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Ich bin ein Stern

Ich bin ein Stern

Titel: Ich bin ein Stern
Autoren: Unbekannt
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ihre
    Puppenkleider an, die ihre Mutter mit großer Sorg falt aus Lumpen genäht hatte.
    Ich war schrecklich traurig, als Ruth weg war Ich vermisste sie so sehr und konnte überhaupt nicht aufhören zu weinen. Warum hatte man uns getrennt? Wir hatten uns gegenseitig versprochen, immer zusammenzubleiben, bis wir wieder nach Hause gehen dürften. Und dann würden wir uns bestimmt oft besuchen.
    Sicher musste Gott eine Antwort haben, warum sich alles so verändert hatte. Ich beschloss, mit ihm zu reden. Ich hoffte nur, er würde meine kleine Stimme unter den Millionen heraushören, die jeden Tag zu ihm sprachen. Ich bat ihn, über Ruth zu wachen und mich bald wieder in Freiheit sein zu lassen. Doch wenn ich zum nächsten Transport gehören sollte, dann sollte es seine Entscheidung sein.
    Ruth starb wegen ihres jüdischen Erbes, obwohl sie sich selbst nie als Jüdin gefühlt hatte. Sie erlebte noch nicht einmal ihren zehnten Geburtstag. In meinem Herzen weine ich immer noch um sie und so viele andere Kinder, die mit ihren Müttern in die Gaskammern von Auschwitz oder zu anderen Vernichtungslagern gebracht wurden.
    Ich sehe vor mir, wie die Mütter versuchten, die angsterfüllten und weinenden Kinder zu beruhi-gen. Sie hielten sich an den Händen und redeten ihnen gut zu, dass alles eines Tages wieder besser sein würde. Sie flüsterten: »Nein, Kind, schau nicht auf die rauchenden Schornsteine - betrachte den blauen
    Himmel. Schnell, zieh deine Sachen aus. Komm näher zu mir her, ich beschütze dich.« Sie hofften auf ein Überleben, bis die ersten Schwaden von Giftgas in die fest verschlossenen Räume drangen. Mütter versuchten, ihre Kinder zu beschützen und sie bis zum letzten Atemzug in den Armen zu hallen. »Schlaf, mein Kind. Ich kann dir nicht mehr gehen. O Gott, wir werden nicht leben. Aber ich halte dich fest.«
    Die Befreiung
    Ich lernte ein altes tschechisches Volkslied in The resienstadt. Es erzählte von Hoffnung und von du Veränderung, die der Frühling bringt. Und ich fragte mich, ob wir je den Winter, Theresienstadt, verlassen würden, ob wir das Lächeln des Frühlings und die Berührung des Mai je wieder erleben wür den.
    Prijde jaro prijde Bude zase Mäj Usmivä se slunce Zelenä se häj.
    Komm, Frühling, komm Es wird wieder Mai Es lacht die Sonne Es grünt der Hain.
    Rozpuknou se ledy Volny bude proud Po vodach sumfefeh Lode budou plout.
    Eis wird zerbrechen Frei wird der Strom Auf rauschendem Wasser Werden Schiffe schwimmen.
    Der Frühling 1945 war anders als die anderen, die ich in Theresienstadt erlebt hatte. Wir wussten es nicht, aber Hitlers Drittes Reich war am Zusammenbrechen und die deutsche Armee ging der sicheren Niederlage entgegen.
    Inzwischen machten die Nazis die letzten Versuche,
    alle Überlebenden in den Todeslagern im Osten noch zu töten. Als die Alliierten näher rückten,
    zwangen die deutschen Soldaten ihre Gefangenen zu langen Todesmärschen in Gebiete, die noch immer unter der Herrschaft der Nazis standen. Ich erinnere mich, in welchem Zustand diese armen Leute in Theresienstadt ankamen. Sie waren barfuß oder ihre Füße waren mit Lappen umwickelt oder steckten in zerrissenen Sandalen. Einige trugen die blau-weiß gestreifte Häftlingskleidung, andere nur Lumpen. Ihre Köpfe waren kahl geschoren. Viele sahen nur noch aus wie wandelnde Skelette. Sie litten
    an Typhus und anderen Krankheiten. Vergeb-
    lich suchte ich die langen Reihen in der Hoffnung ab, Großmutter unter ihnen zu finden.
    In diesen letzten Kriegstagen wurde der Befehl gegeben, Gaskammern in Theresienstadt zu bauen Der Plan war, uns entweder mit Gas zu töten odei durch das Öffnen von Schleusen in einem Teich zu ertränken. Nicht ein einziger Jude in Europa sollte am Leben bleiben. Zum Zeitpunkt unserer Befrei ung waren die Gaskammern in Theresienstadt fast fertig. Nur die sich überstürzenden Ereignisse bewahrten uns das Leben.
    Wachen, die fürchteten, von den Alliierten gefangen genommen zu werden, versuchten, die Lagerunterlagen zu verbrennen. Halb verkohlte Papierfetzen flogen durch die Luft. Der Beweis für Tod und Leiden sollte vernichtet werden. Die meiste Asche vom Krematorium, in dem die vielen Toten des Lagers verbrannt worden waren, war schon entfernt worden. Kinder wurden aufgefordert, sich freiwillig zu melden, um diese Reste in den nahen Fluss zu werfen. Als Belohnung für diese schreckliche Aufgabe bekamen sie eine kleine zusätzliche Essensration. Ich habe an dieser Aktion nicht
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