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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht
Autoren: Ethan Coss
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Führung durch das Weiße Haus.«
    Marcus setzte zu einer sarkastischen Antwort an, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken.
    Der Sheriff fuhr fort: »Einer unserer früheren Präsidenten hat eine Verfügung erlassen, die Shepherd Organization zu gründen. Er war der Ansicht, dass unter extremen Umständen das Recht manchmal versagt und dass Gesetze, die zum Schutz der Bürger dienen sollen, ins Gegenteil umschlagen können und es Schuldigen ermöglichen, ungestraft davonzukommen. Er stellte sich eine Gruppe vor, die sämtliche Formalitäten und allen Papierkrieg übergehen und tun kann, was getan werden muss. Unsere Gründer sahen vor, dass die Shepherd Organization unter der Aufsicht des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Justizministers agiert. Außerdem soll sie aufgelöst werden, sobald der amtierende Präsident zu der Auffassung gelangt, sie wäre nicht mehr notwendig oder hätte ihr Ziel aus den Augen verloren. Dennoch besaß unsere Organisation stets die rückhaltlose Unterstützung unseres Oberkommandierenden. Wir sind eine sehr kleine, elitäre Behörde. Wir haben kein aufgeblähtes Budget wie das FBI oder das Heimatschutzministerium. Wir nehmen unseren gewissenhaften Auswahlprozess sehr ernst. Es gibt nicht viele Hirten. Deshalb wollte der Justizminister Sie kennenlernen. Wir operieren in Zellen, die …«
    »Wie Terroristen«, unterbrach Marcus ihn.
    Der Sheriff ließ sich durch den Einwurf nicht aus der Fassung bringen. »Wenn Sie wollen, ja. Damit soll die Sicherheit der Behördenmitglieder und ihrer Familien gewährleistet werden. Wie Sie sich vorstellen können, machen wir uns hin und wieder Feinde. Die Zellen bestehen aus jeweils einem Hirten und seinem Unterstützungsteam. Hier kommen Sie ins Spiel. Allen Brubaker war seit vielen Jahren ein Hirte. Jetzt wird es Zeit für ihn, die Fackel weiterzureichen. Er wird sich zur Ruhe setzen und eine Zeit lang seiner Frau und seinen Kinder auf die Nerven gehen. Sie sind hier, um sein Team zu übernehmen.«
    »Ich bin erstaunt, dass Sie und Ihre Leute eine Familie haben dürfen.«
    »Man wird sogar dazu ermutigt. Der Rückhalt in einer Familie hilft uns, nie zu vergessen, weshalb wir tun, was wir tun.«
    Kopfschüttelnd fragte Marcus: »Wieso ich? Wieso nicht Andrew oder Lewis Foster oder jemand anders?«
    Der Sheriff bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick. »Weil es Ihre Bestimmung ist. Sie sind ein Hirte. Dafür wurden Sie geboren. Was die anderen angeht – Andrew ist Allen Brubakers rechte Hand, und offen gesagt, er kennt seine Bestimmung und seinen Platz. Er ist glücklich, wo er ist. Was Lewis angeht …«
    Der Sheriff zögerte, und seine Augen glänzten. »Lewis war wie ein Sohn für mich, und er wollte unbedingt Hirte werden. Ich habe es nie übers Herz gebracht, es ihm zu sagen, aber er hatte nicht das Zeug dazu. Lewis liebte seine Aufgabe, Verbrecher zur Strecke zu bringen und Menschen zu helfen, und daran ist beileibe nichts verkehrt. Es war das Größte für ihn, wenn wir einen Killer beseitigten, den wir gejagt hatten. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll – so jemand ist nicht die Art von Mann, die Hirte werden kann.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich bin nicht auf der Suche nach jemandem, dem seine Arbeit Spaß macht. Ich suche jemanden, den es belastet, was wir tun. Ich suche jemanden, der sich quält und hinterfragt und jedes Mal, wenn er die Augen schließt, die Gesichter der Menschen vor sich sieht, die er getötet hat. Ich suche jemanden, der sich immer wieder die Frage stellt, ob das, was er tut, das Richtige ist, und ob sein Schöpfer sein Handeln gutheißt. Dennoch – der Mann, den ich suche, prescht voran und macht trotzdem seine Arbeit, weil er tief im Innern weiß, dass es richtig und gerecht ist, was er tut. Nach so jemandem suche ich. Wenn dieser Mann eine Waffe abdrückt, ist er überzeugt davon, dass es sein muss. Deshalb habe ich Sie ausgewählt, Marcus. Nicht weil Sie Mavros getötet haben, sondern weil es Sie verändert hat. Weil es Sie bis heute verfolgt.«
    Marcus kniff sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken. Seine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Ein paar Sekunden verstrichen schweigend. »Und Ackerman?«, fragte er dann. »Wieso haben Sie ihn mit hineingezogen?«
    Ein betrübter Ausdruck erschien auf dem Gesicht des Sheriffs, und er wandte den Blick ab. »Ackerman sollte definitiv nicht auf freien Fuß kommen, aber … Ich war nachlässig und beging einen Fehler. Damit muss ich leben. Allen
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