bisschen um.«
    Während sein Gesicht weiterhin ins Kissen gedrückt wurde, drangen die Geräusche einer Durchsuchung an sein Ohr. Schubladen wurden geöffnet und wieder geschlossen, Gegenstände fielen hinunter, Kleidungsstücke flogen durchs Zimmer. Seine wenigen Sachen wurden von möglicherweise kundigen, aber ganz bestimmt nicht rücksichtsvollen Händen durchwühlt.
    Dann eine andere Stimme, triumphierend.
    » He, Chef, was haben wir denn hier?«
    Schritte näherten sich, und der Druck auf seine Schultern ließ etwas nach. Dann rissen ihn vier grobe Hände hoch, sodass er auf dem Bettrand zu
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